Panzer- Söldner II

Cut-Up zum Thema Achtung/Missachtung

von  alter79

Es  dauerte bis zum späten Abend ehe die Überreste unserer Sanitätsstaffel gefunden wurden. Fahrer und Beifahrer des LKW waren mit ihren Koppeln an das Lenkrad gefesselt. Die Verwundeten hinten im Wagen - verbrannt. Ein Zeuge sagte ’lebendig verbrannt’. Ich blickte in den noch schwelenden Wagen. Sah brodelnde Schädeldecken. Leiber aus Brei. Knochensplitter. Spürte Hass. Fühlte Gleichgültigkeit. Hatte Lust auf blanke Gegengewalt. Und dann wieder nicht, war ein schreckerstarrtes Tier mit Tausend Gedanken im vergifteten Blut, das dunkel in meinem Kopf umher quoll. Stunden später kam der Befehl. Es war einer, der mir über Hirn, Augen, Mund an meinem Körper runter verfaulte. Es änderte nichts. Wir erhängten von den Widerstandskämpfern einige gegen Mittag des darauf folgenden Tages. Sprengten ihr Waffenlager. Kriegsverbrechen, urteilte man später. Doch das war noch nicht alles, denn ich erschlug dabei ein kleines Tier; es wollte mich beißen. Die restlichen Dorfbewohner wurden auf dem Marktplatz zusammengetrieben. Die Männer in fünf Gruppen aufgeteilt. Vier davon nacheinander in Scheunen getrieben, erschossen. Frauen und Kinder - und auch die fünfte Gruppe der Männer - in die Dorfkirche geführt und die, als alle drin waren, in Brand gesteckt. Leute, die dem Feuer entkommen wollten, wurden ohne Anruf erschossen. Ich hatte ein Messer im Kopf. Riss mir das Herz aus der Brust. Sah rote Zitronenfalter überm Parkett. Massaker, sagte man später. Mir wurde ein Orden verliehen.

Ich liege abends im Schein einer Kerze im Keller meines Lebens. Bin voller Schuld. Trage tags schwere Steine, Mörtel, Sand. Baue vierundzwanzig Stunden ein Haus für die Zukunft. Egal ob ich liege oder trage. Höre in die mich schmerzende Vergangenheit; das Ohr dazu kommt von draußen. Die Bewegung. Die Hoffnung. Die Dinge. Wenn ich mit dem Kopf gegen die Wand schlage. Die Zeit mit Füßen trete. Die Mauer fertig maure. Während ich warte. In Dunkelheit sitze. Auf und ab gehe. Vogelfrei. Und so gut wie tot.

’’Da ließ der HERR Schwefel und Feuer regnen vom Himmel herab auf Sodom und Gomorra und vernichtete die Städte und die ganze Gegend und alle Einwohner der Städte und was auf dem Lande gewachsen war.’’
Hesekiel  9,4-11


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Kommentare zu diesem Text


 franky (03.06.22, 08:58)
Das erinnert mich an die Deutsche SS Panzerdivision, die im zweiten Weltkrieg ein Französisches Dorf total ausgerottet haben. „Schrecklich!“  
 
Grüße von Franky

 alter79 meinte dazu am 03.06.22 um 09:17:
es ist so, wie du sagst, lieber freund - und ich habe deine nicht einfache lebensgeschichte  auch immer präsent und zolle dir respekt dafür!

mit freundschaftlichen grüße und herzlichem danke
79
Agnete (66)
(04.06.22, 16:57)
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 alter79 antwortete darauf am 05.06.22 um 10:47:
ganz deiner meinung, Agnete
als 1942 geborener habe ich den krieg und seine unmittelbaren folgen *hinter mir
nun erneut zu hungern und zu frieren usw. 
weil irre und komiker das so wollen
ohne mich -
leider kann ich seit meinem herzinfarkt 2021 nur noch mit einem finger schreiben - deshalb bleiben meine einlassungen und koms. so dürftig
sorry dafür

lgr. und ty
79
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