Bio-Blogging als Schreiben auf dem Nullpunkt

Essay zum Thema Literatur

von  toltec-head

Ich bin in dem, was man das richtige Leben nennt, von Zahnärzten und Apothekern, also Leuten, die etwas können oder dies doch zumindest erfolgreich vorgeben, umgeben und wünsche in einem Internetliteratforum dann nicht auch noch von literarischen Zahnärzten und Apothekern umgeben zu sein. Leute, die etwas können, es aber nicht geschafft haben, das Interesse des entsprechenden gesellschaftlichen Funktionssystems hierfür zu erregen, sind, da zu vollkommener Humorlosigkeit verdammt, noch etwas viel Schlimmeres als wirkliche Zahnärzte oder Apotheker mit ihrem oftmals doch nicht uninteressanten Berufszynismus. Etwas, was Dieter Wal über mich in mein Gästebuch schrieb, hat mich daher sehr geärgert und ich habe es lange Zeit unbeantwortet gelassen: "Der kann was." Lieber Dieter, ich bin ein als Parasit tätiger Gentleman of independent Means, Leute, die was können, sind mir ein Gräuel. Vielleicht nehme ich im wirklichen Leben ihre Dienste im Anspruch, vielleicht kann ich im wirklichen Leben ja auch irgendwas - wir alle haben ja im wirklichen Leben unsere Karrieren bzw. Antikarrieren. Blogging im Netz stell ich mir indes als Schreiben auf dem Nullpunkt vor, als etwas, das der arbeitsteiligen Gesellschaft nicht einen weiteren Tummelplatz ganz spezieller Zahnärzte oder Apotheker hinzufügt, sondern eben diese arbeitsteilige Gesellschaft gewissermaßen hintergeht. Nicht nur von augenzwinkernd Richtung Weimar schielenden Oberstudienräten wünsche ich hier daher nichts zu lesen. Die bench mark für Blogging im Netz ist für mich der Harz-4 Empfänger, der die ihm von der Solidargemeinschaft zur Verfügung gestellten Mitteln, mit denen er sich für den Arbeitsmarkt fit machen soll, missbraucht, in dem er einfach jeden Tag von seinen Erfahrungen mit der ARGE bloggt. Dies erscheint mir weitaus poetischer als diese literarische Zahnarzt- oder Apothekerliteratur eines Herrn Handke oder der Frauen Lewitscharoff und Kronauer, die halt, weil andere bei Balzac die Tablette für sie wegräumen, eine interessante Persönlichkeit mit Schreibtalent markieren müssen. Das mögen richtige Zahnärzte und Apotheker in ihrer sogenannten Freizeit ja dann in Produktform gegen Bezahlung lesen, das Zeugs, vorausgesetzt natürlich, sie sind heute, was sie ja zum Glück immer weniger sind, noch so dumm, einen entsprechenden Bildungsfimmel zu haben. Mich interessiert dergleichen nicht. Parasitär über seine Erfahrungen mit der ARGE zu bloggen oder derartiges Bloggen als bench mark für das eigene Bloggen zu nehmen, erscheint mir als ein Schreiben wirklich wider den Strich und nicht nur als ein Schreiben, das dies, wie die literarischen Zahnärzte und Apotheker es oft mit entsprechenden Literaturpreisen im Hinterkopf tun, bloß schmuck vorgibt. Ich wünsche hier wirklich nichts von großen Schriftstellerpersönlichkeiten in einem elaborierten Schreibstil zu lesen oder von Sozialkrüppeln der arbeitsteiligen Gesellschaft, die so etwas auf höchst impotente Weise nachahmen. Ich wünsche mir, hier gut parasitäre Blogs zu lesen, die mich etwas von einer künftigen Gesellschaft ahnen lassen.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (05.12.13)
"Bogging im Netz"
Korrekt müsste es heissen: "Bog Jumping", wahlweise auch "Blind cow" oder "Who is afraid before the black man?"

..upps, Herr Toltec hat's schon korrigiert...
(Kommentar korrigiert am 05.12.2013)

 toltec-head meinte dazu am 05.12.13:
Ich und Du/Müllers Kuh,/Müllers Esel, das bist du!

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 05.12.13:
Zicke-Zacke, Hühnerkacke!
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