Wie eine Entschuldigung (normalerweise) wirkt

Groteske zum Thema Schuld

von  loslosch

Humanum ignoscere est (Plautus, ~254 v. Chr. bis ~184 v. Chr.; Mercator). Zu verzeihen ist menschlich.

Ja. Darauf baut die Entschuldigung, sie setzt sogar darauf. Als im Sommer 2013 aufgrund der Unterbesetzung des Stellwerks das Chaos auf dem Mainzer Hauptbahnhof öffentlich wurde, sogar die Politik - vom Bürgermeister bis zur Ministerpräsidentin - sich einschaltete, tat das dem Medieninteresse keinen Abbruch, eher im Gegenteil. Dann sprach Bahnchef Rüdiger Grube (geb. 1951) die Worte: "Ich entschuldige mich ausdrücklich für die entstandenen Probleme." Die Zugausfälle seien "eine große Blamage für die Bahn." Und schon war die Luft aus dem Karton.

Demuts- und Unterwerfungsgesten können Wunder wirken. Auch und gerade vor Gericht, wenn der Täter spricht: "Es tut mir unendlich leid. Ich erkenne mich nicht wieder." Und dann hinzufügt: "Ich weiß, durch diese Entschuldigung kann ich das Opfer nicht wieder lebendig machen."

Jetzt greift das Wort des Plautus: "Zu verzeihen ist menschlich."

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (31.08.13)
Ja, verzeihen ist menschlich. Verzeihen ist aber auch wie der Mensch: immer wieder schwierig...

 loslosch meinte dazu am 31.08.13:
die entschuldigung soll den kritiker mundtot machen. in der redewendung "entschuldigung, das habe ich nie gesagt" ist sie sogar eine waffe.

 niemand antwortete darauf am 31.08.13:
Ich glaube nicht an ein Verzeihen, und wenn dann nur in leichteren Fällen. Jedes mit vollem Bewußtsein vollbrachte
Verbrechen ist unverzeihbar und mir dünkt eher, der Verzeihende steht unter dem Druck der gesellschaftlichen Normen, wenn er solches "verzeiht". Ein solcher hat wohl mehr Angst, man könnte ihn für unmenschlich erklären, täte er es nicht. Es gibt Taten die sind und bleiben unverzeihbar. Diese kann man vielleicht verdrängen/vergessen, aber verzeihen ... nein.
Einem Verbrecher könnte ich nur eines sagen: Geh zu Gott, vielleicht verzeiht der dir (der hätte es auch leichter, da er
die Folgen eines Verbrechens nicht erdulden musste.)
LG Irene

 loslosch schrieb daraufhin am 31.08.13:
mutige worte? nein. jesus am kreuz sprach, zugleich als innerer monolog, die letzten worte:
 Vater, vergib ihnen ... lo

ps: wer mal "gut katholisch" war, weiß das.

 niemand äußerte darauf am 31.08.13:
Ich pfeife auf "mutig" - das ist meine ehrliche Meinung.
LG Irene

 niemand ergänzte dazu am 31.08.13:
Bei "Vater vergib ihnen" bleibt es übrigens nicht stehen, sondern geht weiter mit "denn sie wissen nicht was sie tun". Die meisten Verbrecher wissen genau was sie tun,
sie wissen es zu genau. Wieso sollte man ihnen also vergeben? Auf solches Gesülze falle ich nicht rein.

 loslosch meinte dazu am 31.08.13:
ich wollte zeigen, dass diese haltung eine urkatholische (und richtige) ist. die popen flüstern einem ständig ein, der mensch müsse verzeihen. bei weniger bedeutendem ist das nachvollziehbar. aber sonst? die sollten lieber beten lassen: "herr, verzeihe ihm/ihr. ich kann es nicht!"

aber es stimmt: viele sind anderer meinung.

 loslosch meinte dazu am 31.08.13:
überschnitten.

ja, die wissen sehr genau, was sie tun. jesu worte - ob er sie je so gesprochen hat? - waren für die galerie gesprochen.

 Fuchsiberlin (31.08.13)
Zu verzeihen ist wahrlich menschlich, dennoch nicht immer einfach, manchmal sogar sehr schwierig. Eine Entschuldigung dagegen sollte ernst gemeint sein, und nicht als hingeworfene Höflichkeitsfloskel daherkommen.

Dein Text regt zum Nachdenken an.

Liebe Grüße
Jörg

 loslosch meinte dazu am 31.08.13:
die entschuldigung ist immer mehr zur taktischen finesse verkommen! lo

 EkkehartMittelberg (31.08.13)
Wenn man eine Entschuldigung annimmt, riskiert man, dass sie nicht ernst gemeint war. Aber wir koennten nicht friedlich mit einander leben, wenn man dieses Risiko nicht eingeht.

 loslosch meinte dazu am 31.08.13:
aus dem www!

es ist im einzelfall eine schwierige entscheidung. prinzipiell gebe ich dir recht bei nicht gravierenden fällen. bei schwerer körperverletzung (auch ohne todesfolge) würde ich vor gericht die bitte um verzeihung bestenfalls reglos passieren lassen. eine frage des naturells?
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