Hausfrauen als Problem für junge Internetliteraturforenliteraten

Essay zum Thema Literatur

von  toltec-head

Au poète sinistre, ennemi des familles,
Favori de l´enfer, courtisan mal renté,
Tombeaux et lupanars montrent sous leurs charmilles
Un lit que le remords n´a jamais frequenté.

- Baudelaire, Le Deux Bonnes Soeurs

Der unheimliche dichter, feind der ehen
Der hölle günstling, hofmann ohne brot,
Hat bei dem grab und freudenhause stehen
Ein bett das kein gewissensbiss bedroht.

- Die Beiden Barmherzigen Schwestern in der Übersetzung von George


Der "unheimliche Dichter" für "poète sinistre", das ist sehr schön, eine Intensivierung des Originals. Doch heißt es bei Baudelaire nicht, wie George, der selbst ja eine Art Familie, wenn auch nur einen homoerotischen Dichterring, gründete, übersetzt, der Dichter sei ein Feind der Ehen. Nein, der Dichter ist nach Baudelaire ein Feind der Familie. Ein bloßer Feind der Ehe kann trotzdem familiär versacken. Und die afamiliäre Ehe ist seit dem mittelalterlichen Minnesang ein Ideal, an dem wir, auf der Suche nach unserem höllischen Gatten, durchaus festhalten wollen. Die Fragestellung der Titelüberschrift ist mithin falsch formuliert. Nicht die schreibende Hausfrau ist das Problem, sondern die familienorientiert schreibenden Geschlechthabenden. Woraus sich ergibt, dass das Problem viel weiter gefasst, universeller, ist, als es bei Beschränkung auf Internetliteraturforen den Anschein hat. Die familienorientiert Geschlechthabenden sind heute mehr denn je das Problem der Literatur überhaupt, auf dem Buchmarkt so gut wie im Internet. Statistiken besagen, dass 70 Prozent der Bücher überhaupt nur von Frauen und so also im weitesten Sinne als Familiendeko und Familienintensivierungsinstrument gekauft werden. Die (wenigen) lesenden Heteromänner kaufen an schöner Literatur letztlich genau das, was ihre Frauen ihnen vorgeben, und von den homosexuell Lesenden suchen 99 Prozent dasselbe wie die Hetero-Frauen in Grün. Es verbleibt das interessante eine Prozent, das man genauso gut oder sogar besser im Internet zusammentrommeln kann. Leben lässt sich von ihm nicht.  Weshalb es schon bei Baudelaire vom Dichter heißt, er sei der Hölle Günstling, ein Hofmann ohne Brot.

Frohgemut rufen wir dem angehenden Internetliteraturforenliteraten daher zu: Wenn die schreibenden Hausfrauen in den Foren bereits zum unüberwindlichen Problem für dich werden, dann gib es besser gleich ganz auf. Draußen warten auch nur eine Lewitscharoff, eine Kronauer und eine Frau Mosebach auf dich. Wähle statt Literatur Heroin, wenn du von der grassierenden Familitis dich befreien willst. Denn anders als die Literatur ist dies ein Stoff, der sich zur Familiendeko definitiv nicht eignet. Er führt zum Tod. Dieser ist aber die eine der beiden barmherzigen Schwestern Baudelaires. Die andere heißt "la débauche". George übersetzt sie mit "Lust", gemeint sein dürfte so etwas Promiskuität. Oh du junger Internetliteraturforenliterat, schließe Bekanntschaft mit den beiden barmherzigen Schwestern, pflege ihren Umgang, halte sie dir warm. Die schreibenden Hausfrauen in Internetliteraturforen sind nur solange ein Problem für dich, wie du die beiden barmherzigen Schwestern noch nicht kennst.

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Kommentare zu diesem Text

lucien (26)
(25.03.14)
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 toltec-head meinte dazu am 25.03.14:
Bleib den Hausfrauen treu, Junge.
lucien (26) antwortete darauf am 25.03.14:
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 toltec-head schrieb daraufhin am 25.03.14:
Wie es scheint, bist du mittlerweile sehr viel populärer als ich. Kaum einer mag kommentieren.
lucien (26) äußerte darauf am 25.03.14:
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Jack (33)
(12.02.15)
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