Der Weg zum Glück

Fabel zum Thema Glück

von  EkkehartMittelberg

Auf einem Philosophen-Kongress wurde darüber diskutiert, welcher Weg zum Glück besonders empfehlenswert sei.
Das Veilchen fasste sich ein Herz und sagte: “Man lerne früh bedürfnislos und bescheiden zu sein. So wird man auch in harten Zeiten sein Auskommen finden und mit dem zufrieden sein, was man sich mit ehrlicher Arbeit erwirbt.“
„Das ist Sklavenmoral“, lachte die Sonnenblume. “Lerne überall deinen Vorteil wahrzunehmen, so wächst du über andere hinaus, kannst dir jederzeit deine Wünsche erfüllen und glücklich sein.“
Die Wegwarte, die in ihrem Leben viel gesehen hatte, zog die selbstbewusste Aussage in Frage: „Du kommst mir vor wie jemand, der Wasser durch ein Sieb schüttet, verehrte Sonnenblume, denn kaum ist ein Bedürfnis gestillt, so meldet sich das nächste und deine Seele kommt nicht zur Ruhe,  weil du den Mitteln hinterherjagst, mit denen du deine Bedürfnisse stillen willst.“
Der stolze Rittersporn dachte ähnlich wie die Sonnenblume und entgegnete der Wegwarte. „Dein Hinweis klingt weise, ist mir aber zu genügsam. Das Glück ist eine Frage der Konsequenz.  Ich muss lernen, so tüchtig zu sein, dass ich meine Leute habe, die ständig Wasser durch das Sieb schütten oder besser Wein. Dann werden meine Bedürfnisse stets gestillt. Der Rittersporn hat gut reden, dachten sich die meisten Blumen. Wer ist zu dieser Konsequenz schon fähig? Deswegen herrschte längere Zeit betretenes Schweigen.
Doch dann meldete sich der Glücksklee zu Wort: „Ich möchte diese Diskussion keineswegs beenden, liebe Freunde. Wir werden sicher noch Empfehlungen hören, die mancher gerne übernimmt. Aber eines schickt sich nicht für alle. Es gibt ihn nicht, den für alle besonders empfehlenswerten Weg zum Glück, denn Glück ist sehr individuell und jeder muss den Weg finden, der seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten entspricht. Es führen viele Wege zum Glück “


Anmerkung von EkkehartMittelberg:

Der kritische Erzähler muss sich in modernen Fabeln nicht mehr tarnen und an Stelle von Menschen Tiere, Pflanzen oder Dinge einsetzen. Mit ihnen, die für Typen stehen, lesen sich Fabeln aber interessanter.

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Kommentare zu diesem Text


 Habakuk (16.12.18)
Es gibt eine schöne Geschichte zu dem Thema:
Glück oder Unglück? Wer weiß das schon. Ein alter Mann und sein Sohn bestellten gemeinsam ihren kleinen Hof. Sie hatten nur ein Pferd, das den Pflug zog. Eines Tages lief das Pferd fort. „Wie schrecklich!“ sagten die Nachbarn, „Welch ein Unglück.“ „Wer weiß, ob Glück oder Unglück“, erwiderte der alte Bauer. Eine Woche später kehrte das Pferd aus den Bergen zurück. Es brachte fünf wilde Pferde mit in den Stall. „Wie wunderbar!“ sagten die Nachbarn, „Welch ein Glück.“ „Glück oder Unglück? Wer weiß“, sagte der Alte. Am nächsten Morgen wollte der Sohn eines der wilden Pferde zähmen. Er stürzte und brach sich ein Bein. „Wie schrecklich!“ sagten die Nachbarn, „Welch ein Unglück!“ Der Bauer antwortet nur: „Glück oder Unglück?“ Drei Tage später kamen die Soldaten ins Dorf und holten alle jungen Männer in den Krieg. Den Sohn des Bauern konnten sie nicht brauchen. Er blieb als einziger verschont. Glück oder Unglück. Wer weiß das schon.
Will sagen, vllt. kann man Gllück oder Unglück erst vom Ende her beurteilen. Aber wer weiß das schon.

BG
H.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.12.18:
Merci, Habakuk. O ja, die Beurteilung vom Ende her zeigt manchmal, wie relativ Glück oder Unglück sind. Das bestätigt ja auch die von dir ausgewählte sinnreiche Geschichte.
BG
Ekki

Antwort geändert am 16.12.2018 um 13:26 Uhr
Piroschka (55)
(16.12.18)
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 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 16.12.18:
Hallo Petra,
du hast in meinem Sinne formuliert, "die Glück ohne Anspruch möglich macht.". Ich habe im Studium noch Philosophen kennengelernt, die darüber stritten, mit welchem tugendhaften Verhalten sich das Glück herbeizitieren ließe und es somit mit einem hohen Anspruch versahen. Sicher kann man sich Glück auch verdienen, aber manchmal kommt es auch ohne Verdienst und ist dann umso köstlicher. Man sollte es in jeder Form akzeptieren, die einen Menschen glücklich macht, sofern es nicht auf Kosten anderer geht.
Merci und liebe Grüße
Ekki

 GastIltis (16.12.18)
Ekki, das macht deine Erzählkunst aus. Sie ist gut zu verstehen, leicht zu lesen, verletzt niemand und besitzt dennoch die Kraft und die Güte mitzureißen, ohne dass jemand auf der Strecke bleibt. Es ist ein Genuss, sie zu erleben. Sie hebt sich aus dem Gewirr unlauterer News heraus, um zu zeigen, dass unsere Sprache mehr bietet, als abgehackte Fakes zu verstreuen. Es ist schön, dass es diese Kunst gibt. Herzliche Grüße von Gil.

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 16.12.18:
Grazie, lieber Gil, was kann man einem Autor Schöneres sagen, als dass seine Erzählungen anderen Freude machen. Ich bin auch froh darüber, dass du sie für verständlich hältst, denn das strebe ich an und hoffe, dass die Erzählungen nicht zu simpel sind.
Herzliche Grüße zurück
Ekki
Sätzer (77) äußerte darauf am 16.12.18:
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 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 16.12.18:
Merci, Uwe. Ja ist denn heute schon Weihnachten?
LG
Ekki
Sätzer (77) meinte dazu am 16.12.18:
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 AZU20 meinte dazu am 17.12.18:
Ja, mehr lässt sich dazu wirklich nicht sagen. Stimmt einfach. LG

 millefiori (16.12.18)
Lieber Ekki, uch habe sie sehr gerne gelesen diese kleine Geschichte über das Glück.
Das Glück, finden wir ganz alleine bei uns, in uns, sobald wir den Blick nach außen richten, verlieren wir den Fokus.

Wir sind der Maßstab unseres Glücks.

Liebe Grüße
millefiori

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.12.18:
Gratie, Millefiori, das ist richtig. Deshalb heißt es in der Fabel auch, dass das Glück individuell sei.
Liebe Grüße
Ekki

 TassoTuwas (17.12.18)
Hallo Ekki.
der Weg zum Glück hat seine Romantik verloren.
Es stimmt, jeder Mensch könnte seinen eigenen Weg zum Glück suchen, stattdessen führt er jede Woche Millionen in die Lottoannahmestelle!
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.12.18:
Ja, Tasso, grotesk, Eichendorffs Taugenichts spielt heute Lotto. Da hast du recht. Merci.
Herzliche Grüße
Ekki
Dieter Wal (58)
(17.12.18)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.12.18:
Hallo Dieter, vielen Dank für deine Belege, dass Glück das große Thema großer Philosophen ist. Ich bin jetzt gespannt auf das Buch von Ludwig Marcuse.
Durch Dunkelheit zum Licht ist ein schönes Motto.
Dieter Wal (58) meinte dazu am 17.12.18:
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