Körper und Seele? Oder: Körper oder Seele? Krankenhaussprint

Bild zum Thema Lebensbetrachtung

von  Fuchsiberlin

Steril verpackte Krankenpflegekräfte nehmen auf, ab, zu und manchmal auch weg. Ärzte desinfizieren mittels ihrer lateinischen Wortarmee Gedanken.

Ein Bett mit dem Tod in einem Lebenden wartet auf den Psychiater von Station 1a , während der Nachbar in der ersten Hilfe unter einem weißen Laken liegt. Blutverschmiertes Verbandsmaterial versteckt sich bis zur Entsorgung in einem Raum ohne Fenster.

Der Besuch von Patient Weglauf betreut die Pflegekräfte, während irgendein OP-Bereich vom letzten Blut befreit wird.

An irgendeiner Wand hängt ein Bild. Es zeigt eine fotografierte Sonnenblume, die ein lächelndes Gesicht in sich trägt. Neckermannkatalogiges? Der Seelsorger bezahlt in Raten. Ohne dieses Bild jedoch, wäre die Wand glatzköpfig. Der Hospital-Pastor vermeidet das Verstecken seiner Geheimratsecken. Hoffnungen brennen mit den Kerzen, der Tod öffnet für manches Gebet die Kellertür.

In den langen Gängen setzt das Krankenhaus tagtäglich seine typische Duftmarke. Kann die Luft sterilisiert werden? Es riecht nach gefilterten Krankheiten.

Doktoren stellen Diagnosen, einer von ihnen ist Vegetarier. Drei Mal wöchentlich entfernt er auf dem OP-Tisch eine Innerei seines Patienten. Ekel ist ihm fremd, und muss es wohl auch sein. Nähte verhindern den Ausbruch eines Blutvulkans. Der Arzt verbannt den Tod aus dem Körper manch eines Patienten. Die OP-Schwester freut sich auf ihren pfälzischen Saumagen. Und der Chirug? Als Vegetarier beißt er ins Gras.

Um 12 Uhr verschwindet ein Patient. Das Kühlfach fünf ist nun auch besetzt. Die Angehörigen verweigerten die Spende von Organen für Todkranke. Auf der Transplantationsliste werden am nächsten Tag drei Namen gestrichen. Vergebens gehofft und gewartet. Drei auf diese Spenden angewiesende sterben tagtäglich, eine Statistik, in der viel mehr als der Tod steckt. Das fremde Organ als Lebensrettung, der Pastor aus der Krankenhauskapelle sucht in der Bibel nach Antworten auf ungelöste Fragen.

Die Neuaufnahme von Station 1a erhält eine Dosis Valium. Eine aufkommede Ruhe verdrängt, chemisch betrachtet, den Sturm. Ein Meteorologe im Bezahl-Krankenhaus-TV warnt vor einem Gewitter.

Vor dem Haupteingang liegt ein Toter, Suizid. Eine Reisetasche neben ihm wirkt wie eine Fahrkarte, die vor der Reise verloren wurde. Auf der Psychiatrie ist wieder oder noch ein Bett frei.

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Kommentare zu diesem Text

Dolphilia (48)
(08.10.12)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 11.10.12:
Hellio Dolphi,

Du kannst Dir bestimmt vorstellen, warum Dein Kommentar mich ganz besonders freut. Ich versuche mich zur Zeit und zum Teil auf eine andere Textebene zu bewegen. Anders als sonst und früher...

LG:)
Jörg
SigrunAl-Badri (52)
(08.10.12)
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chichi† (80) antwortete darauf am 08.10.12:
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 Fuchsiberlin schrieb daraufhin am 11.10.12:
Liebe Sigrun und liebe Gerda,

ich denke, der Krankenhausalltag wirkt oft nüchtern, und ist in seiner, gerade auch mitmenschlichen Sterilität kaum zu übertreffen. Manchmal findet ein solcher auch abseits des Hospitals statt, mitten im Alltag und im Leben...

Glg
Jörg
Rajnesh (49)
(08.10.12)
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 Fuchsiberlin äußerte darauf am 11.10.12:
Ich danke Dir sehr:)


An manchen Enden weiß man wahrlich nicht mehr, wohin die Reise gehen soll. In diesem Text ist dies durchaus gewollt, da für ein Innehalten bezüglich des beschriebenen Ortes wahrlich kaum Zeit bleibt. Ein Bett lebt, durch die Chance des Hin-und-Herschiebens oftmals mehr als der eigentlich dort drin Liegende...Der Besuch, der die Pflegekräfte, diese Passage wurde durchaus bewußt gewählt. Gerade, die im Krankenhaus Beschäftigten sind, meinee Meinung, durchaus froh, wenn sich neben dem ganzen Leid, welches ihren Arbeitsalltag darstellt, gesunde Außenstehende sie kommunikativ "besuchen".
Bezüglich des Absatzes bei der Organspennde, hm ja, da werde ich einiges streichen, da stimme ich Dir zu.

Lg
Jörg

 EkkehartMittelberg (08.10.12)
Ein distanzierter Stil kühler Beobachtung, der Emotionen provozieren wird.
LG
Ekki

 Fuchsiberlin ergänzte dazu am 11.10.12:
Dieser Stil wurde von mir so bewußt gewählt. Er kann durchaus auch Emotionen provozieren.

Lg
Jörg
AchterZwerg (65)
(09.10.12)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 11.10.12:
Hey Zwerg der Achte,

das freut mich sehr, gerade weil ich mich gerade an diesem neuen, und bisher eher fuchsi-untypischen Stil, ausprobiere.

Lg:)
Jörg
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