Ohne Moral

Fabel zum Thema Moral

von  EkkehartMittelberg

Eine Fliege hatte sich im Netz einer Spinne verfangen. Doch bevor sie sich dem Tod ergab, wollte sie versuchen, das Herz der Spinne zu erweichen. Also bat sie diese: „Lass mich frei um Gottes Lohn.“ Darauf antwortete die Spinne: „Ich glaube nicht an Gott. Deswegen ist mir sein Lohn zu ungewiss. Hast du kein besseres Argument?“ Trostlos klagte die Fliege: „Erbarme dich meiner Kinder, die ohne mich verhungern müssen.“ Ungerührt erwiderte die Spinne: „Ich wollte mein Leben lang Kinder, die mir dein Gott verweigert hat. Also hast du es bis jetzt besser gelebt als ich. Es wäre nicht ungerecht, wenn ich dem ein Ende bereite.“ Die verzweifelte Fliege versuchte noch einmal die Spinne umzustimmen: „Gönne dir das schöne Gefühl, das die gute Tat meiner Befreiung in dir auslöst.“ Darauf entgegnete die Spinne: “Ich habe noch nie das schöne Gefühl einer guten Tat verspürt, aber ich weiß, wie angenehm es ist, meinen Hunger zu stillen. Der Worte sind genug gewechselt.“ Darauf fraß sie die Fliege.

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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (12.01.21)
Genau.

"Erst kommt das Fressen, dann die Moral."

Brechtistische Grüße
Piccola

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 12.01.21:
Merci, Piccola, Moral ist dann gut, wenn man sie sich leisten kann.
Liebe Grüße vom guten Menschen von Sezuan
Hilde (62)
(12.01.21)
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 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 12.01.21:
Merci, Hilde, die schlachthofgezüchteten Schweine sind ein einprägsames Beispiel für das morallose Fressen und Gefressen werden.
Liebe Grüße
Ekki

 indikatrix (12.01.21)
und die Fliege hatte Covid und die verfressene Spinne ...
LG Indikatrix

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 12.01.21:
....erfand eine neue Methode der Seuchennbekämpfung. :D
Grazie Indikatrix

 Graeculus (12.01.21)
In dieser Notlage darf auch gerne einmal geheuchelt werden. Eine Fliege, die sich um ihre Jungen kümmert!
Amüsant mit Tiefgang.

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 12.01.21:
Gracias, Graeculus, für viele ist Moral wohlfeil, in der Not keinen Pfifferling wert.
greto (53)
(12.01.21)
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 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 12.01.21:
Stiimmt, Greto, das ist besonders praktisch bei den Kindern von Eintagsfliegen. Da müssen die Spinnen nur bis zum Abend warten.

 harzgebirgler (12.01.21)
moralapostel, tugendwächter
ernten heute meist gelächter
insgeheim zumindest gerne
denn so ist sie die moderne
voll vernetzte neue welt
der das auf die nerven fällt.

lg
henning

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 12.01.21:
Thanx, Henning, so ist es: Jene, de Moral beschützen, wollen öfter sich nur nützen.
LG
Ekki
Stelzie (55)
(12.01.21)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 12.01.21:
Merci, Kerstin, wahrscheinlich bist du einverstanden, wenn ich ergänze, dass verstehen nicht billigen heißen muss.
Liebe Grüße
Ekki

 Moja (12.01.21)
Gegen die wahre Natur, lieber Ekki, kommt nicht mal die Moral an.
Ich ahnte es schon, es musste ja bös' ausgehen für das arme Fliegengetier.

Fliegende Grüße,
Moja

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 12.01.21:
Merci, Moja, die Natur ist brutal und wenn sie sich ihr Recht nimmt, verachtet sie die vermeintlich schwache Moral.
Liebe Grüße
Ekki

 Jedermann (12.01.21)
Vielleicht hätte die Fliege wie die Maus dem Löwen gegenüber darauf verweisen sollen, dass sie eines Tages der Spinne helfen könne! :)
Nun belehrt die moderne Fabel durch die Schlusspointe und braucht keine abschließende Beurteilung der Geschichte!?

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 12.01.21:
Gracias Jedermann, ich würde nicht in jedem Falle auf eine Lehre verzichten.. In diesem Falle funktioniert es, wie zum Beispiel der Kommentar von Piccola zeigt.

 Terminator (12.01.21)
Mit den Worten "Du bist eine widerliche seelenlose Fliege, und ich habe keinen moralischen Grund, dich freizulassen, aber mir ekelt vor deiner Erbärmlichkeit, na los, hau ab", hätte ich als Fabelspinne Erbarmen gezeigt.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 12.01.21:
Merci, Terminator, ein sehr interessanter Kommentar. Hätte die Spinne so gesprochen, dann hätte sie sich mit Moral befasst. Meine Spinne sollte von Grund auf ohne Moral sein.

 Terminator meinte dazu am 13.01.21:
Aber ist das denn schon Moral, wenn man aus einer Position der Schwäche an die Moral anderer appelliert? Ich sehe die Fliege in deiner Fabel als genauso amoralisch wie die Spinne, jedenfalls sehe ich nicht, wo bei der Fabelfliege die Moral sein soll.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.01.21:
Hallo Jack, du kapierst doch sonst immer schnell. Die Überschrift lautet: "Ohne Moral". Habe ich irgendwo gesagt, dass sie für die Fliege nicht gilt?

 Terminator meinte dazu am 13.01.21:
Das Problem mit der Argumentation der Fabelfliege ist, dass sie aus moralischen oder paramoralischen Appellen besteht. Wenn "Ohne Moral" im Sinne von "In einer Welt ohne Moral" gemeint ist, dann sollte die Fliege die Spinne überzeugen, dass ihre Freilassung der Spinne selbst nützen würde, z. B. "Friss mich nicht, ich bin giftig" oder "Lass mich frei und ich locke 10 andere Fliegen in dein Netz!"

 Didi.Costaire (12.01.21)
Die Moral von dieser Fabel:
Spinnen brauchen keine Gabel.

Liebe Grüße,
Dirk

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 12.01.21:
Grazie, Didi. Und die Moral von der Geschicht: Sie brauchen auch kein Messer nicht.

Antwort geändert am 12.01.2021 um 22:03 Uhr

 TassoTuwas (12.01.21)
Hallo Ekki,
erst kommt das Fressen und dann die Moral!
Hatte die Spinne Hunger oder war sie ein Querdenker?
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 12.01.21:
Gracias, eine Frage der Interpretation, Tasso. Ich habe sie mir einfach nur ichbezogen, ihren Trieben gehorchend vorgestellt.
Herzliche Grüße
Ekki
Sätzer (77)
(13.01.21)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.01.21:
Merci, Uwe. Genau das soll die Fabel aussagen.
LG
Ekki

 AZU20 (13.01.21)
Ja, die Fliege hatte von Anfang an keine Chance. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.01.21:
Merci, Armin,auch Fliegen wollen leben.
LG
Ekki
wa Bash (47)
(13.01.21)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.01.21:
hallo wa Bash, es freut mich, dass dir die Fabel gefällt. Den Protest der Fliege ignorieren wir einfach. :)
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