Fern, ferner, bildungsfern

Erörterung zum Thema Resignation

von  eiskimo

Schule ist ein Zwang, die sogenannten Schultugenden (Fleiß, Ordnung, Neugier..) sind Terror und so etwas wie Schulaufgaben, ha, das wäre doch glatter Hausfriedensbruch!

Nein, dass ein Dummer, also noch Nicht Wissender, sich anstrengen müsste, um Regeln einzuüben, wichtige Daten zu kennen oder sich Vokabeln anzueignen, dieses Selbstverständnis ist längst verdrängt von Unverständnis, ja, die gepflegte Unlust wird sogar umfrisiert in ein „Zurück zur Lebensfreude“ und „Befreiung vom Leistungsdruck“.

„Hey, Ignoranz und Unbedarftheit sind gesellschaftsfähig, Leute. Chillt mal wieder. Und bloß kein Stress. Irgendwas mit Internet geht immer. Onlinehandel, Influencer, Zocken - wozu sich da noch trockenen Wissenstoff reinziehen?“

Natürlich halten viele Eltern weiter die Bildungsfahne hoch. Aber bei genauer Betrachtung: es ist ein Bildungsfähnchen. Und auch die „höheren Schulen“ haben die Ansprüche runter gefahren, ganz massiv. Zu viel(e) Bildungsferne auf einmal zieht und ziehen einfach alle und alles mit runter. Das ist das verdrehte Gütesiegel unserer Zeit. Fatal, weil schleichend und kaum umkehrbar.

Lesen? Selber was schreiben? Sich argumentativ mit Kunst auseinandersetzen?? Upps – reicht da nicht, einfach was zu liken?

Wahrscheinlich ist das die Zukunft. Kein Ballast im Hirn. Lieber gut drauf sein. Google und Künstliche Intelligenz machen den Rest.



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Kommentare zu diesem Text


 Kardamom (13.06.24, 22:18)
Seit wann gibt es pisa? Schon länger. Die Probleme sind schon länger bekannt. Woran liegt es, dass die Probleme vergrössert statt verkleinert werden? Wozu sind diese ganzen pisa usw. Studien gut, wenn sie wirkungslos verpuffen? Dann kann man die auch weglassen und für das Geld den Steuerzahlern, die dafür rackern bisschen Lebensfreude gönnen.

 eiskimo meinte dazu am 13.06.24 um 22:30:
Deine Pisa-Kritik ist sicher berechtigt. Aber Pisa misst nur gewisse Kompetenzen, nicht Bildung. Und da sind wir auf dem absteigenden Ast. Rasant.

 Kardamom antwortete darauf am 14.06.24 um 05:17:
Das kommt noch hinzu. Ich las kürzlich, dass nur 60 % der schüler in dtl. wissen, dass es einen holocaust gab. Sind die 40% unwissenden Grundschüler?
Ich glaube nicht, so ein Test macht ja nur in Klassenstufen Sinn, wo Geschichte auf dem Plan seht.

 Teichhüpfer (13.06.24, 22:20)
Die bedeutesten Worte sind doch gewesen, Du lernst nicht für das Leben.
In der Kunst brauchst Du das Handwerk, ansonsten kennt sich da keiner aus.

Kommentar geändert am 14.06.2024 um 03:49 Uhr

 Graeculus (13.06.24, 23:17)
Falls Du ein wenig Aufmunterung brauchst - können wir alle brauchen, nicht wahr? -, heute steht in der FAZ ein längerer Artikel über den Kölner Antiquar Klaus Willbrand, der mit Kurzvideos über Literatur auf Tiktok hunderttausende Aufrufe erreicht.

Titel des Artikels: "Und was ist mit dem mittleren Wittgenstein?"

Der Mann selbst ist übrigens 82 ... und kommt bei der Jugend an!
Mich hat das richtig gefreut.

Vielleicht kennst Du sogar seinen Laden in Köln-Sülz?

 Kardamom schrieb daraufhin am 14.06.24 um 10:47:
Das wäre fast ein grund, sich auf tiktok anzumelden, ihn zu sehen!

Er ist auch auf youtube... 

 ein weiterer Artikel über ihn

 sein tiktok

(man muss sich nicht anmelden, es ist auch so sichtbar)


Antwort geändert am 14.06.2024 um 10:56 Uhr

 eiskimo äußerte darauf am 14.06.24 um 12:55:
Das beweist, dass die Themen nach wie vor spannend sind. Aber vom Leseerlebnis, d.h. sich mal ein paar Stunden total auf einen Roman einzulassen, wegzutauchen, eine Entwicklung mit durchzufiebern....
Tiktok macht daraus einen Clip

 Kardamom ergänzte dazu am 14.06.24 um 13:36:
... die tiktokker bekommen eine Idee, dass es sowas wie Literatur gibt und dass es Spass macht. Irgendwann einmal kommen sie evtl. darauf zurück. Das muss nicht sofort sein.

 Graeculus meinte dazu am 14.06.24 um 14:50:
Wenn von den 200000, die sich solch ein Filmchen anschauen, jeder Hundertste das Buch dann liest, ist das kein geringer Erfolg.

Herr Willbrand berichtet übrigens in dem Interview, früher habe sich manchmal einen ganzen Tag lang kein Kunde in seinem Laden eingefunden; das sei jetzt anders!

 eiskimo meinte dazu am 14.06.24 um 15:14:
Okay, es ist eine Art Zugang, den ich wahrscheinlich unterschätze. Zumindest werden damit auch die bestätigt, die auch ohne Tiktok  dahin kamen.

 AchterZwerg (14.06.24, 07:20)
Ja,
es ist erschreckend.
Wenn ich in der S- oder U-Bahn sitze und den Gesprächen unserer aufstrebenden Jugend lausche, habe ich zuweilen den Eindruck, von einem anderen Planeten zu stammen. :(

 eiskimo meinte dazu am 14.06.24 um 13:05:
Ein Planet mit klaren Werten, die weitestgehend Konsens waren...
Mit nur heisser Luft konnte man da nichts werden, denke ich. ;)

 Kardamom meinte dazu am 14.06.24 um 13:38:
Der Wertekonsens wurde absichtlich über bord geworfen, er galt als überflüssig oder gar bekämpfenswert.
Jetzt geniessen wir das Ergebnis.

 Dieter_Rotmund (14.06.24, 10:24)
Empörungstext, gerne gelesen.

 eiskimo meinte dazu am 14.06.24 um 15:27:
Danke. Empörung trifft es nur zum Teil. Wir verlieren einfach an Qualität, an Verlässlichkeit, an Gestaltungskraft für ein lebenswertes Morgen. An vielen Fronten.
Die Kinder sind dabei gar nicht schuld- die würden ihr Potential mit Begeisterung abrufen.  Aber allzu viele Eltern - so sehe ich das - delegieren ihre Verantwortung an überforderte Schulen und Erzieher, sind selber aber zu schlapp, um ein paar Basics zu vermitteln. Das wäre natürlich anstrengend und verlangte Durchhaltevermögen.
Also Empörung,okay, aber noch mehr Traurigkeit.

 TassoTuwas (14.06.24, 10:42)
Gestern bei Lanz.
Wahlalter auf 14 Jahre (in Worten: vierzehn) absenken.
Begründung, die jungen Menschen hätten wichtige innovative Ideen und suchten nach Teilhabe!
Noch Fragen?

 Kardamom meinte dazu am 14.06.24 um 13:42:
... die absenker glauben, sie werden dann von denen gewählt. Wie einst die den  doppelstaat einführenden glaubten, sie würden von den doppelstaatlern gewählt.
Die Rechnung ging schon mal nicht auf, das hält die helden der politik nicht davon ab den fehler zu wiederholen.

 eiskimo meinte dazu am 14.06.24 um 16:21:
Eltern, die gerade 14jährige bei Laune halten müssen, werden eine konkrete Vorstellung von Innovation und Teilhabe haben.
Ausnahmen bestätigen die Regel

 tueichler (14.06.24, 15:05)
Da fällt mir ein, was ich die Tage in der Zeitung las. Qualität der und Nähe zur Bildung wirkt sich auf die gesamte Erwerbs- und damit auch auf dieRentenkarriere aus.
Die Fähigkeit aber dies zu reflektieren und die Konsequenzen daraus zu erkennen ist Aufgabe im Elternhaus und damit eine Aufgabe, die jeder Generation für die nächste als Fürsorge zufällt.
Fehlt diese Fürsorge aus den bekannten Gründen, hat das - auch dür unsere Gesellschaft - tiefgreifende negative Konsequenzen.

 eiskimo meinte dazu am 14.06.24 um 15:15:
Das sehe ich auch so. Die Eltern sind der Schlüssel. Was die versäumen, ist kaum mehr aufzuholen.

 AZU20 (17.06.24, 12:50)
Meinst Du das wirklich? LG

 eiskimo meinte dazu am 17.06.24 um 12:55:
Ja,  die ersten Monate und Lebensjahre Stellen schon die Weichen, und selbst wenn Kita oder Schule perfekt einsetzten, können sie mögliche Defizite nicht wettmachen.
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