Thomas von Aquin - war alles nur Stroh?

Essay zum Thema Glaube

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)

Alles, was ich geschrieben habe, kommt mir vor wie Stroh im Vergleich zu dem, was ich gesehen habe.
Diese Worte werden von Thomas von Aquin (1225 -74), dem vielleicht bedeutendsten Scholastiker des Mittelalters, am Ende seines Lebens überliefert.
  Er soll während einer Messe am Nikoslaustag des Jahres 1273 eine mystisch-spirituelle Erfahrung gemacht haben, die ihn so erschüttert haben muss, dass er fortan sein theologisches Schreiben einstellte. Angeblich soll er auch gesagt haben : „Verbrennt alle meine Werke. Es ist besser, sie brennen als ihr Autor (in der Hölle)!“

Ist dies nun der endgültige Beweis, dass Glaube und Vernunft einfach nicht zueinander passen?
    Nein, sicher nicht! Wenn Anselm von Canterbury postulierte: „Weil ich glaube, kann ich verstehen!“, so steckt darin - aus meiner Sicht - eine tiefe Wahrheit. Der sich auf den christlichen Glauben Einlassende wird Dinge erfahren und denkend begreifen, die einem Nichtgläubigen gänzlich verborgen bleiben.
    Aber der Versuch per Vernunft die Richtigkeit des Glaubens beweisen zu wollen, ist wohl zum Scheitern verurteilt. Selbst einem so großen Denker wie Thomas von Aquin ist dies nicht gelungen.
    Gleichwohl finde ich sein Argument, dass alles materiell Sichtbare eine noch größere unsichtbare Ursache haben müsse, durchaus einleuchtend. Ich selber verwende es übrigens auch:  Viele Kandidaten ...

Gedankenimpuls:
Wer am Ende seines Lebens sich und anderen eingestehen kann, dass er geirrt hat, ist für mich ein großer Held!

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 loslosch (17.08.20)
dieses "credo, ut intelligam" ist ein großer irrtum. in manchen situationen hilfts aber. ein beispiel: der fahrer betätigt das gaspedal, wahlweise die bremse etc., und verlässt sich auf die technik.

ich vertraue auf die ingenieurskunst, ohne dass ich sie en detail verstehe.

 Bluebird meinte dazu am 17.08.20:
Das "Credo" alleine mag ausreichen, um durchs Leben zu kommen ... aber ich möchte auf das "Verstehen" nicht verzichten, zumindest was meinen Glauben angeht

Antwort geändert am 17.08.2020 um 09:44 Uhr

 Dieter Wal (17.08.20)
Welche Werke Thomas von Aquins gelesen?

 Dieter Wal antwortete darauf am 19.08.20:
Für mich als "evangelischer Ketzer" und Theologiestudenten war Thomas von Aquin bisher immer nur ein zwar durchaus theoretisch interessanter, wenn man sich näher mit Dogmatik und Kirchengeschichte beschäftigen will, Teil der Kirchengeschichte, durch den man sehr viel über die Mutterkirche der "lutherischen Häresie" verstehen lernt, doch kein für mich wirklich relevanter Theologe. Und wir "sprechen" von dem vielleicht bedeutendsten Kirchenlehrer. Für mich, auch da typisch Lutheraner, ging es im Studium in erster Linie darum, mich tiefer in die Tora und das jüdische Leben einzuarbeiten und mich dadurch mit meinen Wurzeln zu beschäftigen. Daher war und ist es mir ein Anliegen, jüdisch-christliche und islamisch-christliche Dialoge fortzusetzen und vielfältige Beziehungen mit Andersdenkenden und Vertretern diverser Weltanschauungen zu pflegen. Parallel dazu erarbeitete ich mir tieferes Verständnis des Neuen Testamentes. Alte Kirchengeschichte, Antike und Neue Kirchengeschichte (Albert Schweitzer, Dietrich Bonnhoeffer) sind für mich relevant. Selbstverständlich immer wieder Luther. Wüstenväterspiritualität gefällt mir als Wurzel der Ostkirche (Kleine Philokalie). Missionswissenschaft und Religionswissenschaft sind wundervoll. Philosophievorlesungen. Wer Theologie studiert, wird niemals damit aufhören, sondern sein Leben lang Theologie studieren. Ähnlich geht es Philosophen. Bluebird bleibt am Ball. Prima.

Antwort geändert am 19.08.2020 um 09:52 Uhr

 DanceWith1Life (17.08.20)
seltsame Frage, anstatt zu fragen, was das wohl gewesen sein kann, wird eine Scheinargumentation zusammengepuzzelt, die nur dazu dient das beschriebene Erlebnis zu ignorieren, nicht absichtlich aber letztendlich.

 LotharAtzert schrieb daraufhin am 17.08.20:
@ Dance
Dieses Schicksal teilen wohl die meisten Seher im Okzident. In weitaus bescheideneren Maße gilt das auch für meine wenigkeit.
Wenn die Einsicht tiefer wird, sind Unterscheidungen in Religionszugehörigkeiten hinfällig, um nicht zu sagen Narreteien. Aber eher … geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als unser Bluebird in sich.

Antwort geändert am 17.08.2020 um 12:34 Uhr

 Bluebird äußerte darauf am 17.08.20:
@L.A

Der Bluebird stellt ja hier in erster Linie die Geschichte des Christentums - auf seine ganz persönliche Art und Weise - dar. Und wenn ein berühmter, mittelalterlicher Theologe angesichts einer mystischen Schauung sein theologisches Lebenswerk als "Stroh" bezeichnet, so ist das - at least - bemerkenswert.
Daraus aber zu schlussfolgern, dass das Nachdenken über den eigenen Glauben grundsätzlich sinnlos wäre, hieße das Kind mit dem Bade ausschütten.

Und Nachdenken über den eigenen Glauben heisst selbstverständlich auch, es mit Erfahrungen und Überzeugungen anderer Religionen zu vergleichen. Was ich, wie du weisst, durchaus auch gelegentlich tue. Das dir das Ergebnis/meine Deutung nicht gefällt, steht auf einem anderen Blatt.

Antwort geändert am 17.08.2020 um 13:13 Uhr

 LotharAtzert ergänzte dazu am 17.08.20:
Das Nachdenken über den eigenen Glauben ist nur dann sinnvoll, wenn ich den Glaubenden - also das Subjekt - untersuche, ob es überhaupt in der Lage ist, zu unterscheiden, was bloß Ego ist (Überzeugung) und was nicht (Erfahrung).
Eine Deutung muß stimmen und nicht mir oder irgendwem sonst gefallen.

Welche Größe hat dein Ego, welche Farbe, ist es rund, eckig, formlos? Wenn du ein Glied verlörest - schrumpfte es um die Größe des Verlorenen? - Was ist überhaupt so ein Ego, wo hält es sich verborgen? - Solange das nicht geklärt ist, ist alle Überzeugung bloß Vorstellung unter Vorstellungen - alles nur Stroh

Antwort geändert am 17.08.2020 um 14:13 Uhr

 DanceWith1Life meinte dazu am 17.08.20:
und was passiert, wenn du seine "Glaubenssätze" loslässt und schon bist du auf einem sehr lebendigen Planeten, mit lauter Menschen, die sich mit den gleichen Hindernissen rumapfeln.

Antwort geändert am 17.08.2020 um 14:48 Uhr

 Bluebird meinte dazu am 17.08.20:
Bluebird hat ja nun schon mehr als einmal geschrieben, dass sein Glaube in allererster Linie auf seinen persönlichen Erfahrungen beruht. Sie geben ihm die subjektive Gewissheit, über Jesus mit Gott verbunden zu sein.

Genauso hat er auch schon mehrfach gesagt, dass ihn logische Argumente vermutlich nicht hätten überzeugen können. Der christliche Glaube erschien ihm nicht unbedingt logisch, er hat sogar mit Reinkanationslehre und Karmagesetz ein wenig geliebäugelt.
Nachdem er aber -aus seiner Sicht - eine unzweideutige Jesuserfahrung gemacht hatte, machte er dann auch Nägel mit Köpfen und ließ sich taufen. In der Nacht vorher besuchte ihn dann der Herr - vermutlich - noch einmal ganz persönlich:[exturl=]Der nächtliche Besucher[/exturl]

War sein Glaube anfangs stark erlebnisorientiert, so begann er in den letzten 10 Jahren - herausgefordert durch Atheisten und Andersgläubige - sich stärker gedanklich mit seinem Glauben auseinanderzusetzen und ihn argumentativ zu untermauern ... was zwar durchaus Irritierendes hervorgebracht , aber letztlich seinen Glauben vertieft hat

Antwort geändert am 17.08.2020 um 14:59 Uhr

 LotharAtzert meinte dazu am 17.08.20:
Ach das ist gar nicht Bluebird, der hier antwortet?

 Bluebird meinte dazu am 17.08.20:
Doch, doch ... ich nehme manchmal etwas Abstand von mir selber ....

Antwort geändert am 17.08.2020 um 15:23 Uhr

 LotharAtzert meinte dazu am 17.08.20:
Trickreich. Das werde ich diesem LotharAtzert so mitteilen.

 DanceWith1Life meinte dazu am 17.08.20:
sehr irritierend, sehe ich ein, vor allem das "über Jesus" statt "durch Jesus", aber das is rethorischer Schabernak, zur Auflockerung. Schlüsselwort wäre wohl eher "unzweideutige Erfahrungen", also mit Jemanden, den man noch nie persönlich gesprochen hat. Ich meine, wir Menschen tun uns ja schon schwer, jemand zu verstehen der uns gegenübersteht und uns klar sagt, was er sagen will.
Für Bluebirds muss das anders sein, nehme ich an, praktisch.
Jetzt ja zwei, einer der Abstand zu sich nimmt und einer zu dem Abstand genommen wird.

Antwort geändert am 17.08.2020 um 15:39 Uhr

 Dieter Wal meinte dazu am 17.08.20:
@Dance: "Seltsame Frage"? Du bist ein Spaßvogel. Stelle Dir vor, ich schreibe über DanceWith1Life einen "Essay".

Nur über einen Second-Hand-Satz, den ich in einem Lexikon über ihn las. Ich weiß, dass Deine Werke in keinem Lexikon stehen. Sonst habe ich DanceWith1Life nie gelesen. Und dann fändest Du die Frage seltsam, was ich von DanceWith1Life las?

Würde ein Journalist so etwas machen, ist es sehr wahrscheinlich, dass er nicht mehr lange seinen Job behält.

Antwort geändert am 17.08.2020 um 15:49 Uhr

 DanceWith1Life meinte dazu am 17.08.20:
Lol @ DiWal
Kannst du den Rest des Kommentars mit einbeziehen, oder stört das deine Argumentation?

 Bluebird meinte dazu am 17.08.20:
Wo ist eigentlich Graeculus? Seine kritische Begleitung meiner Texte inspiriert mich durchaus, wenn auch in einer anderen Weise als von ihm erwünscht oder vielleicht erhofft!

Antwort geändert am 17.08.2020 um 17:07 Uhr
Aha (53) meinte dazu am 17.08.20:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Aha (53) meinte dazu am 17.08.20:
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 Dieter Wal meinte dazu am 18.08.20:
DanceWith1Life: Sorry. Trollfütterung außer bei Bluebird immer nur samstags.

 Graeculus (17.08.20)
Ja, "omnia quae scripsi videntur mihi paleae."

Falls Du daraus die Konsequenz ziehst, dann brauche man Thomas von Aquin ja gar nicht erst mehr zu lesen, dann sprichst Du wohl auch ein Urteil über Deine eigenen Texte, Deine eigene Spreu aus.

Um übrigens den Kontext herzustellen, in dem Thomas seine Äußerung getan hat: Nach dem Lesen einer Hl. Messe am 6. Dezember 1273 war er stark verändert und hat die Arbeit an seiner Summa theologiae eingestellt. Von seinem Ordensbruder danach gefragt, erwiderte er: "Rainald, ich kann nicht mehr." Und erst dann folgte die von Dir zitierte Äußerung.

Und es kam noch etwas danach: Am Vorabend seines Todes (7. März 1274) betete er:
„Ich empfange dich, Lösepreis meiner Seele, ich empfange dich, Brot meiner Wanderschaft. Deinetwillen habe ich geforscht, gewacht und mich gemüht, deinetwillen gepredigt und gelehrt. Nie habe ich dir entgegen ein Wort gesprochen. Wenn es aber unbewußt geschehen wäre, so verharre ich nicht auf meinem Sinn. Ich unterstelle, was ich unrichtig gesagt habe, ganz dem besseren Urteil der heiligen römischen Kirche, in deren Gehorsam ich jetzt die Welt verlasse.“
Wie gefällt Dir der letzte Satz?

Kommentar geändert am 17.08.2020 um 17:12 Uhr

 DanceWith1Life meinte dazu am 17.08.20:
boah (ohne constructor), es klang danach

 Bluebird meinte dazu am 17.08.20:
Sein Bekenntnis zu Jesus und seine bußfertige Haltung wird ihn gerettet haben ... ob die katholische Kirche über etwas urteilt oder in China ein Sack Reis umfällt, hat für mich in etwa denselben Stellenwert ... für mich gilt nur wahr oder nicht wahr, richtig oder falsch ...

um jetzt aber nicht falsch verstanden zu werden, ich besuche gerne auch mal einen katholischen Gottesdienst und selbstverständlich respektiere ich dann die Liturgie und die Priester , die sie durchführen ... und auch der Predigt höre ich interessiert zu

 Bluebird meinte dazu am 17.08.20:
Schon wieder eine Doppelung des Kommentars .... irgendwie ein Bug

Antwort geändert am 17.08.2020 um 17:45 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 17.08.20:
Vielleicht wirdauch Dir all das, was Du über wahr und nicht wahr, richtig oder falsch geschrieben hast, vor Deinem Tode wie Spreu vorkommen.

Bei mir halte ich es für gut möglich. Was nicht heißt, daß ich Jesus in die Arme sinken werde.
Ich hab's halt so gut gemacht, wie ich konnte.

 Bluebird meinte dazu am 17.08.20:
Ich kann natürlich jetzt nichts darüber aussagen, wie ich einmal in Zukunft Dinge sehen werde ... im Moment kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen, dass ich viel von dem , was ich geschrieben habe zu revidieren hätte ....

 Graeculus meinte dazu am 17.08.20:
Thomas von Aquin schon - Du nicht? Das nenne ich Hybris.

Wenn es einen allmächtigen Gott gibt und Du ihm von Angesicht zu "Angesicht" gegenüberstehst, muß Dir alles, was Du jemanls über ihn gesagt hast, wie das Gestammel eines Säuglings vorkommen.
Anders kann es gar nicht sein.

Antwort geändert am 17.08.2020 um 18:07 Uhr

 Bluebird meinte dazu am 17.08.20:
Die Hybris liegt nicht im Namen, sondern sich öffentlich in theologisch-spekulativen Dingen zu ergehen, die letztlich den Boden biblischer Grundlagen verlassen ...
da habe ich immer achtgegeben, dass dies bei mir nicht geschieht

Antwort geändert am 17.08.2020 um 18:12 Uhr

 Dieter Wal meinte dazu am 17.08.20:
Bluebird: "sich öffentlich in theologisch-spekulativen Dingen zu ergehen, die letztlich den Boden biblischer Grundlagen verlassen ...
da habe ich immer achtgegeben, dass dies bei mir nicht geschieht"

Du schreibst so zuckersüß eindimensional, dass es wieder eine Freude ist. Flatliner erhält eine ganz eigene Bedeutung.

Besser:

Die Hybris liegt nicht im Namen, sondern darin, sich öffentlich in theologisch-spekulativen Dingen zu ergehen, die letztlich mein Verständnis des Bodens biblischer Grundlagen verlassen ...
Da habe ich immer achtgegeben, dass dies bei mir nicht geschieht.
Aha (53) meinte dazu am 17.08.20:
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 Bluebird meinte dazu am 18.08.20:
@aha
Ich bin nicht für Bibelauslegungen und theologische Überlegungen anderer verantwortlich!
Aha (53) meinte dazu am 18.08.20:
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 Bluebird meinte dazu am 18.08.20:
Tue ich das?
Aha (53) meinte dazu am 18.08.20:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Bluebird meinte dazu am 18.08.20:
Bezüglich Bonnke - er ist inzwischen verstorben - kann ich nur sagen, dass mich das geschilderte Heilungswunder schon sehr beeindruckt hat:  hier
Im Übrigen habe ich ihm seine leidenschaftliche Hingabe ans Evangelium - und zwar nicht aus Gewinnstreben - abgekauft .... wie beispielsweise auch Billy Graham ... was aber nicht heisst, dass ich da nicht auch Kritikpunkte hätte

Antwort geändert am 18.08.2020 um 22:01 Uhr

 Dieter Wal (19.08.20)
"Gedankenimpuls:
Wer am Ende seines Lebens sich und anderen eingestehen kann, dass er geirrt hat, ist für mich ein großer Held!"


Wer sich und anderen am Ende seines Lebens eingesteht, dass er irrte, ist mein Held.

Ich würde an Deiner Stelle den "Gedankenimpuls" ohne Überschrift in die Anmerkung setzen. Es ist von Vorteil, Sätze so prägnant wie möglich zu formulieren und plakative Titel zu meiden, da sie als Aufdringlichkeit am Ende verstanden werden können. Sonst erweckt der Autor möglicherweise den Eindruck, dass er seine Leser unterschätzt. Sinnvoller kommuniziert sich, wenn sich der Autor nicht über seine Leser stellt und von oben lehrt, sondern auf gleicher Ebene.

Kommentar geändert am 19.08.2020 um 10:01 Uhr
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