Patriotismus, gut gemeint, aber gefährlich

Aphorismus zum Thema Betrachtung

von  EkkehartMittelberg

1. Patriotismus pervertiert meistens, weil er den Keim der Überheblichkeit in sich trägt.

2. Patriotismus, aus bürgerlichen Revolutionen entstanden, wird immer stolzer auf die eigene Tüchtigkeit, bis er blind wird für die der anderen.

3. Verfassungspatrioten sind meistens wachsame Demokraten.

4. Sänger von Nationalhymnen legen die Hand aufs Herz. Selten holt sie den Verstand hoch, der ihnen in die Füße gerutscht ist.

5. Es ist anstrengend, Patriotismus vor Chauvinismus zu bewahren, aber ein Volk ohne Patriotismus kann nur schwerlich seine Identität finden.



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Kommentare zu diesem Text

Taina (39)
(03.09.23, 07:09)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.09.23 um 07:19:
Merci, Taina, das Problem ist nur, dass sich sehr viele Überhebliche als Patrioten und nicht als Nationalisten sehen. Wer hat die Deutungshoheit?
Taina (39) antwortete darauf am 03.09.23 um 07:22:
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 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 03.09.23 um 07:36:
Idealistisch gedacht. Es gibt zahlreiche Patrioten, die den Vorwurf der Überheblichkeit nicht akzeptieren, sondern für realistische Klarsicht halten.
Taina (39) äußerte darauf am 03.09.23 um 07:43:
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 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 03.09.23 um 08:49:
Taina, was sagst du denn zu dem folgenden Zitat aus Wikipedia: "Auch sozialpsychologische Studien des 21. Jahrhunderts legen nahe, dass die Unterscheidung zwischen Patriotismus und Nationalismus oder Chauvinismus keine Grundlage in der Realität hat. Der  Jenaer Psychologe Christopher Cohrs kommt zu dem Ergebnis: „Menschen mit patriotischen Einstellungen lehnen Nationalismus nicht ab. Vielmehr geht beides oft Hand in Hand“. [14] Eine Studie  Adam Rutlands unter Kindern zeigte, dass die Zustimmung zur eigenen Nation eng mit einer Abwertung anderer Nationen  korreliert. [15] Auch der deutsche Soziologe  Wilhelm Heitmeyer kommt in seiner  Langzeituntersuchung Deutsche Zustände zu dem Ergebnis, dass eine positive Einstellung zur  Demokratie und ihren Werten einen besseren Schutz vor  Fremdenfeindlichkeit und  rassistischem Gedankengut darstelle, welches durch eine patriotische Grundeinstellung eher gefördert werde. In der wissenschaftlichen Literatur werden Patriotismus und Nationalismus daher oft  synonym gebraucht. [16]
Bisweilen wird eine patriotische Einstellung oft mit Nationalismus gleichgesetzt oder als  Euphemismus für nationalistische Ansichten betrachtet, da  Rechtsextreme und  Rechtspopulisten sich selbst häufig Patrioten bezeichnen, etwa die  „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“."
Taina (39) meinte dazu am 03.09.23 um 10:50:
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 FrankReich meinte dazu am 03.09.23 um 11:52:
Patrioten wollen das Beste für ihr Land, aber nicht auf Kosten anderer, heißt es. Doch die Grenze zum Nationalismus lässt sich nicht so leicht ziehen. Das zeigt die Geschichte.

Essay von  Markus C. Schulte von Drach

Wie dem auch sei, Tatsache ist, dass beide Begriffe ideologischer Natur sind und die Frage, die ich mir dabei stelle, lautet:
Lässt sich hinsichtlich dessen Liebe und Stolz wirklich voneinander trennen und grenzt Liebe zum Abstraktum nicht sogar an Fetischismus? 🤔
Von mir persönlich kann ich weder behaupten, stolz auf mein Geburtsland zu sein, noch es zu lieben, auch bin ich nur selten zufrieden damit,  wie es regiert wird, aber im Großen und Ganzen natürlich froh darüber, deutscher Staatsbürger zu sein, bzw. in einer Demokratie zu leben, es hätte auch schlimmer kommen können. 👋😂
Nicht zuletzt halte ich Patriotismus für einen Kampfbegriff, deshalb würde ich ihn mit Vaterlandsliebe auch nicht gleichsetzen und wer unbedingt sein Vaterland lieben möchte, soll es doch tun, solange er keinem anderen damit auf die Nerven fällt. 🤭

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.09.23 um 12:10:
Danke, Ralf, es sollte nicht übersehen werden, dass Patriotismus auch als Kampfbegriff eingesetzt wird, selbstverständlich nicht von allen, die den Begriff im Munde führen. Deshalb habe ich in der Überschrift  "gut gemeint, aber gefährlich" formuliert. Man kann auch als Demokrat sein Vaterland kritisch lieben.
Taina (39) meinte dazu am 03.09.23 um 13:02:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.09.23 um 13:35:
Taina, wenn zahlreiche Wissenschaftler feststellen, dass Patriotismus leicht zu Nationalismus umschlägt, muss diese Affenliebe stark verbreitet sein.
Taina (39) meinte dazu am 03.09.23 um 13:41:
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 FrankReich meinte dazu am 03.09.23 um 16:14:
@beide
Zumeist verweist das Suffix "ismus" auf eine Übertreibung, allerdings sehe ich das ebenso wie Taina, denn Liebe, wohlgemerkt nicht Verliebtheit, und Kritik schließen keineswegs einander aus, die Frage besteht allerdings doch eher darin, ob Patriotismus und Vaterlandsliebe tatsächlich in einen Topf geworfen werden sollten, zwar werden die Begriffe im Deutschen synonym gewertet, die Definition des englischen "Patriotism" spart die Bezeichnung "Liebe" jedoch aus, angeblich ist es zwar aus dem Französischen 1:1 übersetzt, aber auch daran zweifle ich, denn die Ursprungsbedeutung aus dem Griechischen lautet etwa "von gleicher Herkunft", deutet also auf ein starkes, bzw. durch den "ismus" übersteigertes Zusammengehörigkeitsgefühl hin, dass im Allgemeinen negativ konnotiert ist und auch berechtigt, wie ich finde.
Aber selbst bei unterschiedlicher Bedeutung beider Begriffe verstehe ich nicht, warum ich meine Heimat unbedingt lieben muss, um mich darin wohlzufühlen oder für sie einzustehen, bzw. quasi als Vaterlandsverräter dastehe, wenn ich bspw. wie Habeck mit Deutschland nichts anfangen kann, denn schließlich kommt es nicht von ungefähr, dass eine bestimmte Strophe der deutschen Nationalhymne gecancelt wurde. 🤔

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.09.23 um 16:59:
@ Taina: Du hast vielleicht überlesen, dass es mir genügt, mein Land als kritischer Demokrat zu lieben.

@ Frank: Ich würde auch zwischen Vaterlandsliebe und Patriotismus trennen. Habeck geht für mich zu weit: Er hat sich nicht nur von Deutschland, sondern auch von dem Begriff Volk distanziert und damit von der Präambel des Grundgesetzes.

 AchterZwerg (03.09.23, 07:11)
Lieber Ekki,
beim Wort "Patriotismus" sehe ich sofort Fähnchen schwenkende Kinder vor mir, die besser etwas anderes spielen sollten ...

Herzliche Grüße
Piccola

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.09.23 um 07:26:
Grazie, Piccola,
so sehe ich es auch. Freilich gibt es auch einige Erwachsene unter den Kindern, die die Spielregeln beherrschen.

Herzliche Grüße
Ekki

 lugarex meinte dazu am 03.09.23 um 07:38:
Patriotismus ist Anfang vom Ende...

Trauriger Gruss luga

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.09.23 um 08:52:
Gracias, Luga, das ist nicht immer so, aber oft.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.09.23 um 11:06:
Taina, ich liebe Deutschland mit allen seinen Mängeln als Demokrat. Zum Patrioten fehlt mir die Begeisterungsfähigkeit.
Taina (39) meinte dazu am 04.09.23 um 18:10:
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 Tula (03.09.23, 11:30)
Moin Ekki
In der Politik ist ein Patriot jener, der sich sach- und fachkundig über die Probleme und Herausforderungen seines Landes und ihrer Gesellschaft informiert und dazu konstruktive Lösungen sucht und umsetzt. Kurz: jemand der gerade als Politiker das Thema Patriotismus gar nicht erst auf seine Agenda setzt. Das bringt uns nirgendwo hin.

Ansonsten stimme 100 pro dem von Taina am Eingang angeführten Zitat zu. 

LG
Tula

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.09.23 um 11:55:
Vielen Dank, Tula,
wenn der Patriotismus eine selbstverständliche Grundhaltung ist, um die nicht viel Aufhebens gemacht wird, bin ich dabei.
Man muss sich fragen, warum es ein so besonnener Kopf wie Johannes Rau getan hat.
In der Nachkriegszeit wurden die Sozialdemokraten immer noch wie in der Weimarer Republik als vaterlandslose Gesellen diffamiert. Deshalb bekannten sie sich in der Defensive zum Patriotismus.

LG
Ekki

 Saira (03.09.23, 13:49)
Lieber Ekki,
 
bei dem Begriff „Patriotismus“ bekomme ich Bauchweh. Politische rechte Bewegungen wie die AFD, die PEGIDA als islam- und fremdenfeindliche, völkische, rassistische und rechtsextreme Organisation haben sich des Begriffs bemächtigt und verbinden damit die Aussage „Wir sind das Volk“. 
 
Als Deutsche verknüpfen wir aus unserer Geschichte den Patriotismus mit dem Nationalsozialismus und Holocaust, weil der Begriff sträflich missbraucht wurde.
 
Deine Aussage „Patriotismus, gut gemeint, aber gefährlich“ ist in meinen Augen sehr richtig.
 
Herzliche Grüße
Sigi


P.S.: Ich habe Bilder vor Augen, wie Soldaten heldenhaft in den Krieg zogen und die Medien berichteten: "Sie kämpfen für unser Vaterland!" Zuhause weinten die Witwen und Waisen. Was half ihnen schon der Gedanke, dass Vater, Bruder für ihr Vaterland gestorben waren?

Kommentar geändert am 03.09.2023 um 13:50 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.09.23 um 17:13:
Vielen Dank, Sigi,
ich sehe wie du, dass Deutsche, belastet mit der nicht tilgbaren Geschichte des Nationalsozialismus, den Begriff Patriotismus nicht naiv verwenden können, weil die Nähe zum Nationalismus groß ist. Ich kann auf diesen Begriff verzichten, möchte ihn aber niemandem verbieten, weil ich weiß, dass es im Sinne von Rau Patrioten gibt, die sich trennscharf vom Nationalsozialismus  und jeglichem Nationalismus distanzieren. Diese Menschen sind auch nicht Adressaten meiner Aphorismen.

Herzliche Grüße
Ekki

Antwort geändert am 03.09.2023 um 17:14 Uhr
Agnete (66)
(03.09.23, 14:05)
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 niemand meinte dazu am 03.09.23 um 17:22:
@ Agnete


Der Begriff Patriotismus ist heute vollständig negativ konntotiert, was nicht ok ist.

Daraus resultiert das Problem, dass wir uns in unserem eigenen Land vorschreioben lassen von Migranten, was und wie wir zu sein haben. (Freibad, Schweinefleisch essen)Sonst wäre das nicht möglich.

Das von Dir oben beschriebene ist die eine Seite der deutschen
Medaille. Die andere ist, dass wir, oder unsere Vertreter, es auch nicht anders machen. Siehe uns Annalenchen. Die macht sich mit erhobenem Zeigefinger nach China auf und will dem Chinesen sagen er sollte doch gefälligst das machen was sie von ihm verlangt. Auf Einzelheiten brauche ich nicht einzugehen, die waren ja bekannt.
Doch der Chinese tippt sich zurecht an die Stirn und denkt: Lasse labern. Und Annalenchen kehrt tief enttäuscht in Land zurück. Ist ja
auch eine Unverschämtheit, das so ein kleines Land wie China, sich von solch einem Riesen wie Deutschland so garnicht belehren lassen will . Sie sind aber auch stur, diese Chinesen  8-)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.09.23 um 17:45:
Liebe Monika,
mir liegt sehr daran, dass wir uns nicht missverstehen, weil wir in der Hauptsache einer Meinung sind. Ich finde freilich nicht, dass der Begriff Patriotismus heute vollständig negativ konnotiert ist. Aus diesem Grunde habe ich in der Überschrift auch unironisch formuliert: Gut gemeint, aber gefährlich. Ich würde nie leugnen, dass es Menschen gibt, die mit dem Begriff sensibel umgehen. Aber wie Sigrun deutlich erläutert hat, wird er auch von rechts zur Propaganda missbraucht.
Hierin stimmen wir aber total überein: "Ich bin nicht patriotisch, darum würde ich auch nie für irgendein Land in den Krieg ziehen. Aber ich möchte meine Traditionen, die nicht schlecht sind, die human sind, weltoffen und tolerant DENNOCH bewahren.

Das ist kein Patriotismus, sondern Identität."
LG
Ekki
Agnete (66) meinte dazu am 03.09.23 um 21:04:
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 niemand meinte dazu am 03.09.23 um 23:18:
Genau! Die Chinesen pfeifen ihnen was und haben meinen Respekt
für  diese Haltung.
Teolein (70)
(03.09.23, 16:50)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.09.23 um 17:59:
@Irene: Dieser Demokratie- und Menschenrechtstourismus deutscher Außenpolitik nervt mich schon seit langem. Die, die wir belehren, kennen doch alle unsere NS-Vergangenheit. Ich möchte nicht wissen, was sie denken, wenn sie höflich schweigen.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.09.23 um 18:17:
Hallo Volker,
ja, es wäre einfältig, den Begriff Patriotismus sofort negativ behaftet zu sehen. Er hat ja auch in Deutschland bis zum Nationalsozialismus eine eher positive Geschichte. Es liegt mir auch fern, gegen Menschen zu polemisieren, die an dem Begriff festhalten möchten. Mir liegt aber daran, zu genauem Hinhören und Hinsehen aufzufordern, wer ihn wann und wo mit welcher Absicht verwendet.
Ich danke dir, auch für das warnende Beispiel des Trump-Patriotismus.
Liebe Grüße
Ekki
Agnete (66) meinte dazu am 03.09.23 um 21:07:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.09.23 um 21:26:
Wir stimmen überein, Moni.

 niemand meinte dazu am 03.09.23 um 23:16:
Ich denke dabei auch an die Amis und die Ukraine.
Patriotismus pur.

 TassoTuwas meinte dazu am 04.09.23 um 13:48:
Hallo Ekki,
Patriotismus ist heute ein Auslaufmodell.

Es sollte aber nicht vergessen sein, dass es der Patriotismus vor 200 Jahren war, der der deutschen Kleinstaaterei mit absolutistisch herrschenden Fürstenhäusern nach langen Kampf ein Ende bereitete. 

Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.09.23 um 18:03:
Vielen Dank, Tasso. Geschichtsvergessenheit ist ebenso schlimm wie die missbräuchliche Verwendung eines früher nur positiv konnotierten Begriffs.

Herzliche Grüße
Ekki

 RainerMScholz (08.09.23, 21:13)
Also, mein Stammtisch sacht, wenn de Eintracht gewinnt, iss alles in Ordnung, ob da die ganse Necher mitspille oder net.
Grüße,
R.

Kommentar geändert am 08.09.2023 um 21:16 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.09.23 um 23:07:
Rainer, dein Stammtisch ist vielseitig. Er bedient Patriotismus und Rassismus.

LG
Ekki

 RainerMScholz meinte dazu am 08.09.23 um 23:13:
Wie das bei Stammtischen eben so ist, lieber Ekki, auch auf KV.
Grüße,
R.

 Mondscheinsonate (08.09.23, 23:14)
Ich lebe in einem reichen und schönen Land - Punkt - sehe mich als Europäerin - auch hier ein Punkt und schließe mich Zwergi an.

 RainerMScholz meinte dazu am 08.09.23 um 23:21:
Von Idioten hatten wir`s ja eben schon einmal.
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