1 - 2 Möglichkeiten eine Frau zu lieben...

Monolog zum Thema Alltag

von  alter79


Immerhin: Diesen Winter noch. Dann habe ich es hinter mir. Während Grace an der Maschine röchelt, - die ihren Saft vom Boden leckt und in den Kreislauf zurückführt. Graues Blut. In ein graues Gesicht. In einen von einem Teppichmesser gezeichneten Körper. Auf dem ich den Namen ihres Vaters lese. Das Wort Hass über ihrer Scham. Das sorgfältig vernäht ist. Verklebt. Hass! Der nie vergessen sein wird. Nicht ein Stich vom Chirurgen kann den ungeschehen machen. Auch keiner ihrer wütenden Schnitte. Das würgende Stöhnen, als ich über das Kästchen mit ihren Haaren darin streichele. Über ihren Kopf. Auf dem wächst, was wächst. In dem ist, was ist. In den ihr Herz pumpt. Erst schwach noch. Dann kräftiger. Aus dem Winter ein Frühling. Über den Sommer in den Herbst. Im Kreislauf. Womöglich. Es gibt keinen zweiten Ausgang, sagt Munk. Und ich denke an weit weg. An die Häuser hinter den Häusern. An Straßen hinter den Straßen. An das Grün. Und an den Wald hinter dem See. An das Meer. In den der Fluss mündet. Wo ich nächsten Urlaub sitzen werde.


Bist du sicher?

Ich weiß nicht...

Aber du bekommst doch Urlaub, was?

Kann sein.

Nimmst mich mit?

Die Maschine auch?

Davon bin ich doch dann längst weg. - Wozu ich nicke. Hoffe.

Na dann! Verreisen! Lacht sie. – Lachen. Wobei ihr Mund nur ein Strich ist. Die einst vollen Lippen ein Kringel im Rauch.

An den Fluss? Lacht sie. - Während ich ihr ein Herz auf die Stirn zeichne.

Ist es rot?

Ja!

Und schön gleichmäßig in der Proportion?

Klar doch.

Echt? - Kannst doch sonst nur so krumme Dinger...

Wenn es drauf ankommt, kann ich gut. Grinse ich durch die Stäbe an ihrem Bett. Kühle meine Stirn am Eisen. Während sie einschläft. Im Schlaf ihr Kopf hin und her ruckelt.

War es das? Fragt Munk.

Ich komme nachher noch mal.

Sehen sie sich Grace noch mal genau an!

Wieso?

Weil das Leben Veränderung ist.

Sie sind und bleiben ein Idiot, Munk! - Atme ich meine Empörung durch den Stoff. Ziehe mir die Bettdecke näher ran und. Träume von Bier und Currywurst und hinterher einer Kippe. Und dass es schneien sollte. So richtig. Wie früher. Um – erst die Hände hinter dem Kopf dann die Arme seitlich am Körper - einen Adler in den Schnee zu kratzen. Endlich mal wieder. Eine Sekunde Intimität -, in der ich mir die blutig geweinten Hände am Hemd trockne.


51,5 Schwule. Farben. Grau: Wie jeder ’gute’ Sado- Maso- Serien- Täter, bekomme ich Fanpost satt. Okay. Die ist zwar in letzter Zeit schmaler geworden, reicht aber für ein kleines Ein- Aus- Kommen. Jetzt aber -, seit dem Pornoschmöker 50 Farben in Grau ist die Nachfrage rasant gewachsen, und ich bin gezwungen die Jimmi- Double ’für alle Fälle’ zu aktivieren. - Schätze mal an die 20 Stück Anfragen am Tag zu erhalten. Zähle die aber nicht. Mindestens 10 davon gipfeln in der eindeutigen Anfrage auf eine Samenspende - 1:1 - und zwar jetzt und sofort. Geld spielt keine Rolle! Weswegen mir der geldgeile Munk schon vor Jahren eine Zelle nahe der Pforte mit eigenem Zugang von der Straße her eingerichtet hat. In knapper Uniform führt mich Grace den speziellen Kunden in Ketten und Beißschutz vor, nagelt mich an die Wand - und hält mir die Nudel beim Einführen und so weiter. Hinterher haben die Hausarbeiter Stunden zu tun, die Damen/Herren wieder zu beleben und die Zellenfliesen zu trocknen. Da nun bei 10 Stück pro Tag 2 – 3 in der Regel übrig bleiben, kommen regelmäßig meine Doubles zum Zug. Die natürlich (anonym) mit Jimmi- Kapuze und zumindest ähnlichen Maßen unten rum... Sollten die Double schlapp machen – was leider auch passiert - werden die Damen, nun ihrerseits mit Kapuze versehen, an die Wand getackert und der Anstaltsesel auf sie angesetzt. Dessen Namen verrate ich aber nicht. - Munk hat übrigens auch eine halbtote Leiche im Keller. Popow. Einen Russen. Einen ehemaligen Artisten vom russischen Staatszirkus, der für einen Schwarzmeer- Oligarchen der in Schoko macht, auf Eis liegt.


Popow lebte Jahre unentdeckt im Keller vom Airport TXL. Ernährte sich ausschließlich von Hunden, die er vom Gepäckband fischte. Deren Transportboxen er für kleines Geld über eBay verhökerte. Barzahlung und Abholung Bedingung. Ey, er hätte Millionär werden können - wäre ihm der Missgriff mit dem jungen Löwen nicht passiert.


Ein Auge und die Leber!“ Sagt Munk. „Wieso nur ein Auge?“

Der hat ein braunes und will ein blaues dazu...“

Und die Leber?“

Essen! - Aber gut durch muss die sein...“

Und wann?“

Der macht in Schokolade und kann erst nach Ostern!“

Bringt er ein paar Hasen mit?“

Wenn Sie wollen, Jimmi, arrangiere ich das für Sie.“

Wäre schön. Mir fehlt nämlich Grace sehr!“

Das kann ich verstehen.“ Irgendwann muss man stehen bleiben. Sich umdrehen. Luft holen. Zuschlagen. Sonst machen sie einen platt.


Adagio For Strings: ’Jede Minute, die ich in diesem Raum verbringe, macht mich kraftloser. Jede einzelne dieser Scheiß-minuten!’



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