Früher war ich oft besoffen

Gedicht zum Thema Einsicht

von  GastIltis

Früher war ich oft besoffen.
Heute bin ich selten nüchtern.
Damals stand das Leben offen,
jetzt, umringt von Bösewichtern,

gilt es nur, labil zu bleiben
und den Abstand zu bewahren,
alles auf- und anzuschreiben,
was man braucht in den paar Jahren,

die man noch am Leben baumelt.
Alles rennet, rettet, flüchtet,
wankt und schwankt und bangt und taumelt.
Ist man erst hinweg genichtet,

bleibt gebündelt wie in Trichtern
längst Vergangnes, Eingegrabnes,
angestrahlt von Dunkellichtern
Liebenswertes und Erhabnes.


Anmerkung von GastIltis:

Empfohlen von: AZU20, Dieter_Rotmund, Didi.Costaire, EkkehartMittelberg, franky, niemand, Nimbus, plotzn, Sätzer, Stelzie, TassoTuwas, Tatzen, tueichler, wa Bash, Walther.
Vielen herzlichen Dank!

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Kommentare zu diesem Text


 niemand (20.03.18)
"Heute bin ich selten nüchtern", das trifft es, diese Flucht in die letzten Illusionen, dieses die Welt nur nicht zu nüchtern zu betrachten, sonst hält man sie und sich selbst nicht aus.
Mit lieben Grüßen, Irene

 GastIltis meinte dazu am 21.03.18:
Liebe Irene, „nicht zu nüchtern“ und sich selbst nicht wichtiger als nötig. Nötig ist eigentlich nichts. Der berüchtigte Sack Reis fällt auch ohne uns um. Und stell dir mal vor: von knapp 1,4 Milliarden Chinesen kennt kein einziger unsere Gedichte. Ist das nicht schlimm? Übrigens läuft da eine Bevölkerungsuhr: in den zwei Minuten, die ich darauf gesehen habe, kamen zehn kleine Menschen auf diese Welt. Überwältigend, der Gedanke! Gruß und Dank von Gil.

 TassoTuwas (20.03.18)
Nein Gil,
ich tu es nicht, ich weiß, du möchtest es, aber ich sage es nicht, dass früher alles...
Eigentlich und obwohl: JA
LG TT

 GastIltis antwortete darauf am 21.03.18:
Anders, leichter, gemütlicher? Oder rauer, frostiger, finsterer? Als ich im besten, sagen wir allerbesten, Alter war, lag unsere Lebenserwartung bei 69. Und? Nun fang mal an zu rechnen. Meinst du, dass die Rentenkasse das noch lange mitmacht? In unserem Sinne hoffe ich, ja! Danke, Tasso. LG von Gil.

 Didi.Costaire (20.03.18)
Früher gab man sich die Kante,
denn man kannte noch kein Morgen,
trank Chianti und Spumante
und verkannte alle Sorgen.

Heute macht man sich beim Tanken
schon des öfteren Gedanken.

Deine sind lesenswert.
Schöne Grüße, Dirk

 GastIltis schrieb daraufhin am 21.03.18:
Hallo Dirk,

sehe ich schon an der Tanke
diese oder jene Flasche,
sag ich lieber vorher danke,
weil ich gern was andres nasche.

In diesem Sinne: LG von Gil.
Stelzie (55)
(20.03.18)
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 GastIltis äußerte darauf am 21.03.18:
Ach Kerstin,

früher war ich meistens schüchtern.
Heute sehe ich es nüchtern:
wo ich bangte, ich müsst bitten,
war mir vieles schon entglitten.

Danke + LG von Gil.

 EkkehartMittelberg (20.03.18)
Hallo Gil,
wenn etwas "Liebenswertes und Erhabnes" wie auch immer bleibt,
lohnt es sich, gelebt zu haben.
LG
Ekki

 GastIltis ergänzte dazu am 21.03.18:
Stimmt Ekki, „lohnt es sich, gelebt zu haben“ - und geliebt!
Danke und viele Grüße von Gil.

 Owald (20.03.18)
Erinnert mich an die Klientel meiner Stammkneipe.

 GastIltis meinte dazu am 21.03.18:
Hallo Owald, erst wollte ich fragen, welche Stammkneipe. OK. Sehe ich ein. Schon Goethe sagte: "Der sich mit Einsicht für beschränkt erklärt, ist der Vollkommenheit am nächsten." Gut, den zweiten Halbsatz lassen wir weg.
Viele Grüße von Gil.

 AZU20 (21.03.18)
Am letzten Satz halte ich mich fest. LG

 GastIltis meinte dazu am 21.03.18:
Das machst du richtig. Und: auf einem Bein kann man nicht stehen. Danke + LG von Gil.

 AZU20 (21.03.18)
Am letzten Satz halte ich mich fest. LG

 GastIltis meinte dazu am 21.03.18:
Das machst du richtig. Und: auf einem Bein kann man nicht stehen. Danke + LG von Gil.

 plotzn (29.03.18)
Wenn das bleibt, Gil, hat man nicht alles falsch gemacht!

Schönes Gedicht!

Liebe Grüße,
Stefan

 GastIltis meinte dazu am 29.03.18:
Hallo Stefan, danke. Herzliche Grüße aus Brandenburg an der Havel. Im Moment läuft hier nicht das normale Programm. Nach Ostern wird es wieder besser . Bis dann. Gil.

 Tatzen (03.04.18)
Wird das Vergangene nicht erst durch den Abstand erhaben? In ihrer Alltäglichkeit ist doch jede Gegenwart trivial, ob ich an der Tanke stehe und mir als 14jähriger nen Jägermeister hole oder ob ich gerade den Friedensnobelpreis erhalte: Der Augenblick ist doch ziemlich schnell vorbei - was bleibt, ist der wachsende Abstand und die Glorie des Erinnerns. Weißt du noch, damals...

Gedankenvolle Grüße
Tatzen

 GastIltis meinte dazu am 04.04.18:
Gut, dass wir uns beide erinnern. Vor einiger Zeit habe ich unter „Abstand“ folgenden Satz geschrieben: Das Sinnlose ist der Bodensatz des Erhabenen. Nun macht der Satz an sich nicht viel her. Aber mit deinem Spruch „weißt du noch,“ gewinnt er richtig an Fahrt. Erinnert mich an den Satz von Gottfried Keller: Es blitzt ein Tropfen Morgentau im Strahl des Sonnenlichts; ein Tag kann eine Perle sein und ein Jahrhundert nichts. Danke und viele Grüße von Gil.

 tueichler (12.04.18)
Ein klasse Gedichtchen! Sprachlich begeister mich ja "Ist man erst hinweg genichtet". Naja, früher war alles ... aber wenn man es von morgen betrachtet, ist ja heute schon alles gut ...

Gern gelesen,

Tom :)

ps.: gib mir mal noch 2 Schnaps, die beiden letzten sind ins linke Bein gelaufen!

Kommentar geändert am 12.04.2018 um 16:35 Uhr

 GastIltis meinte dazu am 13.04.18:
Hallo Tom, wie gut, dass es Nachzügler gibt. Was würde ich mit dem ganzen Alkohol allein anfangen, wenn nicht ab und an ein versprengter (zum Glück nicht einbeiniger) Nachzügler, nicht zu verwechseln mit dem „Blauen Nachzügler“, einer Sternenkonstellation, vorbeikäme. In diesem Fall du. Mit deinem freundlichen Beitrag. Danke dafür + LG von Gil.
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