Das Erdmännchen-Syndrom

Groteske zum Thema Psychologie

von  eiskimo

Fall-Beispiel aus dem Lehrbuch „Mein Weg ins Irrenhaus“ Rubrik: Männer, akademisch gebildet, ab 50.
Selbstdarstellung des Patienten, ein sehr eloquenter, scheinbar rationaler Typus:

  Fernsehen reduziert sich bei mir auf die Nachrichten, am Wochenende mal Fußball oder abends eine Talk-Show.  Serien oder Soaps- null!
Arztbesuche reduzieren sich bei mir auf die Vorsorge, ab und zu mal eine Impfung , zuletzt war eine Zahnbehandlung nötig. Wartezimmer-Tourismus – null! 
Kein Fernsehen, keine Krankheiten, so würde ich nicht ohne einen gewissen Stolz sagen. Wie dumm darum, dass ich diese so erfreuliche Logik an einem Dienstag Abend unnötig ins Wanken gebracht habe. Ich guckte nämlich meiner Frau zuliebe nach der Tagesschau einfach ein bisschen weiter….
Ich war sofort mittendrin in dieser Soap, die in irgendeinem Zoo spielte. Die Heldin war hübsch, hatte einen noch hübscheren Lover und zwischendurch fungierte sie als begnadete Tierärztin. So hübsch die Love-Affaire  auch immer eingestreut war, so unappetitlich kam der eigentliche Job ´rüber. Da musste ein Känguru von Parasiten befreit werden, und meine hübsche Ärztin zerlegte gekonnt allerhand Stuhlproben. Illegal nach Europa eingeschmuggelte Erdmännchen waren beschlagnahmt worden, halb verhungert und von einem gefährlichen Virus befallen. Der Zoo übernahm. Auch das musste ich wieder mit ansehen mit allerhand unschönen Details. Gipfel des Dramas: Eins dieser hoch infektiösen Erdmännchen war entwischt, und es hätte die Seuche schon in der ganzen Stadt verbreiten können. 
Um es kurz zu machen: Noch am selben Abend bekam ich Schüttelfrost, leichtes Fieber und den Rest der Nacht verbrachte ich, der schon ewig nicht krank gewesen war, auf dem Klo.
Meine Frau sagte natürlich, weil sie so etwas immer herunter spielt:  „Zufall! Du hattest etwas Falsches gegessen, und dann sind dir diese unschönen Bilder auf den Magen geschlagen!“
Ich mochte das nicht glauben. So empfindlich bin ich nicht. Ich bin keiner, der auf Bilder reagiert. Für mich ist ganz klar:  Es konnte nur das entwischte Erdmännchen gewesen sein.
Mein Anruf bei dem Fernsehsender erbrachte natürlich nichts – die nahmen mich da überhaupt nicht ernst. Aber sie würden versuchen, einen verantwortlichen Redakteur zu finden, der sich meiner annähme.
Seitdem warte ich auf einen Anruf.
Aufgaben:
Analysieren Sie den Realitätsverlust des Patienten unter besonderer Berücksichtigung seiner Selbsteinschätzung.
Interpretieren Sie sein Verhältnis zu den Frauen, die er hier beschreibt.
Entwerfen Sie einen Plan für ein  erstes Therapiegespräch.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (31.10.19)
"+ Fernsehen" verstehe ich nicht, ergibt auch im Kontext keinen Sinn.

Gebetsmühle: Sätze beendet man mit einem Satzpunkt.

Kommentar geändert am 31.10.2019 um 14:41 Uhr
Cora (29) meinte dazu am 31.10.19:
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 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 01.11.19:
Danke, das ist lieb.
Sin (55)
(31.10.19)
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 AchterZwerg (31.10.19)
Gern singe ich hier mit Sin im Kanon.
Außerdem mag ich Erdmännchen eh gut leiden. Sie stehen auf meiner Favoritenliste unter der No 2, gleich nach den Nashörnern.
Hypochonder liebe ich auch - nur nicht zu oft.

Kurzum: Äscht nätt! :)

 eiskimo schrieb daraufhin am 31.10.19:
Danke, auch für Deine kleine Reise durch die Tierwelt. Ich bin Fan des gemeinen Feldhamsters.
Hypochonder sind so besitzergreifend und verlangen mir zu viel Zuhören.
Jetzt gehe ich mal an die Interpretationsaufgabe, nur so zum Spaß.
Ciao
Eiskimo

 FrankReich (31.10.19)
Pretzel logic!!! :D

Ciao, Frank

 eiskimo äußerte darauf am 31.10.19:
Aber wenn dieser Patient jetzt afrikanisches Fleckfieber bekommt und halb gelähmt im Bett liegt in Erdmännchen-Position, dann staunt ihr!
Und Leuten vom Fernsehen, denen ist alles zuzutrauen.
besorgt grüßt
Eiskimo

 AchterZwerg ergänzte dazu am 01.11.19:


Lügenfernsehen!
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