300 Thesen zu Kant

Man sang dir an der Wiege, Kant,
du würdest einst – und wie! – gekannt.

Wer deine Fantasie gekannt,
bejubelt ihre Siege, Kant.

Wie hoch man dich auch höbe, Kant,
dir wäre jede Höh’ bekannt.

Wer liegt vor dir im Staube, Kant?
Da ist ein langer Stau bekannt.

Auch die, die dich nur so gekannt,
erlagen deinem Soge, Kant.

Wirst du aus Barbarei verkannt,
dann wirkst du umso reifer, Kant.

Du weist den Menschen Wege, Kant,
hast deren Lust und Weh gekannt.

Ich spräche, wenn man früge: Kant,
den hat man nie zu früh gekannt.

Stellt ihn nur auf die Probe: Kant
ist als ein wahrer Pro bekannt.

Im Ew’gen-Frieden-Memo, Kant,
beschreibst du die Armee mokant.

Ich zeig euch hundertpro, wo Kant
sich irrt, sagt Hegel provokant.

Maximen hat, infolge Kant,
sein Diener Lampe voll gekannt.

Der sanfte und der herbe Kant –
für beides ist der Herr bekannt.

»Bist du für Schwurbelei bekannt,
dann bleibe mir vom Leibe!« (Kant)

Iss nie beim Singen Kandis, Kant!
Nur wer ihn meidet, kann Diskant.

Das freie Spiel der Triebe, Kant,
war nie für Symmetrie bekannt.

Dir war nicht nur die Liebe, Kant,
nein, auch Melancholie bekannt.

Die Nacht in deiner Laube, Kant,
war als besonders lau bekannt.

Du hofftest, mit Marie bekannt,
dass sie sich an dir riebe, Kant.

Und wär’s geglückt, dann schriebe Kant:
Mir ist, warum sie schrie, bekannt.

Dir ist, was ich hier tu, bekannt:
Ich drücke auf die Tube, Kant.

Ich bin für Poesie bekannt,
auch wenn ich’s hier versiebe, Kant.