Begeisterung fürs Schreiben

Essay zum Thema Schreiben

von  EkkehartMittelberg

Der eine weiß, dass er existiert, wenn er denkt. Der andere spürt das Leben, wenn er es betrachtet.
Das gilt auch für mich, aber auf eines kann ich nicht verzichten. Ich brauche das Schreiben, um erfüllt zu leben.

Die letzten Ideen zu einem Text habe ich vor dem Einschlafen und die ersten kurz nach dem Aufwachen. Meistens bin ich dann zu müde, um sie zu durchdenken und ich lasse sie in mein Unterbewusstsein absinken. Sie melden sich aber zum Beispiel bei einer mechanischen Tätigkeit zurück und ich hänge ihnen eine Zeitlang nach. Danach schält sich mein Thema heraus und eine erste Vorstellung, wie ich es strukturieren will. Doch die Konturen sind noch zu verschwommen, als dass ich schon schreiben könnte. Ich schiebe alles in den Ofen meiner Einbildungskraft zurück und lasse es gären.

Dann stellt sich unterschiedlich schnell der Wille ein, dass ich jetzt schreiben muss. Die Vorstellung von Anfang, Verlauf und Ende hat sich geklärt. Wenn dieser Zeitpunkt erreicht ist, lasse ich alles andere liegen und schreibe. Manchmal entsteht dann ein kleines Werk in einem Rutsch. Doch öfter entdecke ich emotionale Unstimmigkeiten und logische Brüche, weil sich die Bilder, die ich beschreiben wollte, noch nicht abgeklärt hatten.

Nur selten kann ich die Unzulänglichkeiten sofort mit Willen aus der Welt schaffen. Ich muss den Torso ruhen lassen und auf einmal hat sich alles geklärt und wie von leichter Zauberhand kann ich die Brüche beseitigen.

Wenn dann die erste Fassung steht, beginnt die Arbeit am Detail. Ich sage mir, dass das, was mir selber klar ist, für meine Leser noch lange nicht einsichtig sein muss und feile an einzelnen Formulierungen, bis ich den Eindruck habe: Das liest sich leicht.

Mein Leser wird erkannt haben, dass mich das Schreiben den ganzen Tag beschäftigt, in bewussten und unbewussten Phasen. Ich empfinde es meistens als Vergnügen und nur selten als lästige Arbeit. Ich darf von mir sagen, dass ich ein begeisterter Schreiber bin.

Das könnte ausreichen, um die Frage, warum ich schreibe, zu beantworten: einfach deshalb, weil es Spaß macht. Und warum macht es Spaß? Weil man spürt, dass man bei dieser intensiven Tätigkeit mit allen Sinnen lebt und weil es Freude macht, durch positive Kommentare bestätigt und durch kritische herausgefordert zu werden. Ich schreibe, also bin ich.

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Kommentare zu diesem Text


 Didi.Costaire (29.05.19)
Es stecken viele Gedanken drin im schließlich Geschriebenen. Eine gute Sache, wie ich finde.
Liebe Grüße, Dirk

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 29.05.19:
Merci, Dirk, ich freue mich, dass es dir gefällt.. Ich bin neugierig darauf, wie das Schreiben bei dir abläuft.
Liebe Grüße
Ekki

 FrankReich (29.05.19)
Hallo Ekki,

Deine Erkenntnis "Ich brauche das Schreiben, um erfüllt zu leben." kann ich zwar nachvollziehen, doch ich denke, dass auch umgekehrt ein Schuh daraus wird, denn wenn ich nicht erfüllt, also bewusst leben würde, könnte ich auch nicht schreiben, und schon gar nicht erfüllt. Ich schreibe zwar schon seit meiner Jugendzeit, würde aber nicht behaupten wollen, dass es mich erfüllt hat, und den Grund vermute ich darin, dass mich auch mein Leben zu dem Zeitpunkt nicht erfüllte. Mittlerweile bedingt das eine das andere, ich lebe und ich schreibe gerne, weil beides mich erfüllt.

Ciao, Ralf

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 29.05.19:
danke Ralf, du hast recht. Man muss erfüllt oder sagen wir wenigstens bewegt leben, um schreiben zu können. Der Prozess, der Schreiben und Leben lebendig erhält , ist dialektisch.
LG
Ekki
Piroschki (57) schrieb daraufhin am 12.06.19:
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 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 13.06.19:
Merci, Petra, ein neuer Aspekt, den ich gut verstehen kann.
Liebe Grüße
Ekki
Nimbus† (45)
(29.05.19)
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 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 29.05.19:
Liebe Heike,
dafür schätze ich dich, für deine Spontaneität. Du hast schöne Beispiele dafür gefunden, wie sich in deinem Kopf assoziative Gedankenketten bilden, die dann sofort festgehalten werden müssen, damit das Pulverfass nicht zerspringt. Ich wollte mit meinem Essay provozieren, dass auch andere von ihrer Art zu schreiben berichten, Du bist dem authentisch und anregend nachgekommen. Vielen Dank..
Herzliche Grüße
Ekki

 TrekanBelluvitsh (29.05.19)
Kenne ich das? Teilweise. Was mir in deinem Essay jedoch fehlt, ist die Qual. Den Schreiben und das, was mich dazu treibt - zuletzt immer weniger - ist (auch) eine Qual.

 AchterZwerg meinte dazu am 29.05.19:
Dem stimme ich zu.
Das gilt wohl besonders für Lyrik: Dieses sichere Gefühlt, nicht alles herausgeholt zu haben ...

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 29.05.19:
Merci, lieber Trekan und liebe Heidrun, dieses Gefühl des Ungenügens kenne ich natürlich auch. Gerade deswegen gehe ich oft mit meinen Texten schwanger. Aber es quält mich nur selten. Eher löst es Unruhe in mir aus, bis ich eine Lösung gefunden habe.

 AchterZwerg (29.05.19)
LieberEkki,
deine systematische Vorgehensweise garantiert, dass am Ende ein lesbarer Text herauskommt. Nicht zwangsläufig ein guter, aber eben auch kein schlechter. Und allein das betrachte ich als Geschenk für die Leser.
Ich wundere mich oft, wie wenig Sorgfalt manche auf ihre Veröffentlichungen (!) verwenden. - Warum nicht ab und zu einfach mal die Fr...e halten? Warum x Texte am Tag produzieren - einer schlechter als der andere?
Ich selber mache es so, dass ich einen Erstentwurf (die Inspiration) sofort im PC ablege. Manchmal nur ein paar Worte, die ich lagern lasse.
Danach kommt es zu einigen Bearbeitungen. Manchmal wird noch nach Jahren etwas umgestellt. - Recht eigentlich ist ein Gedicht in den seltensten Fällen "fertig."

Letztendlich muss aber jeder selbst wissen, wie er vorgeht.

Der Glaube, dass die Welt auf unser aller Werk lauert, ist jedenfalls ein wenig überhöht. *hüstel

"Ich schreibe, also bin ich" unterschreibe ich gern.
Auch: "Ich denke erst nach, dann schreibe ich" oder
"Schreiben ist wie atmen" (Elsa).

Gern gelesen
der8.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 29.05.19:
Grazie, Liebe Heidrun, deine klugen Worte bestätigen mir wieder einmal, dass der Hang zur Selbstvergewisserung durch Schreiben auch gefährlich sein kann, wenn er in die Sucht zur Selbstbestätigung entartet. Denn dieser eitle Trieb ist es ja, der manche treibt, auf Teufel komm raus unausgegorene Texte in die Öffentlichkeit zu setzen. Aber so richtig unsere Erkenntnis ist, sie wird an deren Hang zur Selbstentblößung wohl nichts ändern.. Aber man sollte sich nicht täuschen: In jedem Autor steckt eine mehr oder weniger große Eitelkeit, die es gilt, wenigstens so lange zu zähmen, bis man den Text geprüft hat. Und mit ihm zu experimentieren macht ja auch Spaß, wenn man sich erst einmal darauf eingelassen hat. Dabei kann man freilich etwas hektisch werden. Dann ist Schreiben wie schnappatmen. :D
Beste Grüße
Ekki

 GastIltis (29.05.19)
Hallo Ekki, für einen Leser, wie ich es bin, der aus bestimmten Gründen nicht jeden Text bzw. die Texte jedes Autors (w/m) konsumiert, ist es ein Genuss, einen Einblick in die Verfahrensweise deiner Tätigkeit zu erlangen. Genuss = Gewinn wäre der bessere Begriff. Dabei sieht alles so einfach und spielerisch aus, so, als ob du einfach aus dem Vollen schöpfst. Und wahrscheinlich wird es auch so sein. Wer über einen reichen Schatz an Lebenserfahrung verfügt, dem fällt auch zu jedem noch so kleinen (oder auch großen) Problem eine passende Geschichte ein, die sich für Leser gestalten lässt, ohne das eigene Vergnügen, den eigenen Spaß am Schreiben zu vernachlässigen. Ein Text, der Freude macht, anspornt und, selbst für einen „Lyriker“, als den ich mich sehe, zu Überlegungen Anlass gibt. Herzlich grüßt dich Gil.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 29.05.19:
Vielen Dank, lieber Gil, es ist tatsächlich so, wie du sagst. die Erfahrung eines langen Lebens spielt einem Stoff für Geschichten zu, und es macht Spaß, über selbst Erlebtes zu schreiben.. Aber wirkliche Freude am Schreiben stellte sich bei mir erst nach langem Training ein, in dem ich bewusst übte, einen Stoff zu strukturieren. In dieser Phase, die recht lange dauerte, musste ich mich oft zur Räson rufen, weil ich nach Ablenkungen von dem damals für mich mühevollen Prozess des Nachdenkens suchte. Aber mit der Übung wurde das Denken und Strukturieren immer mehr zur Lust. Jetzt hoffe ich sehr, noch ein bisschen Zeit zu haben, bis mir Altersdebilität das Spiel verdirbt.
Mit herzlichen Grüßen zurück
Ekki

 monalisa (29.05.19)
Lieber Ekki,

es ist schön, dass du dich uns nicht nur durch deine 'fertigen' Texte mitteilst, sondern auch Einblick in den Entstehungsprozess gibst sowie deiner Begeisterung fürs Schreiben nachvollziehbar Ausdruck verleihst. Bei vielem kann ich nur nicken, da es bei mir ganz ähnlich abläuft. Schreiben ist für mich nicht nur kreativ und schöpferisch, sondern hat mir darüber hinaus schon oft geholfen, meine Gedanken zu strukturieren und Problemlösungen zu finden.

Liebe Grüße
mona

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 29.05.19:
Gracias, liebe Mona, ich vermute, dass es dir bei aller Freude am Schreiben auch manchmal so geht, dass du blockiert bist.
Zuweilen löst sich so eine Blockade bei mir von selbst, aber manchmal eben auch nicht. Dann versuche ich zu entdecken, was die Beweglichkeit meiner Fantasie einengt. Ich fand für mich heraus, dass mich traurige Vorfälle im Familien- oder Freundeskreis lähmen. Ich brauche dann Zeit, bis sich der Knoten löst und muss einfach geduldig sein. Wahrscheinlich kann man durch systematisches Nachdenken über die Auslöser von Kreativität solche Phasen der Einfallslosigkeit verkürzen. Das ist ein neues Thema und meine Gedanken fangen an, darum zu kreisen.
Liebe Grüße
Ekki
Sin (55)
(29.05.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 29.05.19:
Vielen Dank, lieber Sin. Mir geht es genauso wie dir. Ich kenne auch Phasen der Lähmung und solche, in denen ich nicht weiß, welchen Text ich zuerst schreiben soll. Auch meine Antwort war bisher, dass ich nicht weiß, warum das so ist. Ich fürchte aber, dass ich mich zu sehr von Ermunterung und Zuspruch oder vermeintlich destruktiver Kritik abhängig mache. Ich will lernen, mich weitgehend davon freizumachen. Vielleicht schätzt die Muse einen freien Geist mehr. Die Zukunft wird zeigen, ob die Vermutung stimmt.
Beste Grüße
Ekki

 LottaManguetti (29.05.19)
Schreiben erfüllt für jeden, der es tut, eine Aufgabe.
Deine Motivation kann ich nachempfinden. Und tatsächlich beginne ich gerade darüber nachzudenken, warum es aus mir herausschreibt. Kommentare sind es nicht, die mich motivieren, eher ein zusätzliches Gusto.
Ich schrieb schon, bevor es das Internet gab - für mich, meine Freunde, die Fa(n)milie ... Warum also schreibe ich meine Gedanken auf und fasse sie oft in Gerüste? Wie schon gesagt, ich überlege.
Danke für deine Gedanken dazu, Ekki.

Ein Gruß vonner Lotta

Kommentar geändert am 29.05.2019 um 09:55 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 29.05.19:
Merci, liebe lotta, das Wichtigste ist, dass du schon so lange schreibst und die Freude daran nicht verloren hast.. Vielleicht kannst du sie noch steigern, wenn du dir klar darüber wirst, was deine Motivation auslöst.
Beste Grüße
Ekki

 Dieter_Rotmund (29.05.19)
Quasi ein egozentrisches Autorenbild.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 29.05.19:
Das ist ja noch viel schlimmer, lieber Dieter. Es ist egozentrisch und egoistisch, wenn einer über sich selbst schreibt. :D
Zerknirschte Grüße
Ekki

 Regina (29.05.19)
Freude an der Sprache und am kreativen Prozess auf alle Fälle. Über die Frage, wie die Texte entstehen, muss ich noch länger nachdenken. Nicht immer auf die gleiche Weise. Eine Idee, ein Wort, eine Erkenntnis, eine Pointe stehen am Anfang oder ein Bild, eine Beobachtung, eine Begegnung, eine Figur. Für stark strukturierte Texte muss ich systematisch vorgehen. Die Rückmeldungen finde ich sehr interessant. Manchmal überraschen sie mich. LG Gina

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 29.05.19:
Merci, liebe Gina, es ist gut so, dass deine Texte aus vielfältigen Anlässen entstehen, denn diese Vielfalt bietet die Gewähr dafür, dass dir der Stoff nicht ausgehen wird.
Liebe Grüße
Ekki

 TassoTuwas (29.05.19)
Hallo Ekki,
warum schreiben Sie, eine oft gestellte Frage, mit einer breiten Palette möglicher Antworten. Die kürzeste mit bekannte lautet, "Weil ich es kann!"
Gut so, wenn es Bestätigung findet.
Für den, der Gutes abliefern will, steckt auf dem Weg zum Gefallen auch Mühe, Suche, Kopfzerbrechen, probieren, verwerfen und am Ende finden. Wenn auch nicht immer!
Aber wen der Virus befallen hat, der ist auch Kämpfer.
Danke für die Einblicke die du auf deine Motivation gewährt hast.
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 29.05.19:
Vielen Dank, Tasso. Komisch, dass ich auf den einfachen Gedanken noch nicht gekommen bin. Man begeistert sich für etwas, weil man es kann und kann es, weil man die Bereitschaft hat, sich begeistern zu lassen.
Herzliche Grüße
Ekki
Hilde (62)
(30.05.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.05.19:
Grazie, liebe Hilde, du hast die Verbindung mit dem Schreiben über die Buchstaben sehr schön ins Bild gesetzt.
Herzliche Grüße
Ekki
Agneta (62)
(30.05.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.05.19:
Das sehe ich auch so, liebe Agneta. Merci.

 drmdswrt (30.05.19)
Mir war nicht bewusst, dass das überhaupt Erwähnung braucht.

Nichtsdestotrotz:
Wenn's dann getippt ist, dürften noch mal ein Auge und eine Hand drüber. Beispielsweise zur Bereinigung des falschen Absatzes oder zum Einfügen des fehlenden Leerzeichens.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.05.19:
Lieber drmdswrt, danke für deine aufmerksame Beachtung von Details.

 AZU20 (07.06.19)
Ja, schreiben wir weiter. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.06.19:
Vielen Dank, Armin. das wird gelingen, denn wir können ja gar nicht anders.

 harzgebirgler (14.04.21)
ich schreibe, also bin ich...schriftlich rege
und bringe dergestalt gern was zuwege.

gerne gelesen!

lg
henning

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.21:
Vielen Dank, Henning,
mir kommt nichts anderes in den Sinn,
als dass ich schreibend lebendig bin.

LG
Ekki
nobbi (63)
(16.04.21)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.04.21:
Das freut mi9ch. Danke, nobbi.

LG
Ekki
nobbi (63) meinte dazu am 17.04.21:
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