Heute schon mal an die Mongolei gedacht?

Beschreibung zum Thema Heimat

von  eiskimo

Es lohnt sich, denn heute genau vor 78 Jahren wurde dort niemand Geringeres als Galsan Tschinag geboren. Er gehört zum Nomadenstamme der Tuwa (Westmongolei) und hatte das Privileg, von 1962 bis 68 in Leipzig Germanistik studieren zu können. Bis hierhin nichts Weltbewegendes.

Doch Galsan lernte in dieser Zeit die Mongolistin Erika Taube kennen, die ihn animierte, doch die mündliche Folklore seiner tuwinischen Heimat zu transkribieren und dann auch gleich ins Deutsche zu übertragen. Damit öffnete sich für ihn (und uns vor allem) ein im wahrsten Sinne fantastischer Schatz.

Zwar arbeitete er nach seiner Rückkehr noch einige Jahre als Deutschlehrer an der staatlichen mongolischen Universität, doch er fing an zu schreiben, und ab 1981 riss die Liste seiner literarischen Veröffentlichungen kaum mehr ab …. Gedichte, Erzählungen und Romane, die er fast immer auf Deutsch verfasste und die fast immer die Geschichte(n) seines Volkes zum Inhalt hatten. Wunderbare Erzählungen. Zum Beispiel „Tau und Gras“ (2002), wo Tschinag sich erinnert an Geschichten, die ihm als Kind von den Alten erzählt wurden.

Galsan Tschinag bekam etliche Literaturpreise, u.a. 2001 den Heimito-von-Doderer-Preis

Was ihn besonders auszeichnet: 2009 gründete er eine Stiftung, mit der er die Ausbildung von Nomadenkindern in seiner Heimat unterstützt.




Anmerkung von eiskimo:

Mein Bezug zum "Grasland": Ich bin 1984 mit der Transsbirischen Eisenbahn nach Ulan Bator gefahren, damals noch stark sowjetisch geprägte Volksrepublik, (auch Äußere Mongolei genannt). Von da aus reiste ich in die Innere Mongolei, die ein Teil Chinas ist, Hauptstadt Hohote.

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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (26.12.21, 22:06)
Schöner Hinweis. Ich mag solche literarischen Empfehlungen.
Um Deine Frage zu beantworten: Bis dahin hatte ich heute noch nicht an die Mongolei gedacht.

 eiskimo meinte dazu am 26.12.21 um 22:16:
Du hattest hier ein ganz anderes Thema, ich weiß. Über 250 Aufrufe schon. Wie irre.
Da war für mich heute dieser Autor und die Mongolei eine Art Flucht ganz weit weg,  zurück zur Literatur.

 Graeculus antwortete darauf am 26.12.21 um 22:23:
Auch dazu ist Literatur gut.
Hier habe ich das Gefühl, daß diese leidige Corona-Debatte alles andere und damit auch die Literatur förmlich zudeckt. Aber im wirklichen Leben ist das ja kaum anders.

 eiskimo schrieb daraufhin am 26.12.21 um 23:21:
Befremdlich- ich entdecke mehr Verbindendes bei einem tuwinischen Nomaden als bei manchen Autoren hier.  Ist das eine Art Lagerkoller?

 Graeculus äußerte darauf am 27.12.21 um 11:43:
Oja, ich fühle mich oft einem Menschen, dem ich in einem Buch begegne, mehr verbunden als "manchem Autor hier".

Vielleicht ist es etwas zu extrem für Deinen Geschmack, aber in dieser Richtung geht Schopenhauers Gedicht zum Tode Kants:
Ich sah Dir nach in Deinen blauen Himmel,
Im blauen Himmel dort entschwand Dein Flug. (1)
Ich blieb allein zurück in dem Gewimmel,
Zum Troste mir Dein Wort, zum Trost Dein Buch.-
 
Da sucht’ ich mir die Oede zu beleben
Durch Deiner Worte geisterfüllten Klang:
Sie sind mir alle fremd, die mich umgeben,
Die Welt ist öde und das Leben lang.
(1) „Der Tag, an welchem Kant verschieden, war so klar und wolkenlos, wie es bei uns nur wenige giebt: nur ein kleines, leichtes Wölkchen im Zenith schwebte am azurblauen Himmel. Man erzählte, ein Soldat habe auf der Schmiedebrücke die Umstehenden darauf aufmerksam gemacht mit den Worten: Sehet das ist die Seele Kants, die gen Himmel fliegt.“ (C. F. Reusch, Kant und seine Tischgenossen, S. 11.)

 eiskimo ergänzte dazu am 27.12.21 um 13:13:
Das ist wunderbar!

 Terminator (27.12.21, 03:02)
Ein anderer bekannter Tuwiner ist Sergei Schoigu. Subotai war von der geographischen Herkunft Tuwiner, ethnisch natürlich Mongole. Kyzyl, die Hauptstadt von Tuwa, ist für Asien, was Kassel für Deutschland (geometrisch der Mittelpunkt).

 AchterZwerg (27.12.21, 06:05)
Beim Wort "Mongolei" schießt mir sofort ein (leider) eher folkloristisches Bild ins Hirn: wilde Mädchen, die wie irre durch die Gegend reiten, einen Adler auf dem linken Händchen *schmelz). - Mit deren Literatur habe ich mich bisher noch gar nicht beschäftigt, werde das aber nachholen.
Danke für den Tipp!

Liebe Grüße
der8.

 eiskimo meinte dazu am 27.12.21 um 08:06:
Es lohnt sich!
Und um Dein Bild aufzugreifen: Lieber diese wilden Steppenreiter als unsere verlogenen Kreuzritter.
(das hab ich von meinem Schamanen)
Eiskimo

 FrankReich (27.12.21, 12:01)
Sympathisch, der Mann wurde schon mal wegen politischer Unzuverlässigkeit entlassen. 👋😂

Ciao, Frank

 AZU20 (27.12.21, 12:08)
Jetzt hast Du mich aber neugierig gemacht. LG
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