Innerer Zerfall

Brief zum Thema Abschied

von  ZornDerFinsternis

In meiner Welt, meinem Innern, meinen Gedanken, bin ich schon lange fort. An einem besseren Ort,
fern von Schmerz, Kummer, Ängsten und Gleichkültigkeit. Einem Ort, fernab dieser Hölle,
die ihr immer Leben schimpft. Mit der Eiseskälte und der Leblosigkeit der Schwärze bin ich
eins geworden. Habe keine Schmerzen mehr, die ich ertragen müsste. Keine Lasten mehr, die ich schultern
muss; tragen muss, ohne unter ihnen einbrechen zu dürfen. Muss keine Freude mehr heucheln, damit für
euch die "heile Welt" aufrecht erhalten bleibt, denn so etwas gibt es nicht. Und es tut mir auch nicht
in geringster Weise leid, euer Bild zu zerstören - es war eh kein Picasso.
Dieses "Leben" hatte nie den winzigsten Silberfunken von Schönheit an sich. Genauso wenig, wie ich.
Jetzt bleibt nicht mehr viel. Zumindest nicht in mir. Kein Licht, das meiner Seele die Angst vor
den Grausamkeiten dort draußen in der Welt, nimmt. Hier bin ich verfaultes, kaltes Fleisch, ein paar
Meter tief unter Erde und Morast - so, wie in seinen Gedanken. In seinen Gedanken, existiert nichts von
mir. Kein Bild. Kein Augenblick. Kein Wort. Kein Lächeln - keine Erinnerung. Ich bin nie gewesen
und muss doch hier, in eurer Welt wandeln. Leben, ohne zu wollen, und überhaupt zu wissen wie das geht - "leben"...
In eurer Welt, bin ich auch ein Niemand. Ein seelenloser, namenloser Niemand. Ohne Wert und ohne anmutiges in
und an mir. Rauchen und trinken, damit kämpfe ich mich durch den Tag. Die Woche, den Monat...jedes weitere,
unnütze, verschenkte/verschwendete Jahr. Mit Tränen wache ich auf, und decke mich mit ihnen zu.
In meinen Träumen folgt mir der Tod, und doch bin ich ihm ferner, als ich es je sein könnte. So weit davon
entfernt, wie vom Glück und einem winzigen Moment der die Einsamkeit zerbrechen könnte.
All diese wertlosen Gedanken und Gefühle, die ich über all die Jahre hatte, an Menschen gab und dachte, es könnte
eine anmutige, zarte Rose der Freundschaft erblühen, waren bloß wertloser Dreck. Inetwa so, wie ich.
Und der nächste Morgen wird sicher kommen - das ist die einzige Gewissheit, die ich habe. Es gibt keinen Glauben
mehr, an irgendwas. Keinen Ausweg, aus den Scherbenhaufen meiner (Nicht-) Existenz. So viele Wege führen an ein
Ziel, aber doch nie an das Richtige. Irrwege und Irrlichter führen mich doch nur weiter in die Dunkelheit, in der
ich mich doch schon längst hoffnungslos verloren habe. Gefunden werden, will ich nicht mehr. Suchen, möchte ich
nicht mehr. Gefunden hatte ich vor langen Jahren, einen großen Schatz. Besser, als alles, was das Leben einem je
schenken könnte. Doch dieses Geschenk, war so schön, wie kurz. Wundervoll und grausam.
Was ich aus all dem, hier, in eurer Welt, gelernt habe. Das ist wohl die Einsicht, dass Träume und Hoffnungen etwas
minderwertiges und sinnloses sind. Liebe gibt es nur für die großen und schönen. Für die kleinen, unscheinbaren
Feilchen im Schatten der Laubdächer, scheint es nicht mal eine Sonne und einen klaren, strahlenden Himmel zu geben.
Nur die Gewissheit, dass die Einsamkeit an meiner Seite ist, wenn ich aus meinem Schlaf erwache.
Ich wünsche mir, dass ich diese, eure Welt, bald verlassen kann. Um, an diesem anderen, besseren Ort zu gelangen.
Gerne werde ich mein "Leben" dafür aus den Händen geben. Ich hänge nicht daran. Mit keiner Faser meines Herzens.
Keine Träne würde ich dem, was ich zurücklasse, nachweinen. Denn da ist nichts mehr. Mein Leben ist genauso wenig,
wie ich. Ein Haufen Dreck, mehr nicht. Und wann auch immer endlich, die letzte Stunde für mich kommen wird, ich weiß
genau, es würde niemand merken, dass die Zeit einen winzigen Moment zum Stillstand kommt. Das irgendein stilles,
unscheinbares, wertloses Lachen verstummt. Meine Sehnsucht ist ein Placebo - wirkungslos und nie gewesen.
In all den Tagen, die du als schön und wunderbar empfunden hast, war ich schon lange nicht mehr Teil von dir.
Nicht mehr Teil von mir, und dieser Welt - deiner - eurer Welt.
Soweit ich auch durch Dunkelheit und Einsamkeit geirrt bin, ich habe nie ein Licht, ein Haus, einen Freund
getroffen. Mein Herz hat nie erfahren, was lieben heißt und wie sich Gefühle bemerkbar machen. Da war nur Hass
und Kälte. Doch auch das, habe ich nicht mehr in mir. Nur diese Leere, die meine Welt und eure Welt zu einer macht.
Ich kann mich nicht mehr verstecken - es gibt keinen Zufluchtsort und keine Geborgenheit mehr für mich.
Nur den Strick, der sich immer enger um meine Kehle schnürt. Nur die Bilder, die mich jeden Tag und jede Nacht
geistig vergewaltigen. Und das, will ich nicht mehr sehen. Ich will keine Messerschnitte mehr an mir, um mich und
dieses Leben zu ertragen. Ich will nur den Schlaf, auf den ich schon so lange warte.

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Kommentare zu diesem Text


 Ginkgoblatt (25.12.09)
Am besten wir tun uns zusammen... Kleine. KG Coline

 ZornDerFinsternis meinte dazu am 25.12.09:
Du bist so gut zu mir, Süße. Ich bin so dankbar, dass es dich gibt. Drück' dich ganz fest, mein Stern. Anni
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