O felix culpa

Persiflage zum Thema Schuld

von  loslosch

O glückliche Schuld! Das volle Zitat (aus der Osternacht-Messe): O certe necessarium Adamae peccatum, quod Christi morte deletum est! O felix culpa, quae talum ac tantum meruit habere Redemptorem! - O wahrlich notwendige Schuld Adams, die durch Christi Tod getilgt worden ist! O glückliche Schuld, die verdient hat, einen solchen, ja so großen Erlöser zu haben!

Der Sünder befindet sich nach der Vergebung in einem glücklicheren Zustand als vor der Sünde.

O felix culpa. Ei der Daus! Nach der Vergebung sich besser fühlen als  v o r  der sündigen Tat. Diese Vorstellung hat etwas Irritierendes, Faszinierendes. Logisch zu Ende gedacht, könnte es bedeuten: Sündige erst einmal, nach dem "ego te absolvo" erlangst du dann ein beglückendes Gefühl, das stärker ist als jedes Empfinden eines a priori sündenfreien Lebens.

So soll es nicht gemeint sein. Eine eher psychologisierende Betrachtung, keine planvoll betriebene Sündentätigkeit. Ähnlich wie im Gleichnis vom verlorenen Sohn. Sonst könnte man ja die Rolle des verlorenen Sohnes ergebnisorientiert und erwartungsfroh einnehmen.

Das Bild erscheint stimmig: Bricht etwa ein Häftling aus einer Vollzugsanstalt aus und wird später nach mehreren Notzuchtdelikten gefasst, so fühlt er sich nach gewissenhafter Prüfung und reumütig abgelegter umfassender Beichte besser als vor dem persönlichen Sündenfall.

Der physische "Leidensdruck" ist niedriger als vor dem Gefängnisausbruch. Ganz bestimmt.

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Kommentare zu diesem Text


 Lluviagata (17.10.11)
Nunja. Da will ich mich mal trauen:
Auf dein unrühmliches Beispiel eingehend möchte ich sagen: Viele Häftlinge pflegen diese Tradition, sich im Knast bekehren zu lassen. Die wenigsten davon sind des Lateinischen mächtig oder aber sie beten es dem geweihten oder ungeweihten Vorredner nach, wie so viele anderen Gläubigen es tun, will nicht sagen, alle. Zum Glück. Gewiss aber fühlt sich der Häftling nach seiner anschließenden Beichte leichter. (Das tun auch kleine Mädchen, die ihrer Puppe den Kopf abgerissen haben, weil die nicht sprechen wollte.) Hätte er sich da erst die Messe lesen lassen müssen?
Zum Glück, mein Lieber, zum Glück ist auch dieser Spruch Auslegungssache. Was wir Gläubigen oder Ungläubigen davon ableiten wollen oder können, ist immer der eigenen Wesensart und dem daraus resultierenden Gewissen zuzuschreiben. Hauptsache, der Schlaf ist tief und fest. Und bleibt es.
Grüezi!
Lu ♥
(Kommentar korrigiert am 17.10.2011)

 loslosch meinte dazu am 17.10.11:
dass kleine mädchen schon sooo grausam sein können - und das mit unschuldsmiene. schlimm ...

ich finde, der tief und fest sitzende schlaf wird durch solche österlichen sprüche noch beflügelt. danke dir, andrea. lothar

 EkkehartMittelberg (17.10.11)
Kann man sich nach einer sündhaften Tat glücklicher fühlen als davor. Ich versuche, deine psychologische Deutung noch etwas zu vertiefen, Lothar. Es gibt Handlungen, zu denen sich der Täter durch seine Triebe gedrängt fühlt. Er begeht sie wie unter einem Zwang und fühlt sich nicht glücklich, solange der Trieb drängt, obwohl er weiß, dass die Tat verboten ist. Nach der Tat fühlt er sich (zumindest eine Zeitlang) von dem Triebstau befreit und wenn ihm dann die Tat noch vergeben wird, fühlt er sich glücklicher als vor der Tat.
Ekki

 loslosch antwortete darauf am 17.10.11:
eine theologen-debatte unter gestandenen nicht-theologen.

lass sie nur kommen, ekki. wir sind gewappnet. merci lothar
ichbinelvis1951 (64) schrieb daraufhin am 20.10.11:
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 loslosch äußerte darauf am 20.10.11:
diese kerbtiere schlägt auch der herr pfarrer tot, selbst wenn sie auf der nackten haut der haushälterin kauern. lo
AronManfeld (43)
(17.10.11)
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 loslosch ergänzte dazu am 17.10.11:
jetzt muss ich auf der hut sein, dass du mich nicht hereinlegst. lo

 Lluviagata meinte dazu am 17.10.11:
Sieht net aus wie 'ne Falle. :-&

 loslosch meinte dazu am 17.10.11:
... schon dieser angelegte daumen!
AronManfeld (43) meinte dazu am 17.10.11:
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 loslosch meinte dazu am 17.10.11:
da iss noch leben in der bude, wa?

 Bergmann (20.10.11)
Hinter dem Gedanken steckt (auch) der Brückenschlag AT > NT bis hin zu dem Bezug zum Paradies: Unbewusstes Glück ist gott-loses Glück. Indem sich Gott offenbart, erhalten Adam und Eva ebenbildliche Freiheit zu handeln, zu wählen zwischen Gut und Böse: Moral. Das Böse (Luther: der Teufel) konstituiert im dualen Mit- und Gegeneinander moralisches Handeln, das gottgemäß sein soll (Gott gibt die Moral vor, aber welche in concreto?)...

Die Sünden- oder Schuldfähigkeit des Menschen steht unzweifelhaft fest; sie wird hier elegant eingebunden in ein theologisch in sich stimmiges Denkgebäude. Den Begriff der Erbsünde, der sich philosophisch und frei von allen Gedanken an das Weltgericht formulieren ließe, lasse ich hier beiseite.

Im Verlauf der Geschichte wurde aus dem jüdischen Monotheismus im Christentum zunächst Vater und Sohn, der sich (im NT) opfert (vgl. AT: Abraham und Isaac), dann kommt der heilige Geist dazu, später Maria (vielleicht die beste Erscheinung auf dem Weg zum christlichen Polytheismus), und die vielen Heiligen und Päpste, bis hinunter zum Pfarrer und Ministranten.
Der Text der Messe bedient eine theologische Konstruktion. Die Naivität, mit der insbesondere fromme Katholiken eine solche Theologie glauben können, steht in einem faszinierenden Widerspruch zu der kanonischen Kirchenwirklichkeit in Sachen Glaube und seine Umsetzung in moralische Realität.
So kritisch ich diese Theologie sehe (die teilweise ihre Entsprechungen in den protestantischen Kirchen hat), so sehr schätze ich sie als prämoderne Mythologie, die bis auf den heutigen Tag ästhetisch wirkt (z. B. der Malerpriester Herbert Falken).

 loslosch meinte dazu am 20.10.11:
lieber uli, du könntest fast aus dem stand ein kath. prieserseminar leiten, müsstest allerdings bereit sein zum sacrificium intellectus. darüber morgen mehr. t.t. lothar

 Bergmann meinte dazu am 20.10.11:
Ich will ausnahmsweise bei dieser Gelegenheit mitteilen, dass ich examinierter Theologe bin, ich gab über 15 Jahre lang (ev.) Religionsunterricht bis zum Abitur einschließlich. Mein Kommentar ist natürlich nur eine sehr kurz gefasste Darstellung eines Sachverhalts, der ziemlich komplex ist und, da Theologie sich permanent wandelt, auch nicht abgeschlossen ist, von Rom abgesehen.
Ich bin nie gläubig gewesen, immer aber an Religion interessiert. Ich sehe die Religion(sgeschichte) wie die Kunst(geschichte) - als spannende Sache, als art work in progress...
Bin gespannt aufs sacrificium intellectus.
T. T. ULIUS
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