Rückreise

Gedicht zum Thema Andere Welten

von  Isaban

Da steht kein Auto mehr vorm Haus,
kein Baby weint, da bellt kein Hund
sich Nacht für Nacht die Kehle wund:
Was dort einst wohnte, flog längst aus.

Zwölf Jahre habe ich verbracht,
in diesem Haus am Rand der Gärten,
in dem die Alten sich vermehrten,
dann hab ich mich davongemacht.

Ich kam zurück. Nichts ist mehr da,
kein Klingelschild mehr, wo es war.
Das Kind, das kürzlich nach mir rief,
ist eines, das zu lange schlief.

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Kommentare zu diesem Text


 niemand (01.12.18)
Nicht böse sein, wenn ich jetzt sage, dass es in diesem ernsten Gedicht eine Stelle gibt, welche mich zum Schmunzeln bringt,
weil sie auch anders gedeutet werden könnte als beabsichtigt:

"in dem die Alten sich vermehrten".

Eigentlich absurd, aber vor meinem geistigen Auge erscheinen
lüsterne Alte mit "no limit" Anspruch. Dies könnte man jetzt
mit einem Schmunzeleffekt lesen, oder mit einem kritischen,da es ja genügend Alte in unserer Gesellschaft gibt die sich, sagen
wir mal, nicht grade würdig benehmen und sich den Anstrich
der Jugend geben wollen durch ihr Verhalten.

Nichts für ungut also, aber das fiel mir beim Lesen
auf, was natürlich meine "Schuld" bezüglich der Lesefähigkeit
sein könnte LG niemand

 Moja meinte dazu am 01.12.18:
Eine Rückschau auf grundlegende Veränderungen, die untergründige Stimmung geht unter die Haut, liebe Isaban.
Bei den Stelle mit den Alten stoppte ich auch erst, treffend das Altern in Bezug auf die letzten beiden eindringlichen Zeilen - gelungen!

Liebe Grüße, Monika

 Isaban antwortete darauf am 03.12.18:
@ niemand:

Aber nein, warum sollte ich wegen einer Rückmeldung zum Text dir böse sein, Irene?
Nun, angedacht war eine Bebilderung der Anhebung des Altersdurchschnittes der Hausbewohner. Mir war klar, dass man den Satz auch anders lesen kann, aber ich dachte, das würde eher als positiv empfunden. Anscheinend ging das ziemlich fehlt - mal sehen, ob ich da noch was retten kann.
Vielen Dank für den Hinweis.

Liebe Grüße

Sabine

@ Moja:

Vielen Dank für deine Rückmeldung, Interpretation und Lob, Monika.

Liebe Grüße

Sabine

 niemand schrieb daraufhin am 03.12.18:
Vielleicht könnte man anstatt des "vermehrten" nur ein
"in welchem sich die Alten mehrten" nehmen.

 Irma äußerte darauf am 04.12.18:
Ich finde Irenes Vorschlag gut. Er nimmt dem Satz das komische Element.. Bei "mehren" denkt man nur an zahlenmäßig zunehmen und nicht wie bei "vermehren" an Fortpflanzung. LG Irma

 AZU20 (01.12.18)
Warum kamst Du zurück? LG

 Isaban ergänzte dazu am 03.12.18:
Das lyrische Ich kam dorthin zurück, weil es als Kind dort gelebt hat, weil es sich an diese Zeit erinnert hat, weil es vom Kind seiner Erinnerungen dorthin zurückgerufen wurde.

LG Sabine
fdöobsah (54)
(02.12.18)
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 Isaban meinte dazu am 03.12.18:
Hallo fdöobsah,

na, dann scheine ich hier ja richtig Murks gebaut zu haben. Bebildern wollte ich ein LI, das von seinen Erinnerungen, also von dem Kind, das dort einst lebte, dorthin zurückgerufen wurde. Leider kam es zu spät, das rufende Kind, die Erinnerung hat zu lange geschlafen, das LI konnte sich nicht mehr mit dem auseinandersetzen, was damals geschehen ist, bevor es sich "davongemacht" hat. Es war niemand mehr da, mit dem es abrechnen oder vor dem es sich rechtfertigen konnte. Da war kein Klingelschild mehr, wo es war. Das LI muss mit seiner Vergangenheit jetzt, wo dieses Kind wach ist und nachbohrt, allein mit seiner Vergangenheit fertig werden. Nun ja, man sollte seinen Text nicht erklären müssen - dadurch wird er nicht besser. Geben wir ihn dem großen KV-Friedhof anheim.

Vielen Dank für deine aufschlussreiche Rückmeldung.

Lieben Gruß

Isaban

Edit: RS

Antwort geändert am 03.12.2018 um 21:05 Uhr

 RainerMScholz (14.05.22, 00:38)
Nichts, aber auch wirklich gar nichts mehr ist so, wie du  es in Erinnerung hast, wenn du, sagen wir, 12 oder 30 Jahre später an den Ort zurückkehrst, den du glaubtest gekannt zu haben.
Grüße,
R.

 RainerMScholz meinte dazu am 14.05.22 um 00:46:
Und deswegen auch ist der Begriff Heimat so schwer. Tiefenschwer. Denn wo oder was ist es, von dem du glaubst, dich abhängig zu fühlen. Ist es die Kindheitserinnerung, ist es die neue Familie, ist es der Ort, wo du dich wohl zu fühlen glaubst, aber dennoch fremd bist, weil du nicht dort bist, wo du zu sein dich berufen fühlst. Ist es, wo dein Herz wohnt, oder ist es nur die Vorstadt, wo du das Zementwerk hinstelltest, das du dann Heim nanntest, wohlwissend, dass es eine Lüge sei.
Grüße,
R.
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