Das Nichts und der Vater

Skizze zum Thema Familie

von  blauefrau

Ich wollte nicht, dass mein Sohn einen Vater hatte, der so war wie mein eigener Vater: unnahbar, unkontrolliert, sich selbst fremd, aggressiv, selbstzerstörerisch, ein Vater vor dem man Angst haben musste, vor dem man auf der Hut war und der als zweiten Namen "Distanz" hatte.
Andererseits wollte ich meinen Sohn nicht in eine soziale Leere werfen, in der Vater und Mutter, Großmutter und Großvater nicht präsent waren. Und so tat ich das, was ich niemals tun wollte, besorgte mir die Telefonnummer meines Vaters und rief ihn an.
"Du", sagte er, als ich ihm meinen Namen am Telefon genannt hatte, "Du. Was willst du? Was willst du? Geld?"
Jetzt hatte ich mir nicht gerade vorgestellt, dass mein Vater mich mit Worten umarmen würde, dazu war unser Verhältnis zu gestört. Dass er aber gleich den verbalen Kontakt auf das Nötigste reduzierte, gefiel mir andererseits wiederum auch nicht.
"Wie geht es dir?" fragte ich also in der Hoffnung, an ein ",gut" anknüpfen zu können mit der Bitte, ihn bald mal besuchen zu dürfen, ich hätte ihm etwas Wichtiges mitzuteilen.
Würde er "schlecht" sagen, könnte ich mich nach seinem Gesundheitszustand erkundigen und ein paar Adressen von Psychologen und Heilpraktikern nachreichen. Wobei: Psychologen hielt er, seit ich ihn kannte, als nicht kompatibel für sich. Was Menschen anging, die Psychologen aufsuchten,  hielt er sie für unzumutbar zerrüttet und zerrüttet, und seine Zerrüttung und Unzumutbarkeit hielt er unter der Decke.  Mit psychologischen Fragestellungen würde ich mich also zurückhalten.
Und er sagte: "Was soll die Frage? Was geht es dich an?"
Einmal mehr hatte er sich aus dem Rennen gezogen, und ich legte über meine plötzlich empfundene Leere ein paar Worte, um nicht abzustürzen.
"Ich bin jetzt häufiger in der Nähe deines Hauses und würde gern ein paar Gegenstände abholen und ein paar Photos machen, um meine Herkunft für mich zu dokumentieren."
Er räusperte  sich mit einem Ächam, Ächam, Rmmh, dann sagte er:
"Gut. Wann?"
Ich schlug ihm den kommenden Samstag, 15.30 Uhr vor. Denn er pflegte den Morgen im Garten zuzubringen, im Anschluss legte er sich aufs Ohr, und dann trank er Kaffee.
"Gut. Samstag.", sagte er und legte auf.

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Kommentare zu diesem Text


 unangepasste (28.02.15)
Guter Anfang. Jetzt möchte ich aber auch wissen, wie es weiter geht

 blauefrau meinte dazu am 28.02.15:
Danke. Es geht bald weiter. Gruß die blauefrau
janna (66)
(28.02.15)
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 blauefrau antwortete darauf am 28.02.15:
Danke für deine interessierte Lektüre. Ich werde den Text entsprechend ändern. Gruß blauefrau
janna (66) schrieb daraufhin am 28.02.15:
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 Regina (28.02.15)
Spannend wäre, Hintergründe zu erfahren, die den Vater so unfreundlich reagieren lassen. Spannend wäre auch, zu wissen, wie es dann mit der nächsten Generation weitergeht.

 princess (28.02.15)
Hallo blauefrau,

den Vater kann ich gut erkennen. Nur was es mit dem
Nichts
auf sich hat, das bleibt für mich noch im Dunkeln. Also warte ich auf Samstag, 15.30 Uhr.

Liebe Grüße
Ira

 AZU20 (01.03.15)
Bin auf die Fortsetzung gespannt. LG
Sätzer (77)
(01.03.15)
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 blauefrau äußerte darauf am 02.03.15:
Das Beste kommt noch...
Danke für deine Rückmeldung
und
viele Grüße
blauefrau
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