Im kühlen Wiesengrund

Im kühlen Wiesengrund  (Villon gewidmet)

Ich ging mit ihr im kühlen Wiesengrund

spazieren, küsste sie auf ihren Mund,

versprach ihr mutig, Mond und Sterne

vom Himmel kühn herabzupflücken,

um ihren Liebreiz zu entzücken.

Ein Glockenläuten aus der Ferne

erteilte uns den Abendsegen.

Ich bat sie, sich ins Moos zu legen.

Ich sah, wie sie im kühlen Wiesengrund

ins Gras herabsank, und im weiten Rund

der sanften baumbestand’nen Hügel,

Gesang von Nachtigallen schluchzend

tönte, derweil ich vor Vergnügen juchzend

mich auf sie warf ganz ohne Flügel.

Beim süßen Duft der Kletterrosen

befreit’ ich sie von ihren Hosen.

Und als wir nackt im kühlen Wiesengrund

am Ende aufeinander lagen und

manch stürmisch Stoßgebet zum Himmel

sandten, als wir uns küssten, liebten,

so dass vor Lust die Funken stiebten,

da sahen wir den edlen Schimmel,

der dort am Waldrand heftig schnaubte,

nachdem ich ihr die Unschuld raubte.

So lagen wir im kühlen Wiesengrund

nah beieinander noch so manche Stund’

und wurden eins mit Licht und Schatten.

Als ich bewundernd auf sie blickte,

die mich zum siebten Himmel schickte

auf weichen, grünen Kräutermatten,

sah ich sie zittern, sah sie beben,

entzünden sich am wahren Leben.

So träumte ich im kühlen Wiesengrund,

dass ewig unser heißer Liebesbund,

ließ mich von Evas Apfel gern betören.

Dort, wo in Leidenschaft verfangen,

wir stöhnend mit den Vögeln sangen,

da konnte ich sie flüstern hören:

Lass schnell mich in die Kleider schlupfen,

sonst hol’ ich mir noch einen Schnupfen.