Zwischen Seil und Tannenbaum, Eck 15

Bild zum Thema Andere Welten

von  Fuchsiberlin

Vergangenes und Gegenwärtiges streiten sich in seinem Kopf.
Wo befindet sich nur der Friedhof?
Er sucht ein offenes Grab, in dem die Stille den (gewollten) Verlust begrüßt.
Angehörige sind tot. Wer also bezahlt den Grabstein?
Der Stein, der alles überlebt.
Auf dem manchmal das letzte liebevolle Wort steht.

Das anonyme Begräbnis kennt keinen Grabstein.
Wiese. Eck fünfzehn, Grashalmreihe acht, verbeamteter Baum zwei.
Sterne strahlen logischerweise auch über Gräber. Gratis.
Egal wie chaotisch die Nachbarschaft dort ausschaut.

Er sucht im Leben nach Informationen.
Und manchmal flüchtet er vor ihnen. Wenn er sie fand.
Irgendwann erschießt er sich beim Wegrennen. Kopfkaliber.

In einem Nachbarhaus befindet sich über dem Kamin ein Baum.
Am Seil erhängt. Ein Tannenbaum.
Frohe Weihnachten!
Bäume erzählen ihm auch nicht, warum er ohne ein gedankliches Morgen lebt.
Die Reinkarnation erweist sich eh als Verrat am Leben.
Er glaubt nicht an die sieben Leben der Zwerge vor dem jetzigen.

Bilder von der Wand starren ihn leblos an.
Er hängt sie ab, wirft sie aus dem Fenster, entkleidet damit die Wand.
Das Bücherregal wird zertrümmert. Die Bücher verschenkt er.
An jene, die das Lesen noch als Geschenk ansehen.

Zwischen den Streithähnen in seinem Kopf schleicht sich die Verzweiflung. Sie frohlockt siegessicher.
Am Seil hängt manchmal ein Kopf, ein Mensch.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (13.10.14)
Bildstärker lässt sich Verzweiflung wohl nicht ausdrücken. Ihre Beschreibung wird nicht gern gelesen, geschweige denn positiv bewertet. Schade, denn der wirkliche Literaturfreund müsste doch wissen, dass die Wahl des Themas noch nichts über die poetische Qualität aussagt.

Liebe Grüße
Ekki

 Fuchsiberlin meinte dazu am 14.10.14:
Es war ein Versuch, Verzweifelung in bildhafte Worte auszudrücken. Eine Verzweiflung, gegen die man ankämpfen muß, weil man sonst unterzugehen droht. Im Leben. Es freut mich, dass es mir wohl gelang diese Verzweiflung in Worten wieder zu geben, so dass sie dementsprechend auch gedanklich und emotional im Text wahrgenommen wird. Eine Verzweiflung, unter der sehr viele Menschen leiden.

Ich danke Dir.

Liebe Grüße
Jörg
Mondscheinsonate (39)
(24.10.14)
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 Fuchsiberlin antwortete darauf am 28.10.14:
Oh einen "Friedhof der Namenslosen", woher hat dieser letzte Ort der Lebenden seinen Namen? Es gibt wirklich wunderschöne und total romantische Friedhöfe.

Ich danke Dir.

Liebe Grüße
Jörg
Mondscheinsonate (39) schrieb daraufhin am 28.10.14:
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