Nobelpreis für Literatur - und Blick zurück
Dialog zum Thema Literatur
von eiskimo
Anmerkung von eiskimo:
Claude Simon, 2005 gestorben, hätte heute, am 10.10. seinen 112. Geburtstag.
Um eins seiner Werke zu nennen: „Die Straße in Flandern“ (1960). Und die birgt eine Szene, die mir von Claude Simon sehr haften geblieben ist:
Georges, in den Krieg gezwungen und in Gefangenschaft geraten, bekommt Post von seinem Vater. Der beklagt wortreich, dass im Krieg die komplette Leipziger Bibliothek vernichtet worden sei. Worauf Georges sinngemäß entgegnet: Wenn das in all den Schmökern angehäufte Wissen nicht diesen Wahnsinnskrieg hatte verhindern können, dann ist es auch nicht schade drum…
Kommentare zu diesem Text
Schön muß Literatur ja auch nicht sein - schon gar nicht in einer doch ziemlich unschönen Welt.
Ich kannte den Krasznahorkai überhaupt nicht, muß aber sagen, daß manches, was ich jetzt über ihn gehört habe, mich doch interessiert.
Wie viele gute, lesenswerte Autoren kenne ich eigentlich sonst noch nicht?
Ich kannte den Krasznahorkai überhaupt nicht, muß aber sagen, daß manches, was ich jetzt über ihn gehört habe, mich doch interessiert.
Wie viele gute, lesenswerte Autoren kenne ich eigentlich sonst noch nicht?
Sehr viele.
Damit geht es dir ebenso wie mir.
Damit geht es dir ebenso wie mir.

Lesenswert, das ist ein gutes Stichwort. Um mit Claude Simon zu sprechen: Dann hätte es Relevanz für unser Handeln und Trachten...
Wenn das in all den Schmökern angehäufte Wissen nicht diesen Wahnsinnskrieg hatte verhindern können, dann ist es auch nicht schade drum…
Was für eine rigide Forderung an die Literatur! Ist das ihre Hauptaufgabe, die Verhinderung von Kriegen?
Ein gutes Buch ist wie ein Freund, und von einem Freund erwarte ich nicht, daß er entweder einen Krieg verhindert oder nichts taugt.
(Das Zitat muß nicht die Meinung des Autors wiedergeben.)
Ein guter Freund hat vielleicht vorher schon dafür gesorgt - durch Augenöffnen für Kunst, Musik, Forschen und Schönes Entdecken - dass kriegerische Ausraster nicht stattfinden.
Ich möchte dir aber dennoch auch Lásló Krasznahorkaí ans Herz legen. Im heutigen Berliner TAGESSPIEGEL hat Gregor Dotzauer eine sehr lesenswerte Würdigung des frischgebackenen Nobelpreisträgers präsentiert und uns aus dessen Roman "Herscht07769" (Name und Leitzahl eines kleinen Örtchens in Thüringen, in dem Neonazis den Ton angeben) eine Passage zitiert, die für sich selbst spricht:
In den Pausen der Geschichte kriechen sie immer wieder aus der Kanalisation und zerstören, vernichten und erniedrigen alles, was sie erreichen, sie verderben alles, das wertvoll ist, sie versauen, was anderen heilig ist, und mit ihnen verbreitet sich eine Epoche, gegen die es keine Schutzimpfung gibt, denn für uns bedeutet nicht die gesundheitliche Pandemie die größte Gefahr, sondern diese Seuche, deren Symptom es ist, dass sich Menschen von ihrer schlechtesten Seite zeigen und schwach, unermesslich schwach und unermesslich dumm sind.
Aktueller Bezug am Rande: Trifft diese Erkenntnis am Ende vielleicht auch auf ein paar Figuren zu, die sich hier im kv tummeln?
Gruß von Fritz
In den Pausen der Geschichte kriechen sie immer wieder aus der Kanalisation und zerstören, vernichten und erniedrigen alles, was sie erreichen, sie verderben alles, das wertvoll ist, sie versauen, was anderen heilig ist, und mit ihnen verbreitet sich eine Epoche, gegen die es keine Schutzimpfung gibt, denn für uns bedeutet nicht die gesundheitliche Pandemie die größte Gefahr, sondern diese Seuche, deren Symptom es ist, dass sich Menschen von ihrer schlechtesten Seite zeigen und schwach, unermesslich schwach und unermesslich dumm sind.
Aktueller Bezug am Rande: Trifft diese Erkenntnis am Ende vielleicht auch auf ein paar Figuren zu, die sich hier im kv tummeln?
Gruß von Fritz
Danke für Deinen Kommentar, der natürlich den aktuelleren Stand der Dinge deutlich macht. Aktueller und wahrscheinlich auch wichtiger, was die Lage im Lande angeht.
Gruß nach Bedrlin
Eiskimo
Gruß nach Bedrlin
Eiskimo
Pfeiffer, wie Klaus Theweleit, der gleichermaßen authentisch, bescheiden und in sich ruhend auftrat, es vorgestern ausdrückte: das Internet hat den Autoritären und Reaktionären, die es die ganze Zeit in Verborgenen gab, Sichtbarkeit verschafft. Dies wurde auch in den 90ern als die künftige Entwicklung des Internets thematisiert wurde, nicht vorhergesagt, da man sie unter dem Eindruck der Baseballschlägerjahre für zu blöd hielt. Dabei, so Theweleit, hätten diese Kräfte Technologie schon immer für sich zu nutzen gewusst.
Antwort geändert am 11.10.2025 um 18:30 Uhr
Ich muss was verbessern in meinem Kommentar; das geht technisch leider nur durch eine Ergänzung.
Der Ort in Thüringen mit der Leitzahl 07769, von dem die Rede ist, heißt Kana, und nicht Herscht: Herscht ist die Hauptfigur im Roman. Sorry...
Der Ort in Thüringen mit der Leitzahl 07769, von dem die Rede ist, heißt Kana, und nicht Herscht: Herscht ist die Hauptfigur im Roman. Sorry...
Danke für die Ergänzung, lieber dubdidu: Sie macht noch deutlicher, welche Gefahren uns vom rechten Rad drohen.
Gruß von Fritz
Gruß von Fritz