Das Porzellan

Skizze zum Thema Familie

von  blauefrau

Ich schaute durch die Flecken und Fliegenschisse auf den Scheiben hindurch. In der Vitrine hatte Mutter  früher immer ihr gutes Geschirr eingeschlossen. Es stand immer noch da. Warum hatte sie es bei der Trennung nicht mitgenommen?

Das Porzellan hatte ein Blümchenmuster, mittelblau auf weißem Grund. Die Blümchen hatten verschwommene Konturen.Aus den hohen Bechern trank ich immer die Honigmilch, wenn ich eine Erkältung hatte. Kaffeetassen , Untertassen, Dessertteller, eine Tortenplatte, eine Butterdose, eine Teekanne, eine Kaffeekanne, ein Milchkännchen und ein Zuckertopf - Mutter hatte das Geschirr immer sorgfältig gehütet und stolz auf ihre Kaffeetafel gestellt. Gebäckplatten mit Streusel- und Butterkuchen ließen die Tische schier zusammenbrechen, auch der schwarz-weiße Rodonkuchen oder der Kuchen aus einer Kruste mit Zucker und Orangensaft, in den mit einer Stricknadel Löcher gebohrt waren - der Saft musste einfließen -  thronten auf Platten mit dem blauweißen Blümchenmuster. Gäste wurden immer üppig bewirtet. Üppig war jetzt allerdings nichts mehr.

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Kommentare zu diesem Text


 Regina (19.04.15)
Dieses Delfter Blau steht für die bürgerliche Hausfrauenfamilie vergangener Zeiten mit vielen, üppig zu bewirtenden Gästen. Im downgeshifteten, nervösen Alleinerziehendenhaushalt tun es Plastikbecher, und von Üppigkeit kann man nicht mehr sprechen.

 blauefrau meinte dazu am 20.04.15:
Delfter Bau, das fehlte mir!

Danke!
die blauefrau

 blauefrau antwortete darauf am 21.04.15:
Es sind aber auch die bestimmte Männer der Generation, die den Knopf der Kaffeemaschine nicht finden ...

 AZU20 (20.04.15)
Klingt sehr traurig. LG

 blauefrau schrieb daraufhin am 21.04.15:
Ich finde verkommene Zimmer und Vitrinen nicht in erster Linie traurig. Interessant, dass du das findest.
Agneta (62)
(20.06.15)
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