Medeamora

Gedicht zum Thema Ausweglosigkeit/ Dilemma

von  Isaban

In Dämmerung sind sie gesät
Und ihre Spuren tilgt die Nacht
Die giftig Herbstzeitlosen

Wer je in ihren Blick gerät
Dem flammt der Leib
Des Träume steigen wie die Drachen

An langen Leinen in den Wind
Verbrennen sich an Höhe
Die ihre Flügel schmilzt

Denn wer den Lilienschatten aß
Vergisst die Wasserhände
Wie Regen, Regen auf der Haut

Vergisst die Hoffnungsrosen
Was Welt ihm ist und war
Verwintert zagend wurzelnah

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 Bergmann (14.12.07)
Schöne Verse.
(Am Rande: Heißen die Herbstzeitlosen Medeamora?
Ist da - im Namen oder im Titel - eine Anspielung an Medea drin?)

 Isaban meinte dazu am 14.12.07:
Nein, sie heißen Colchicum autumnale.

Du hast die Anspielung auf die alte Giftmischerin gut erkannt.
Mora für Verzögerung, Herauszögern, Verzug.
(Außerdem gefiel mir die tückische Klangähnlichkeit mit "amore" natürlich)

Danke, Uli.

Liebe Grüße,
Sabine
(Antwort korrigiert am 14.12.2007)

 GillSans (14.12.07)
sind es die dinge, die wir längst vergessen haben?
die herbstzeitlosen, wie ja schon der Name sagt
so zeitlos ..doch sie tragen unsre Schatten......
berühr sie nicht, denn sie sind hoffnungslos?

ob ichs jetzt so verstanden habe, wie du es meintest, weiß ich nicht, aber was ich verstehe finde ich schön.
Herzlichst, die Gill

 Isaban antwortete darauf am 14.12.07:
Liebe Gill, es muss ja jeder ganz für sich alleine seine eigene Interpretation finden, das aus einem Gedicht ziehen können, was ihn selbst beschäftigt, was er für sich selber umsetzen, wo er sich selber finden kann. Es ist nicht tragisch, wenn das nicht immer so ganz mit der Intention des Autoren übereinstimmen. Wenn die Bilder, die du siehst für dich stimmig und gut sind, dann passt es schon. Deine Interpretation gefällt mir auch sehr.

Herzliche Grüße,
Sabine
artemidor (58)
(14.12.07)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Isaban schrieb daraufhin am 14.12.07:
Die alte, große Giftmischerin. Und immer merkt man erst zu spät, wenn es einen erwischt hat.

Ich danke dir, Arti.

Herzliche Grüße,
Sabine

 claire.delalune (14.12.07)
aus deinem kommentar an bergmann sehe ich, daß ich den titel ganz gut interpretiert habe.
toll gewählt hast du ihn! es steckt wirklich viel drin, wodurch auch der text verschiedene ebenen erhält. sowas mag ich.
und ja, das gedicht ist dir gut gelungen. :)

lg,
kathrin

 Isaban äußerte darauf am 14.12.07:
Vielen Dank, liebe Kathrin. Ich freue mich, dass dir meine Zeilen etwas geben konnten.
Herzliche Grüße,
Sabine

 styraxx (14.12.07)
Mir fehlen die Worte ... einfach wunderbar!

Liebe Grüsse

Cornel

 Isaban ergänzte dazu am 14.12.07:
Danke, Cornel. Ich ahnte, dass sich dir meine Bilder erschließen würden, freut mich sehr.

Liebe Grüße,
Sabine
E.Lucy_Dation (32)
(14.12.07)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 DanceWith1Life meinte dazu am 14.12.07:
Tss, man merkt du hast noch nie Lilienschatten gegessen. )
Ich würde es dir auch nicht empfehlen, die würden deine Wörterwüste glatt wegpusten, beim ersten Sturm.

 Isaban meinte dazu am 14.12.07:
Wow, das nenne ich einmal Auseinandersetzung mit einem Text. Danke, Lucy.
Ich freu mich sehr, dass mein Text dich derart beschäftigen konnte. Was will ein Text mehr, als die Gedanken der Leser derart in die verschiedensten Richtungen treiben? Ich grüble grade. Du weißt normalerweise halte ich nicht viel davon, die eigene Intention unter meinen Gedichten ganz preis zu geben.
Wenn sich aber jemand derartig viel Mühe macht, sich die Zeilen zu erschließen, so gebührt ihm zumindest eine Würdigung seiner Gedankengänge. *g* Auch, damit die Stimmung nicht so arg wurzelnah verwintert. Ich finde es sehr spannend, wie du Medeas Geschichte so ganz und gar in meine Zeilen legst.

Ich muss gestehen, dass ich persönlich eigentlich Christa Wolfs Auslegung vorziehe.

Aber, wenn ich es genau betrachte, würde auch deine seht klassische Auslegung wunderbar passen, das vergiftete Kleid, das die Konkurrentin in Flammen aufgehen ließ, der Fluchtwagen, der mit Drachen bespannt war, um zu Helios zu fliehen, was sogar mein Drachenbild erklären würde, Lilienschatten als der Schatten der Toten betrachtet, der auf die Lebenden fällt, ja, auch sehr stimmig in sich. Die Wasserhände, die lindernden, die mit dem milden Regen den Schmerz, den Verlust abwaschen - was aber wohl für Schuld und Verlust des Gatten, der Kinder, des Bruders und des Vaters nicht gelten kann, solche Schuld (wie in der klassischen Auslegung nach Euripides) kann nichts abwaschen.

Hier könnte dann, wenn man ansonsten in deiner Interpretation bleibt,

Vergisst die Hoffnungsrosen
Was Welt ihm ist und war
Verwintert zagend wurzelnah


einfach bedeuten, dass aus verletztem Stolz und Zorn alle Gefühle eingefroren hat, alles vergaß, was es an Hoffnung und Zukunft noch geben könnte, vergaß, was ihr einmal wichtig und lebenswert war, damit sie große, vollkommene Rache üben konnte, an dem, der sie verraten und verstoßen hatte. Von dem was sie selbst war blieb in diesem Falle nichts weiter übrig, als ein wurzelnaher Trieb, der die eisige Jahreszeit in fremder Gestalt und im Untergrund vergraben überstand.

Tja, klasse, würde ich sagen, deine Interpretation.
Zwar nicht so 100%ig meine Intention, aber das war dir ja eh klar, nicht wahr? Aber doch, doch, gefallen mir, die Gedankengänge.

Ich möchte dir noch einmal recht herzlich danken, dass du dir die Mühe gemacht hast, auch dieses Gedicht, das nicht so ganz dein Ding ist, derart gründlich zu durchdenken und deine Überlegungen so ausführlich darzulegen.

Liebe Grüße,
Sabine

@ Dance
Hab vielen Dank für deine Rückmeldung. Ich freue mich, dass dir meine Bilder etwas mehr geben konnten, dass du einen Bezug zu ihnen aufbauen konntest, zwischen meine Zeilen schlüpfen mochtest.
Und nicht gram sein, nur weil unterschiedliche Meinungen vorhanden sind, gerade das ist doch das Interessante, wie unterschiedlich ein Text auf unterschiedliche Menschen wirken kann.

Liebe Grüße,
Sabine
(Antwort korrigiert am 14.12.2007)

 DanceWith1Life meinte dazu am 14.12.07:
Ich hab zu danken, zum einen gefällt mir dein Gedicht, und zum anderen bin ich erleichtert, dass so unterschiedliche Auffassungen einfach mal so neben einander stehen können.
LG.R.

 Isaban meinte dazu am 14.12.07:
Aber natürlich können sie das, lieber R.
Erst unterschiedliche Blickwinklel, Betrachtungsweise und somit neue Möglichkeiten, einen Text noch einmal zu überdenken ermöglichen auch sinnvolle Textarbeit.
Ich finde es immer sehr, sehr spannend, wie verschieden Meinungen , Interpretationen und Sichtweisen sein können. Nur weil jemand anderer Meinung ist als ich oder ein Kommentar einmal nicht ganz so begeistert ausfällt bedeutet das doch nicht, dass man einander spinnefeind sein muss.
Im Gegenteil, ich finde derartigen Gedankenaustausch eher hilfreich und auf jeden Fall höchst interessant.

LG, Sabine

 AZU20 (14.12.07)
War gerade in der Bonner "Medea" und habe mein Wissen wieder aufpoliert. Gut gereimt, passt alles sehr gut zum Titel. Wünsche dir kein Gift, sondern Glühwein zum Adventswochenende

 Isaban meinte dazu am 14.12.07:
Ich danke dir, lieber Armin. Medea, eine sehr spannende Geschichte, wie ich finde. Hab herzlichen Dank fürs Lesen und dein Lob. Ich freu mich.

Liebe Grüße,
Sabine
Balu (57)
(15.12.07)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Isaban meinte dazu am 16.12.07:
Das ist auch eine sehr spannende Interpretation, lieber Knut, der ich gerne gedanklich einmal nachgegangen bin. Herzlichen Dank für deine Rückmeldung.

Liebe Grüße,
Sabine
Pusteblume (28)
(17.12.07)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Isaban meinte dazu am 17.12.07:
Wow, das nenne ich Aufkrempeln.
In kürzester Form neue Gedankenanregungen - und absolut passend.
Du bringst mit diesen wenigen Sätzen alles auf einen Punkt. Auf den Blickpunkt, der für mich bei meinen Zeilen die Essenz ausmacht.
Danke, für dein Einlesen und die Rückmeldung, Blümchen.

Herzlichst,
S.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram