Angst vor der Leere

Persiflage zum Thema Sinn/ Sinnlosigkeit

von  loslosch

Horror vacui. Die Angst vor der Leere. Schon Aristoteles sinnierte im 4. Jh. v. Chr. darüber und sah eine besondere Kraft am Werk. Spätestens seit 1654 überholtes Physikverständnis. Kräfte am Werk? Ja, doch! Journalisten füllen leere Zeitungsflächen mit Firlefanz, unerfahrene Maler pinseln in freien Flächen herum. Andere dulden keine freien Flächen (belegte Tischplatten, Kommoden, Fensterbretter, Sitzflächen, Liegeflächen, Bodenflächen). Die wenigsten rufen: Hilfe, ich habe einen Sammelzwang! Die moderne (hier: zweidimensionale) Version des Horror vacui.

Otto von Guericke wies übrigens 1654 mit der von ihm entwickelten Vakuumtechnik experimentell nach, dass allein der von außen wirkende Luftdruck zwei Kugelhälften zusammenhält, deren Inhalt annähernd luftleer gemacht worden war. Eine alte (physikalische) Sinnkrise war gelöst. Später folgten die oben erwähnten kopfgesteuerten zweidimensionalen.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 Bergmann (08.08.11)
Horror vacui:
Da ist das leere Blatt Papier für den Schreiber und die leere Leinwand für den Maler am bekanntesten. Ich denke, das ist eine sehr konstruierte Vorstellung und meint bildhaft nur Schreibkrisen und Malkrisen.
Bedeutender ist für mich, was Goethe im WERTHER sagt: Die meisten wissen nichts anzufangen mit ihrer Freiheit (und Freizeit) - und so wird für viele die Ferienzeit zum Horror; das gilt auch für Lehrer, die so zwanghaft verreisen... Ich kenne mich da aus. Nicht jeder ist ein berufener (Lebens-)Künstler, auch der Künstler ist nicht immer Künstler und nicht 24 Stunden lang berufen... Das Problem betrifft uns alle.
Lösung: Die Leere anerkennen, ertragen, als Kunst sehen lernen... und umgekehrt: Aktionismus als Leere erkennen... Teuflisches Vexierspiel des Lebens.
t. t. Ulius
(Kommentar korrigiert am 08.08.2011)

 loslosch meinte dazu am 08.08.11:
freundliche, mich ablenkende, dennoch stimmige verallgemeinerung, uli. mit "aktionismus als leere anerkennen" erreichst du wieder den ausgangspunkt meines textes. danke für das vexierspiel. lothar

 Theseusel antwortete darauf am 08.08.11:
*g* ... (Kommentar nicht geschrieben)
magenta (65)
(08.08.11)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Irma schrieb daraufhin am 08.08.11:
Horor vacui tritt sicherlich dann besonders deutlich zutage, wenn ein Ding zunächst voll war, dann aber stetig leerer wurde ... ein menschliches Herz zum Beispiel.

Das ist ein wahrlich weiser Satz, Magenta. Was nie da war, kann man nicht verlieren. Die schmerzliche Leere des Verlustes ist wohl das am schwersten zu ertragende Nichts. LG BirmchenIrmchen

 loslosch äußerte darauf am 08.08.11:
@heidrun: wenn ein herz leerer wird ... eine andere herangehensweise, nach einer enttäuschung. der mit einer neurose konfrontierte erlebt "enttäuschung" auch als eigene befreiung. schwieriges thema. @BI: wieder eine andere lebenssituation mit erlebtem horror vacui. auch das ist interpretierbar, je nach eigener wahrnehmung. danke euch beiden. lothar

 Lluviagata (08.08.11)
Ich kenne diesen Horror. Sonst wäre ich nicht hier.

Aus dem Vollen schöpfen kann ich trotzdem, aus mir und der Natur an sich.

Mein persönlicher horror vacui befindet sich hinter der Schwelle, die man am Schluss übertreten muss ...

Danke für den Anstoß, einmal mehr über die Arten der Leere nachzudenken!

Lulu ♥

 loslosch ergänzte dazu am 08.08.11:
der tief gläubige lebt etwas länger als die anderen, erwartet hoffnungsfroh das jenseits, zögert jedoch - ungewollt - diesen schritt etwas hinaus. danke für die einschätzung. lothar

 Theseusel (08.08.11)
:) ...nenne Ursachen für das Schreiben:

1.) Horror vacui macht Poesie
2.) Dichtung ist die Verhaftung des Flüchtigen
3.) Die Fliehkraft (vor) der Leere resultiert aus des Masse des Nichts

fand ich doch noch irgendwo flüchtige Gedanken, um sie in Dein Vakuum zu stopfen ... oder ist es doch anders herum?;)

4.) Des Pudels Kern muss ein schwarzes Loch sein

 loslosch meinte dazu am 08.08.11:
du solltst das etwas ausformulieren, als eigenen text posten und einen link nach hierhin legen, theseus. ein ernst gemeinter vorschlag. merci. lothar

 EkkehartMittelberg (08.08.11)
Ein neuer Aspekt wäre der Horror vacui des Atheisten. Er hat nichts, worauf er seine Hoffnungen gründen könnte, außer sich selbst treu zu bleiben.
Ekki

 loslosch meinte dazu am 08.08.11:
verschmitzt! als wäre "sich selbst treu bleiben" nicht etwas ganz besonderes und tugendhaftes dazu, ekki. danke dir. lothar
RobertaRupp (48)
(08.08.11)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 loslosch meinte dazu am 08.08.11:
kennt du jenes wortspiel, roberta: der bundestag ist mal voller, mal leerer, aber immer voller lehrer? :) lothar
Jack (33)
(08.08.11)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 loslosch meinte dazu am 08.08.11:
1 atom pro kbm. ist das die durchschnittsrechnung moderner astrophysik, jack? kant wird es nicht gewusst haben, oder? KI ist, ungegoogelt, künstliche intelligenz. und hier? lothar
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram