Der Stau - Kap. 12

Geschichte zum Thema Ausweglosigkeit/ Dilemma

von  Manzanita

Die allgemeine Situation ist schon bekannt. Die Leser werden sich auch über dieses Ereignis höchstens bedingt wundern.

Auch er stand im Stau. Wobei es eigentlich nur sein Automobil war, er selbst saß bequem auf dem Fahrersitz. Er sah etwas genervt aus. Naja, vielleicht nicht nur “etwas genervt”, sondern ziemlich genervt. Es ist davon auszugehen, dass der allgemein angenommene Grund, weshalb er genervt ist, mit der oben beschriebenen Situation zusammenhängt. Wie Sie allerdings auch wissen, ist nichts sicher, vor allem wenn es um Psychologie geht. Der Insasse konnte nämlich nicht identifiziert werden, sonst wüsste man mehr über seine Herkunft und könnte Reaktionen wie diese hier besser einschätzen. Was allerdings klar ist: Die Reaktion der umliegenden Personen ist völlig natürlich und trägt zur Stabilität so mancher Lebewesen bei. 

Wobei dieses Lebewesen durchaus gerne weitergefahren wäre. Das ging aber nicht. Und dafür gab es einen guten Grund: Vor seinem Auto stand ein anderes Auto und vor dem anderen Auto stand ein anderes Auto usw. (An dieser Stelle wird es empfohlen, nicht lange nachzudenken.) Es ging also nicht. Deswegen konnte er nicht weiterfahren. Deswegen tat er es wahrscheinlich auch nicht.

Wenn man etwas nicht tun kann, was man in dem Moment eigentlich tun will, sagt man normalerweise, dass man nicht alles haben kann. Aus welchem Grund auch immer, er hat die “Stau-Situation” in dem Moment aber anders gewertet. Er konnte zwar nicht weiterfahren, wollte aber und musste. Diese Denkweise – so manche konsultierten Psychologen – mag mit einer einfachen Lebenseinstellung zusammenhängen und mag zur im nächsten Absatz beschriebenen Situation beigetragen haben.

Es ist unklar warum, aber anscheinend verspürte die Person einen starken Wunsch, sich öffentlich auszudrücken. Denn er sagte es. Er sagte es sehr laut und einigermaßen deutlich. Er schrie durch sein Fenster. Das ist – falls Sie darüber noch nicht Bescheid wussten – das Prinzip der Kommunikation. Kommunikation ist aber viel mehr. Kommunikation ist Absprache. Denn ohne Absprache hätte der Insasse vom Auto rechts neben ihm viel länger gebraucht, um ihn umzubringen.

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