Gute Sitten

Glosse zum Thema Moral

von  loslosch

Quod non vetat lex, hoc vetat fieri pudor (Seneca, um die Zeitenwende bis 65 n. Chr., Troades). Was das Gesetz nicht verbietet, das verbietet (dass es doch geschieht) der Anstand.

Senecas Anleitungen zu einer praktischen Lebensphilosophie sind umfangreich. Das meiste davon ist zeitgebundenes Wortgetöse, Wortgeklingel. Einiges wenige davon allerdings gegenwartstauglich. Wie jene Sentenz. Ohne dass Fallbeispiele genannt  werden, liest der wohlwollende Leser hier aber doch heraus, dass Rechtsnormen fast immer weiter gefasst sind als der moralische Kodex.

Wenn z. B. in einem Rechtsstreit, bei dem es auch um Vermögensfragen geht, der in Verfahrensfragen Ungeübte seine tatsächlichen Vermögensverhältnisse zu seinem Nachteil darlegt, wird die Gegenpartei, ohne ausdrücklich herzlich zu danken, dieses Geschenk entgegennehmen, keineswegs aber versuchen, mit unwahren Behauptungen weiteres Terrain zu erobern: Hoc vetat pudor. Das verbietet der Anstand.

Nein, das war einmal! Dieser Rest von Schamgefühl scheint dem Gros der marktfähigen und marktgängigen Kamarilla von Anwälten inzwischen weitestgehend abhanden gekommen.

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Kommentare zu diesem Text

Regentrude (53)
(07.10.12)
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 loslosch meinte dazu am 07.10.12:
Bedürfnisse schaffen, wo keine sind ...

was denkste bloß. die werbewirtschaft lebt davon. themenerweiterung! lolo
Regentrude (53) antwortete darauf am 07.10.12:
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baerin (53)
(07.10.12)
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 loslosch schrieb daraufhin am 07.10.12:
ich denke schon, nachdem die anstandsgrenzen weiter nach außen verschoben sind ... lo

 EkkehartMittelberg (07.10.12)
Die westliche liberale Gesellschaft hält sich etwas darauf zugute, ein Tabu nach dem anderen einzureißen. Auf diesem Hintergrund erscheint Anstand als altmodisch und das Verhalten der Anwälte als normal.

 loslosch äußerte darauf am 07.10.12:
wieder mal was aus dem kapitel "erlebte geschichten". manche anwälte treten auf wie die piranhas. wenn die blut geleckt haben ... danke, ekki t.t. lo

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 07.10.12:
So gesehen ist die Bezeichnung "Rechtsanwalt" ein zynischer Euphemismus.

 loslosch meinte dazu am 07.10.12:
nenne mal den anwalt "rechtsvertreter". klingt wie eine beleidigung (rechtsverdreher).

 ViktorVanHynthersin (07.10.12)
Die Gesetze werden immer den Vergehen und damit auch den guten Sitten, die der jeweiligen Zeit geschuldet sind, hinterher hinken. Die Sentenz behält somit "auf immer" ihre Sinn- und Wahrhaftigkeit.
Herzliche Grüße
Viktor

 loslosch meinte dazu am 07.10.12:
ja, die gesetze sOllen nicht unbedingt strenger sein als die moralischen anforderungen. im erlebten fall war es so, dass der eine anwalt den fehler des anderen nicht nur zum abkassieren nutzen wollte, sondern neue forderungen draufpackte. piranha hat blut geleckt. merci, viktor lo
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