Der geniale Dichter

Alltagsgedicht zum Thema Kunst/ Künstler/ Kitsch

von  EkkehartMittelberg

Wer kennt ihn nicht, den genialen Dichter,
er wirft die Worte locker aufs Papier.
Was scheren ihn die Regeln aus dem Trichter,
die Muse lenkt ihn, hat ihn im Visier.

Allein Banausen reflektieren Normen,
ihm liegt die Dichtkunst einfach so im Blut,
von Zauberhand die Worte leicht sich formen,
spontane Metren zieht er aus dem Hut.

Von Rhythmen lässt er willig sich erfassen,
Metaphern stellen sich wie zwanglos ein,
um Reime ringen nur die trüben Tassen,
fürs Silbenzählen ist er sich zu fein.

Was kümmern ihn Sonette und auch Stanzen,
nach Form und Sinn zu fragen bleibt den Steifen,
er lässt die Visionen einfach tanzen,
wer wartet noch, bis Blütenträume reifen?

Und lässt sich tragen von dem kühnen Schwung,
der nicht pedantisch nach Bedeutung fragt,
dynamisch sein und unbekümmert jung!
Verkalkt sei einer, der darüber klagt.

*Wer sich berufen fühlt, sich dieses Gedicht „anzuziehen“, ist selbst schuld.

© Ekkehart Mittelberg, September 2011

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Kommentare zu diesem Text

Abandonero (30)
(30.09.11)
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 loslosch meinte dazu am 30.09.11:
bei autoren (akkusativ singular) krieg ich immer das bauchgrimmen und denke gleich an einen toren. lo

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 30.09.11:
Vielen Dank, Abandonero. Ich weiß nicht recht, was der sorgfältige Umgang mit Formen der Lyrik mit Regulierungswut in Deutschland zu tun hat. Es gibt zum Beispiel unterschiedliche Varianten eines Sonetts, aber die sind überall einzuhalten, egall wo.
Verbindliche Grüße
Ekki
Skandia (43)
(30.09.11)
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 loslosch schrieb daraufhin am 30.09.11:
hättest du das lat. zitat parat? das könnte ich gut verwerten. hoffentlich gelingts dir. lo

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 30.09.11:
Herzlichen Dankfür den amüsanten Kommentar, Silke. Es ist skandalös, was die Herren der Schöpfung den Frauen aufbürden. Nicht genug damit, dass ihr das Element guter Sitten seid, sollt ihr auch noch als Genieanimatoren fungieren.
Viele liebe Grüße auch dir
Ekki
janna (66)
(30.09.11)
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 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 30.09.11:
Besten Dank, Janna. Bei der Entstehung meiner Texte geht es mir genau so, wie du es beschrieben hast. Auch ich gestehe gerne, dass am Ende Textarbeit bleibt. Aber wie du es sagst, sie macht als Experiment mit Möglichkeiten Spaß.
LG
Ekki

 Lluviagata (30.09.11)
In einem anderen Forum wurde folgende Frage aufgeworfen:
... was Lyrik für die Schreibenden der Zunft ausmacht.
Woran erkennt man sie, worüber spricht sie, wie äußert sie sich?
Ist ein Schreibender automatisch Lyriker?
Welche Voraussetzungen braucht man, um lyrisch schreiben zu können?
Kommt Kunst von Können oder macht sie sich an Quantität fest?

Ich finde, du hast hiermit eine gute Antwort gegeben ...

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.09.11:
Liebe Andrea, die Fragen aus dem Forum zeigen, was heute für möglich gehalten wird und in grenzenloser Libertinage auch möglich ist. Freilich ist es reaktionär, immer noch zu glauben, nur Oden, Sonette und Stanzen seien wahre Lyrik. Aber wer meint, er müsse nur ein Stück Prosa beliebig auf ein paar Zeilen verteilen, hat nicht einmal ein Prosagedicht geschrieben.
Vielen Dank für die Anregung und liebe Grüße
Ekki
schronzdorf (27) meinte dazu am 08.10.11:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.10.11:
Hallo schronzdorf, ich vermute, du hast erkannt, dass mein Gedicht sich nicht gegen Avantgarde richtet, sondern nur gegen Schlamperei.
Deiner Ausführung zu Originalität und Innovation stimme ich zu.
schronzdorf (27) meinte dazu am 08.10.11:
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 franky (30.09.11)
Hi lieber Ekki,

Es gibt „Klassischen Kitsch“ und „Kitschige Klassik“.
Mein Musiklehrer hat mir im Vertrauen verraten: „Erst musst du die Regeln kennen, um sie dann über Bord werfen zu dürfen!“
Diesen Gedanken hat Janna oben auch schon angesprochen.
Mir gefällt dein „alltägliches“ Gedicht.
Liebe Grüße
Franky

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.09.11:
Wie wahr hat dein Musiklehrer gesprochen, Franky. Ein schönes Beispiel dafür:
Das Fräulein stand am Meere
und seufzte lang und bang,
es rührt sie ach so sehre
der Sonnenuntergang.
(Heinrich Heine)
Vielen Dank und liebe Grüße
Ekki

 loslosch meinte dazu am 30.09.11:
... mein fräulein, sein sie munter,/ das ist ein altes stück./ hier vorne geht sie unter/ und kehrt von hinten zurück.

wie konntest du bloß abbrechen, ekki! ich verweise auch auf mein dingsbums, aao, s. 55 ... ) lo, der schleichwerbung betreibt

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.09.11:
ach du liebe zeit, ach du liebe zeit, keiner hat mehr für die liebe zeit......
Ekki

 loslosch (30.09.11)
natürlich ists kein alltagsgedicht, ekki. satire kann auch sein, wenn man den eindruck verwischt.

v. 9: Von Rhythmen lässt er willig sich erfassen ... [textarbeit unter "kongenialen" autoren] lothar

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.09.11:
"Von Rhythmen lässt er willig sich erfassen ..."
Nicht der erste Hinweis, Lothar, für den ich dir gerne danke. Ich finde es auch schöner. Das wird zwar die Inversionsfetischisten auf den Plan rufen, aber die können mich mal... .
Ekki

 AZU20 (30.09.11)
Hast du gerade in eine neue Lyrikzeitschrift geschaut? LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.09.11:
Vielen Dank, Armin, früher, heute nicht mehr, die gescheiten Kommentatoren bei kv ersetzen jede Zeitschrift.
LG
Ekki

 ViktorVanHynthersin (30.09.11)
Liebe Ekkehart, lass es mich mit den Worten von Willi Busch sagen: "Was man ernst meint, sagt man am besten im Spaß." - oder mit Ironie.
Herzlichst
Viktor

 irakulani meinte dazu am 30.09.11:
Lieber Viktor, Du (und Wilhelm B.), trefft es auf den Punkt. Ekki, es war mir einmal mehr eine Freude zu lesen!

L.G.
Ira

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.09.11:
Herzlichen Dank, Viktor. Das Zitat von Busch klingt so, als sei es leicht dahingesagt. Dabei ist es so wahr. Nach meiner Erfahrung kommt eine ernste Mitteilung, in leise Ironie verpackt, viel beser an.
Liebe Grüße
Ekki

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.09.11:
Besten Dank auch dir, Ira. Was dich freut, ist auch mir eine Freude.
LG
Ekki
Gruszka (62)
(30.09.11)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.09.11:
Liebe Irene, ich danke dir sehr für deinen humorvollen Kommentar. Du hast Recht, dass hier einige verstehen, sich mit ihrer künstlerischen Sensibilität in Szene zu setzen. Ich muss jedoch gestehen, dass mich Verstöße gegen die Regeln der Metrik auch stören, nicht weniger als grammatische Fehler. Deswegen bin ich froh, wenn mich jemand dezent darauf hinweist. Es verhält sich mit der Kunstkritik nicht anders wie mit Kritik in anderen Lebensbereichen: Der Ton macht die Musik.
Ich denke, die künstlerische Freiheit ist die Freiheit dessen, der die Regeln beherrscht und zu erkennen gibt, dass er bewusst gegen sie verstößt.
Liebe Grüße und ein möglichst unreguliertes Wochenende wünscht dir
Ekki

 loslosch meinte dazu am 30.09.11:
balsam für die seele. ich dachte unwillkürlich an picasso. der konnte gegenständlich malen, technisch perfekt. so hatte man unwillkürlich auch respekt vor seinen zt abstrakten werken. lo
Gruszka (62) meinte dazu am 01.10.11:
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 loslosch meinte dazu am 01.10.11:
picasso konnte nachweisen, dass er technisch perfekt war. wenn aber einer abstrakt malt, ohne die "alten" techniken gehörig zu beherrschen, belügt er erst mal sich selbst. dann auch die weniger kundigen. kleiner unterschied.
Gruszka (62) meinte dazu am 01.10.11:
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 loslosch meinte dazu am 01.10.11:
irene, ich werde mich jetzt um gemeinverständlichkeit bemühen. ende der 1970er jahre sah ich eine filmstudie mit dem großen meister. er pinselte einen pferdekopf, übermale ihn und es entstand etwas schiffartiges. (oder wars umgekehrt?) das wiederum verwarf der meister und fand den weg zur moderne, seiner bizarren perspektive. das hat den kleinen lo vom hocker gerissen, der mehr von literatur als von gemälden versteht. picasso hat den schlichten lo mit seiner technikvielfalt beeindruckt. da war nix von zertifikaten und nachweisen.

wie kommst du eigentlich auf so´n zeugs?

wenn hier einer unterschiedliche stilrichtungen der schreibkunst - nach meinem kritischen ermessen - zu beherrschen scheint und dann was für mich skurril-modernes "abliefert", suche ich bei verständnisproblemen erst mal die "schuld" bei mir. dieser künstler/ diese künstlerin hat bei mir einen ordentlichen bonus.

mehr war nicht. wirklich nicht. lo
(Antwort korrigiert am 01.10.2011)
KoKa (43)
(30.09.11)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.09.11:
Ach, gäbe es doch mehr Menschen, die so souverän selbstironisch sind wie du, John.
Ich wünsche mir jeden Tag so einen Banausengruß und mein Herz lacht......
Ekki
Sappho (48)
(01.10.11)
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 loslosch meinte dazu am 01.10.11:
wenn mir die vorgabe nicht gelingt, lass ich den plan a sausen und wähle den plan b. schon mal passiert?

dir hätte ich diesen zwingergruß am allerwenigsten zugetraut - vom ZWinkern mal abgesehen. lo

 loslosch meinte dazu am 01.10.11:
"zwingergruß" war ein vertipper, und was für einer! den lass ich so.
Sappho (48) meinte dazu am 02.10.11:
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 loslosch meinte dazu am 02.10.11:
auch diesem satz von ekki weiter oben habe ich beigepflichtet:

... Ich denke, die künstlerische Freiheit ist die Freiheit dessen, der die Regeln beherrscht und zu erkennen gibt, dass er bewusst gegen sie verstößt.

die schlussfolgerungen, die du an meine ausführungen knüpfst, sind deine eigenen ... hihi

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 02.10.11:
Liebe Sappho, vielen Dank für deine Empfehlung.

Es ist richtig, dass es metrisch einwandfreie Gedichte gibt, die rhythmisch leiern, weil Metrum und Rhythmus nicht dasselbe sind. Aber bevor der Rhythmus stimmen kann, muss das Metrum stimmen. Mir geht es so, dass ich es bei der Mehrheit meiner Verse intuitiv treffe, aber ich räume gerne ein, dass ich mich bei einigen Versen schwer tue und zur Sicherheit lieber zähle, als dass ich einen Fehler mache.
Solltest du immer ohne Zählen auskommen, ist das in Ordnung, solange du metrisch nichts falsch machst. (An Freie Rhythmen habe ich bei meinem Gedicht nicht gedacht. Da wäre das Zählen in der Tat lächerlich.)
Liebe Grüße
Ekki
(Antwort korrigiert am 02.10.2011)
Sappho (48) meinte dazu am 02.10.11:
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 loslosch meinte dazu am 02.10.11:
hast du nicht gemerkt, dass du ekki wiederholst? eulen, ab nach athen. Noctuas Athenas afferre.
(Antwort korrigiert am 02.10.2011)
Sappho (48) meinte dazu am 02.10.11:
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 loslosch meinte dazu am 02.10.11:
da schweigt der sängerin höflichkeit.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.10.11:
Liebe Sappho, ich war am Wochenende nicht zu Hause und kann mich deswegen nur verspätet zu deinen Beispielen für Elfchen ohne Rhythmus äußern. Jetzt habe ich selbstverständlich verstanden, welches Silbenzählen du meinst und weshalb es dir widerstrebt. Ich schließe mich deiner Skepsis gerne an.
Es grüßt der Elferrat
Ekki
*Frieda* (48) meinte dazu am 29.10.11:
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*Frieda* (48)
(29.10.11)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 29.10.11:
Da kann ich nur sagen, liebe Frieda: Anmut kann nichts entstellen. Und schon gar nicht, wenn du noch das Sterntalerhemdchen darunter trägst.-)))
Gracie
Ekki

 TrekanBelluvitsh (25.11.13)
Ich muss ganz ehrlich sagen, ich lese da weder Ironie noch Spott. Höchstens die Mahnung, dass man sich fragen sollte, ob man ein solcher Dichter ist!?
"Metaphern stellen sich wie zwanglos ein"
Ich denke, dass ist, ganz gleich ob Lyrik oder Prosa, einer der wichtigsten Punkte, in dem man sich üben sollte. In der Skaldendichtung gab es dafür sogar einen eigenen Begriff:  Kenningar oder Kenning. Dabei ging es eben NICHT um formale Anweisung, sondern ein sprachliches Stilmittel. Und die Snorri-Edda ist eben auch eine Aufforderung, sich daran zu üben. Schließlich weht der Wind ja auch jeden Tag neue Wolken über den Himmel...

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.11.13:
Vielen Dank dafür, Trekan, dass du dieses Gedicht wieder in Erinnerung gerufen hast.
Ist es ironisch oder spöttisch? Man kann es so lesen, muss es aber nicht.
Mit dem Hinweis auf kenning oder kenningar hast du mir etwas ganz Neues eröffnet. Ich werde dem weiter nachgehen.
LG
Ekki

 millefiori (22.03.16)
Lieber Ekkehart,
ich mag z.B. die Form des Sonettes sehr gern.
Als ich anfing, schrieb ich auch nichtsahnend Gedichte, ohne auf die Form oder Kadenzen zu achten.
Irgendwann kam ich in ein Forum, wo mich viele freundliche Menschen unterstützten und ich erkannte immer mehr woran ich arbeiten muss. Für mich ist gerade die Herausforderung meine Gedanken in einen fließenden Text zu bringen der Reiz.
Gedichte, bzw. Reimform wird fälschlicherweise oft als verstaubt deklariert.
Liebe Grüße
millefiori

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 22.03.16:
Ja, millefiori, die alten Gedichtformen sind keineswegs verstaubt und ich bin sicher, dass insbesondere Sonette nicht totzukriegen sind.
Ich gestehe aber, dass ich auch gern im Vers libre schreibe, der es einem etwas leichter macht, die eine oder andere sprachliche Nuance nicht der strengen Form zu opfern. Merci für deinen ehrlichen Kommentar.
Liebe Grüße
Ekki
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