Weshalb ich nicht mal Religionsablehner ablehne

Essay zum Thema Religion

von  LotharAtzert

Wenn jemand die Religion haßt, weil Religionsausübende Greuel begangen haben oder noch begehen werden, so muß ein solcher konsequenterweise auch die Wissenschaft ablehnen, weil Wissenschaftsausübende, wie Dr. Josef Mengele, oder Dr. Radovan Karadzic (- willkürlich rausgegriffen aus dem frankensteinschen Doktoren-Archiv) ebensolche Greuel begingen, respektive zukünftig begehen werden.

Ablehnung ist eine der drei Wurzelursachen der Verblendung (Samsara). Die andern zwei sind Anhaftung und Unwissenheit. Aus einer etwas prinzipielleren Sicht ist es  Unwissenheit, die sich in zwei Pole teilt, denn sobald man an etwas (einer Vorstellung zB.) haftet, lehnt man Nichtenntsprechendes ab. Das ist keine allzuschwierige Logik. Lehne ich was ab, so zieht mich etwa Wünschenswerteres an. Und doch will es selten nur jemand bestätigen.
"Das ist Buddhismus, damit haben wir nichts zu tun".

Auch hier ist die Sache einfach: es gibt kein substantielles Unterscheidungsmerkmal zwischen buddhistischer und freiheitlich-demokratischer Ablehnung. Ablehnung ist Ablehnung. Hafte ich an, lehne ich ab - lehne ich ab, hafte ich an. An was im Einzelnen spielt fürs Prinzip keine Rolle. Very very simpel. Wie es so schön modern heißt: wer A sagt, muß auch B sagen.

Eine Gesellschaft (oder ein Literaturforum) die leidenschaftliche Religionsablehner mit Zulauf bedenkt, läßt schon tief blicken. Jede Ausübung hat inzwischen ihre Hasser. Das ist inflationär.

Wer die (unübersetzte) Religion (pauschal) ablehnt und Wissenschaft bevor-zugt - ruft nach den Ausgleichern Karadzic, Mengele und Co., auch wenn die anders heißen werden. Einfachste Logik: das Universum kann sich Unausgewogenes immer nur vorübergehend leisten - O welche Vollkommenheit!
OM MANI PEME HUNG

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text


 FrankReich (04.02.20)
Hi Lothar,

meine Religion ist ja die Literaturwissenschaft, ich überlege mir das allerdings noch mal, falls Du aus dem frankensteinschen Doktoren-Archiv in der Richtung einen Angehörigen ausgraben solltest.

Ciao, Frank

 LotharAtzert meinte dazu am 04.02.20:
Danke Frank, das ist lieb von dir. Ansonsten erwarte ich nämlich Boy Kott, das ist kein entfernter Verwandter von Boy George.
Ja, sie sind in der Überzahl, die Durcheinanderer. … Macht aber nix. Viel Feind, viel Ehr'!
(Ich grab keine weiteren Knochen aus, keine Sorge, bin Vegetarier .

Ciao, Lothar

Antwort geändert am 04.02.2020 um 01:13 Uhr
Cora (29)
(04.02.20)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Bluebird antwortete darauf am 04.02.20:
Es ist eigentlich nur konsequent, dass ein wissenschaftsgläubiger Naturalist (Also A-theist) jede Form der Religion ablehnt. Denn gemäß seiner Weltanschaung und seines Glaubens ist alles ( nur) Natur und somit auch natürlich erklärbar.
Darüber hinausgehende Dinge sind für ihn reine Einbildung, niemals nachgewiesen und somit auch nicht existent.

Nun weiß sowohl ein erfahrener Amateur-Buddhist als auch ein engagierter gläubiger Christ, dass hier ein ein schwerer grundsätzlicher Irrtum seitens jener großen Sekte der wissenschaftsgläubigen Naturalisten vorliegt. Denn sie ignorieren oder sehen nicht das Offensichtliche, das Vorhandensein von Wundern und paranormalen Phänomen, die definitiv über eine natürlich Erklärbarkeit hinausgehen.

Natürlich regt mich diese Ignoranz und Blindheit manchmal auf, besonders wenn sie auch noch in einem rechthaberisch-besserwisserischen Habitus da einherschreitet. Aber habe ich da das Recht diejenigen zu verurteilen? Sollte ich nicht lieber dankbar dafür sein aus meiner vormaligen Blindheit erlöst worden zu sein[exturl=] Der Neuanfang[/exturl]

p.s. nur damit kein Missverständnis entsteht: gläubiger Amateurbuddhist und engagierter Christ sitzen nicht in einem Boot

Antwort geändert am 04.02.2020 um 09:41 Uhr

 LotharAtzert schrieb daraufhin am 04.02.20:
Ladies först(er)
"Dann wäre das Ideal ein teflonbschichteter Mensch ... usw."
Das ist vorstellungsbedingt. (Wer ist der Beschichter? Welche Absicht hegt er?) Hätte wenn und aber -
Um etwas Gutes zu tun, muß ich nicht das Böse hassen. Ich muß das Gute auch nicht glorifizieren, das einfache Tun genügt vollkommen, Ich gehe noch einen Schritt weiter und sage, wenn man weiß, daß man der Täter des Guten ist, ist man bereits auf Abwegen. Man tut, was zu tun ist und geht unaufgeregt weiter. Wenn du das "teflonbeschichtet" nennst, ist das halt deine Ansicht der Dinge.
"weil alles an ihm abgleitet" - ist nicht diese Schrift schon ein Beleg dafür, daß nicht alles an mir abgleitet? Das obige Mantra ist das des Chenresig, des Buddhas des Mitgefühls. Von ihm, der bis in die untersten Höllen steigt, so heißt es, um all die Wesen zu retten, stamme das Gelöbnis, als letzter Samsara verlassen zu wollen, damit auch das letzte Wesen gerettet und keines vergessen wird. Das entspricht nicht eben dem, was du unterstellst, oder?

tahsi delek

 LotharAtzert äußerte darauf am 04.02.20:
Bluebird - als ich deinen Namen las, hab ich mich wirklich gefreut über deine Anwesenheit ... bis zum "Amateur-Buddhist". Da warst du einmal mutig - und hast es gleich wieder durch Diskreditieren verspielt. Schade.
Cora (29) ergänzte dazu am 04.02.20:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Bluebird meinte dazu am 04.02.20:
Lieber Lothar,

nun mag das mit dem (erfahrenen) "Amateur-Buddhisten" etwas despektierlich erscheinen, muss es aber bei genauerem Hinschauen gar nicht sein.
Denn die Alternative dazu wäre ja der "Profi-Buddhist", also jemand, der mit aller Hingabe und Konsequenz diesen Weg auslebt, was wohl nur die Mönche tun (können)
Ich zum Beispiel bin ein ziemlich guter Schachspieler, aber halt nur ein starker Amateur ... Gott sei Dank, denn das Leben eines Schachprofis würde ich wirklich nicht führen wollen.

Das Schöne bei einem Amateur - ich bin ja auf christlichem Gebiet auch einer - ist, dass da immer noch Luft nach oben bleibt ... und man sich weiter in wahrer Demut üben kann, wenn der eigene Stolz wieder mal etwas angepiekst wird

"Der Weg ist das Ziel!" (raasta lakshy hai)

Antwort geändert am 04.02.2020 um 12:49 Uhr

 LotharAtzert meinte dazu am 04.02.20:
@ Cora
ja, ich glaub dir das, ein bißchen kenne ich dich ja inzwischen schon und manchmal bewundere ich deine Bereitschaft zur Objektivität, will aber jetzt kein Süßholz raspeln

Ablehnung ist nach buddhistischer Auffassung durchaus mit Haß gleichzusetzen. Denn wenn nicht, stellte sich die Frage, wo Haß beginnt. Die Antwort ist: Die kleinste Abneigung ist der Beginn. Sie wird dem Element Wasser zugesprochen, da dieses (bei Kälte) immer nach dem tiefsten Punkt hinfällt, während Anhaftung - Gier - unschwer zum Feuerelement gehört, das alles Brennbare verzehrt und dann selbst erlischt.

"Eine Person ohne Anhaftung" ... werden wir lange suchen müssen. Wir hatten mal eine Diskussion darüber - jemand sagte zum Lehrer witzigerweise: "Ich hafte an dir und deinen Belehrungen - ist das verkehrt?" Das sorgte für ein breites Grinsen bei allen Anwesenden, während Tenga Rinpoche (R.= der Kostbare, ein Titel, den Schüler manchmal ihren Lehrern geben) antwortete: "An Dharma und Lehrer zu haften, ist für den Schüler nicht verkehrt, aber irgendwann wirst du diese Unterscheidungen ganz natürlich aufgeben. Ein Buddha haftet an nichts, aber Buddhisten im allgemeinen schon - und da ist es halt wichtig, an was man haftet."

 LotharAtzert meinte dazu am 04.02.20:
Lieber Bluebird
Ok, hast du den Hals nochmal aus der selbstangelegten Schlinge gezogen. Daß für mich auf deinem Boot kein Platz ist, nunja, egal.
Profi-Buddhist, also was es doch alles gibt. Dennoch muß ich sagen du kennst dich verständlicherweise da nicht wirklich aus. Es gab so manchen in Tibet, auch in anderen Ländern, der scheinbar wie ein unkultitvierter Trunkenbold lebte und man erst viel zu spät merkte, daß es sich um vollkommen entwickelte Meister handelte. Man sollte da vorsichtig sein. Ein Meister verhält sich immer so, wie es für die Entwicklung seines Gegenübers am vorteilhaftesten ist. Nie verfolgt er selbstische Absichten.

Wahre Demut, ja - da stimmen wir tatsächlich überein. Da liegt noch ein Stück Weg vor uns! Dafür wünsche ich uns allen ein langes Leben.
Cora (29) meinte dazu am 04.02.20:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 LotharAtzert meinte dazu am 04.02.20:
Ablehnung hab ich von Greculus übernommen. Traditionell heißt es Abneigung, das ist aber nahezu dasselbe.
Beispiel: Wenn du des Weges gehst und es fällt dir ein Tropfen auf den Kopf, dann ist es bloß ein Tropfen. Kommt aber ein zweiter, dritter, vierter usw. hinzu, sprechen wir irgendwann von Regen. Tatsächlich ist es aber so, daß keiner genau sagen kann, ab dem wievielten Tropfen es Regen genannt wird. So ähnlich ist das mit Abneigung-Haß. Es fängt alles harmlos an, doch wenn wir es bemerken, ist es meistens schon weit fortgeschritten …

Bedenke: für den brennenden Baum endet die Anhaftung der Flamme am Holz meist tödlich. Dosiert (Körperwärme zB.) ist das natürlich was anderes.
aliceandthebutterfly (36)
(04.02.20)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 LotharAtzert meinte dazu am 04.02.20:
O o, jetzt werd ich rot. Das ist auch Feuerelement, doch anders als bei der Gier, die verbrennt, eine heilsame, reinigende Wärme.
Das hast du wirklich alles so schön gesagt, süße Stefanie, daß ich ... sprachlos bin.

Das mit deinem Onkel - jaja, ein bekanntes Phänomen. Ernst Jünger und sein Bruder fallen mir dazu ein, auch Heidegger - stramme Nazis teilweise, aber trotzdem begnadete Schreiber/Denker, da beißt die Maus kein Faden ab.

Danke danke, danke.

 Artname (04.02.20)
Lieber Lothar, ich habe mich immer sehr gern mit Buddhismus beschäftigt. Ich fand die Schönheit und das Dilemma menschlichen Lebens in dieser Lehre anregend dargestellt. Aber auch in jeglicher Religion fand ich viele anregende Gedanken.

Am wichtigsten aber ist für mich, dass mir das Bewegungs- und Wahrnehmungsvermögen ALLER Menschen auffällig begrenzt ist. Wie auch immer wir uns das Leben erklären - ALLE Erklärungen gleichen sich wie das Pfeifen der Menschen im Keller - die Melodien unterscheiden sich - mehr nicht. Leider und Gottseidank!

Kommentar geändert am 04.02.2020 um 13:19 Uhr

 LotharAtzert meinte dazu am 04.02.20:
Lieber Artname, (verdammt, ich weiß deinen Vornamen nicht)
Falls ich mich jetzt bei dir am kürzesten fasse, so ausdrücklich nur, weil du alles auf den Punkt gebracht hast. Ja, auch der Monotheismus hat alles, was er für die Seinen braucht.
Ich bin in Frankfurt mal vor einem halben Jahrhundert dem Sufi-Meister Pir Villayat Innayat Khan begegnet - der hätt mich um ein Haar eingefangen, damals. ...
Danke
wünsche dir langes Leben.

Antwort geändert am 04.02.2020 um 15:09 Uhr

 Dieter Wal (04.02.20)
"die leidenschaftliche Religionsablehner"

Miep, Miep! ERROR! MIEEEEEEP!

Man könnte Graeculus eine Menge unterstellen: Überragende Intelligenz zB. Doch gewiss keine Leidenschaft in Ablehnung. Gefühle scheinen daran geringe beteiligt zu sein. Er betätigte sich eine Zeitlang vergeblich als religiöser Sucher, dann organisierte er sich im eher Agnostizismus. Völlig ok. Und entspannt.

 AchterZwerg meinte dazu am 05.02.20:
Und morgen sprechen wir einmal "den" Italiener durch, gell? :)
Cora (29) meinte dazu am 05.02.20:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 LotharAtzert meinte dazu am 05.02.20:
Gut, dann hätten wir die Personaldebatte auch durch.
Weniger durch, mehr medium, scheint mir eine Unterscheidung zwischen Intelligenz und Verstand zu sein, denn ich wüsste gerade nicht, was "überragende" Intelligenz mit dem Thema "Rückverbindung zum Ursprünglichen (religio) zu tun haben könnte.

Antwort geändert am 05.02.2020 um 09:47 Uhr
Cora (29) meinte dazu am 05.02.20:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Pearl (12.06.22, 16:49)
Ich mag ja viele Atheisten sehr. Da gab es welche, die an UFOs und außerirdisches Leben glaubten. Dann gibt es einen wichtigen Atheisten in meinem Leben, der mir oft buddhistische Weisheiten sagt, obwohl das "nur" einem inneren Wissen entspringt...

Doch ja, Religion, wenn fanatisch, ist überaus gefährlich. Weshalb ich eine Heidenangst vor Sekten (und solchem Gedankengut) habe. Aber Wissenschaft auch, wenn sie der Grausamkeit dient. Die Nazis sind und waren m.E. auch hochgefährliche Sektierer!

Mir hilft Spiritualität. Doch ich erkenne auch die Schönheit im Gedanken, dass - danach - Nichts ist, Dunkelheit, und man frei und glücklich.

Atheismus und Spiritualität sind keine Gegensätze, finde ich. Auf den inneren Kompass eines Menschen und den der Gesellschaft kommt es aber an.

Liebe Grüße, Stefanie

 LotharAtzert meinte dazu am 13.06.22 um 10:05:
Danke für den Kommentar und wenn das schon alles ist, so heißt das, 1. daß ich allem zustimme, was du sagst und
 2. hab ich vor einer Stunde gerade eine ganz neue "Erfahrung" gemacht: der Gleichgewichtssinn war plötzlich gänzlich weg und ich konnte nur noch halbwegs geordnet zu Boden sinken, um Verletzungen zu vermeiden.
Von da kroch ich zur nächsten Sitzgelegenheit und wunderte mich, daß ich, statt eines Erschreckens, jede Bewegung wie von fern bewußt wahrnahm und sogar über die wenig eleganten Bewegungen lächeln konnte.

Jetzt ist alles wieder ok. Vielleicht mehr trinken ...
Danke und liebe Grüße auch zu dir

Ist schon ein Vorteil, nicht am Leben zu hängen, auch wenn das endgültige Sterben dann vielleicht nochmal was anderes ist. Entschuldige die Geschwätzigkeit eines alten Mannes <3

 Pearl meinte dazu am 13.06.22 um 20:00:
Pass auf dich auf! <3

 Regina (27.06.22, 10:39)
Da ist dir ja ein gescheiter Text gelungen.

 LotharAtzert meinte dazu am 27.06.22 um 15:03:
Das war auch noch vor der Zeitenwende. :ninja:
Danke
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram