Liberty oder das rollende Ferienglück

Glosse zum Thema Ferne

von  eiskimo

Auf dem nagelneuen Wohnmobil des Nachbarn prangt in sattem Rot dieses Wort: Liberty. Freiheit.

Welche Freiheit ist damit wohl gemeint, frage ich mich. Die Freiheit von etwas? Die Freiheit für etwas?

Etwa die Freiheit des nicht verhausschweinten Malboro-Rauchers, der in dem rollenden Ferien-Häuschen endlich seinem weichgespülten Alltagsleben entfleuchen kann?
Die Freiheit des dreist-abgebrühten Individualisten, der seinen Liberty-Camper einfach da hinstellt, wo es schön ist?

Die Freiheit des kern-frustrierten Angepassten, der in zwei Wochen WoMo alles nachholen möchte, was ihm sein durchrationalisiertes Leben das Jahr über vorenthält?

Die Freiheit des Lifestyle-Adepten, der In einem vorgegebenen Zeitfenster blind dem Pulk der anderen Freiheit-Suchenden folgt? Um am Mittelmeer rechtzeitig den vorgebuchten Stellplatz in der dritte Reihe, Blick auf eine marode Hotelanlage, zu ergattern?  Und vereint mit den anderen Freiheit-Suchenden zwischen sterilen Plastikwänden und auf heißem Asphalt auf unbequemen Campingstühlchen hin und her zu rücken?  Immerhin bei aus der Heimat mitgebrachtem Bier und trendiger Gute-Laune-Musik?

Oder ganz kompliziert:  Die Freiheit eines für die Freiheit völlig Untauglichen, der mit freien Urlaubtagen total überfordert ist und sich jetzt allein durch das Hin und Herfahren auf Europas Fernstraßen große Teile seines Jahresurlaubs erträglich macht?
So ein WoMo muss jedenfalls etwas Befreiendes haben, denke ich, wenn schon Art und Dauer der Fortbewegung, dieses Nomadierende, vom Leben der pauschal Gebuchten oder Seßhaften derart sinnstiftend ablenken kann.

Was derzeit sicher ist: So ein Wohnmobil befreit von den Unwägbarkeiten und bösen Überraschungen, die aktuell bei Flug- und Bahnreisen drohen.
Insofern könnte man Liberty also auch als Provokation verstehen, als Triumph-Ruf der WoMo-Glücklichen, adressiert an all jene,  die das falsche Transportmittel für ihren Urlaub gewählt haben.

Sie verschweigen allerdings, dass sie ihr WoMO auch nach dem Urlaub noch an der Backe haben. Dann steht es meist nur unnütz und platzgreifend im Weg.




Anmerkung von eiskimo:

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Kommentare zu diesem Text


 lugarex (29.06.22, 10:27)
Wenn die Hotels so unverschämt teuer sind wo soll der Obdachlose hin? 

Gruss Luga, kein Stadtviertel von Dresden

 eiskimo meinte dazu am 29.06.22 um 13:48:
Für Obdachlose müssen WoMos ja auch der glatte Hohn sein...
LG
Eiskimo

 lugarex antwortete darauf am 29.06.22 um 14:33:
Warum? Ich werde nächste Monate wenn niht Jahre Obdachlos wegen Umbau des Hauses und weiss nich wohin. Wäre für ein WoMo dankbar!

 Dieter_Rotmund (29.06.22, 12:10)
Der Erzähler hasst offenbar Wohnmobile bzw. dessen Inhaber. Viel interessanter scheint hier. Warum ist das so?

 eiskimo schrieb daraufhin am 29.06.22 um 13:53:
Wie kann man etwas hassen, das der Auto- und Campingindustrie so viel neue Nachfrage verschafft?
Auf ein paar Verbrenner mehr oder weniger  kommt es ja eh nicht mehr an....

 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 29.06.22 um 13:58:
Um irgendwelche "Tatsachen" gehts mit nicht.
Der Zynismus des Textes ist verkrampft, der Inhalt zu moralisierend-oberlehrerhaft. Wo ist die Leichtigkeit aus deinen früheren Texten?

Antwort geändert am 29.06.2022 um 13:58 Uhr

 AZU20 (30.06.22, 09:49)
Dann  leiht man sich halt eins aus. LG
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