Am Rande des Morgens
Gedicht zum Thema Krieg/Krieger
von Saira
Kommentare zu diesem Text
Hallo Sigi,
wenn der Krieg eine Atempause macht, entfällt jegliche Glorifizierung:"Kein Feind, kein Held, kein Vaterland –
nur Menschen, die zu Menschen werden."
Liebe Grüße
Ekki
wenn der Krieg eine Atempause macht, entfällt jegliche Glorifizierung:"Kein Feind, kein Held, kein Vaterland –
nur Menschen, die zu Menschen werden."
Liebe Grüße
Ekki
Danke, lieber Ekki – ja, genau da wollte ich hin:
dorthin, wo kein Feind mehr bleibt – nur Menschsein.
Herzlich
Sigi
dorthin, wo kein Feind mehr bleibt – nur Menschsein.
Herzlich
Sigi
Hallo Saira,
wir steigen unumwunden ein und zwar angefangen mit meiner Lieblingsstelle:
„Er streicht dem Kind die Stirn – und drum
liegt Frieden flüchtig in den Falten.“
Klasse dieses Bild, hier hast du voll getroffen, volle Punktzahl, gerade in Hinblick auf die nachfolgenden Zeilen, die weich „still und heimlich“ im Sinne des Gedichtes sind, aber auch erbarmungslos im cut:
„Ein Dorf, zerfurcht von grauem Sand,
die Luft riecht nach verbrannter Erde. „
Es ist als wäre in der Leerzeile zwischen diesen Versen etwas liegend. Und zwar diese Unverständlichkeit des Krieges, eine Sprachlosigkeit und etwas Unsagbares.
Die Stille und Heimlichkeit im Kontrast zum Krieg sind bezeichnend und die ersten Zeilen des Gedichtes machen sofort klar was man mit den kommenden Versen bekommt:
„Ein Kind erwacht im Staub der Nacht,
sein Atem flackert – scheu, verhalten.“
Die letzten Zeilen des Gedichtes stehen dem superb bei:
„Ein Kind, das in der Stille stand,
beginnt im Traum, sich still zu regen.“
Es bleibt offen: ist diese Regung Hoffnung für die Zukunft? Stille Belanglosigkeit? Oder wächst damit etwas heran, das nur den Krieg kennt und leben wird? Spannend.
Aber: Mein „stiller“ Kritikpunkt: Das Gedicht folgt einem klaren Konzept (was eingangs und oben bereits erwähnt wurde) und beschwichtigt nahezu mit den, dem Konzept folgenden, folgerichtigen Zeilen:
„Wie fein der Faden muss doch sein,
an dem sich Zeit und Hoffnung übe.“
Und
„Kein Feind, kein Held, kein Vaterland –
nur Menschen, die zu Menschen werden.“
Doch die Gratwanderung zwischen dem Konzept was ich sehe und zu einer „Romantisierung“ ist verdammt nah. Denn, zugegeben, es gab mir eine scharfe Kante an den Worten:
„Die Mutter sitzt im Kerzenschein,“
Das meine ich mit „Romantisierung“, dieser Kerzenschein (?), doch wenn man den nächsten Satz liest, könnte(!) man die Relativierung, ja die eigene Fehlbarkeit eines solchen gewollt herbeigeführten Ansatzes, verstehen. Also, wenn geschrieben wird:
„ihr Blick verliert sich, müd und trübe.“
Bedeutet mir: diese Gratwanderung zwischen poetischer „Romantisierung“ eines Themas und einer Situation (im Krieg wird romantisiert und stilisiert), zwischen einer stillen Zeit der Unschuld im Frieden, also dem Konzept m.E. nach folgend, und einem offenem Ende, das alles zulässt, findet in dem wohl unscheinbarsten Vers des Gedichtes eine Essenz im Sinne der Kraft die im Folgenden notwendig ist. Denn das ist mir unterm Strich auch hängengeblieben: Wohin mit der Kraft, oder vielmehr: woher die Kraft für friedliche Momente nehmen, wenn der Krieg alles an Kraft vereinnahmt und: ist diese Stille der friedlichen Momente am Ende womöglich doch nur eine gewisse Armut an Kraft? Ein weiteres Darben an der Gewalt. Wer kann sich im Krieg leisten „müd und trübe“ zu werden.
Also: es liegt mir fern, die Zeilen des Gedichtes zu sezieren mit den ganzen Zitaten, aber es hat mich sehr beschäftig, nachdem ich erst einmal einen Einstieg fand. Die beschriebene Gratwanderung und die für mich ersehbare Zögerlichkeit im Urteil (offenes Ende) – auch im Hinblick auf Rücksichtnahme und kindlicher Unschuld ist äußerst spannend.
Danke für die Zeilen und beste Grüße
Sascha
wir steigen unumwunden ein und zwar angefangen mit meiner Lieblingsstelle:
„Er streicht dem Kind die Stirn – und drum
liegt Frieden flüchtig in den Falten.“
Klasse dieses Bild, hier hast du voll getroffen, volle Punktzahl, gerade in Hinblick auf die nachfolgenden Zeilen, die weich „still und heimlich“ im Sinne des Gedichtes sind, aber auch erbarmungslos im cut:
„Ein Dorf, zerfurcht von grauem Sand,
die Luft riecht nach verbrannter Erde. „
Es ist als wäre in der Leerzeile zwischen diesen Versen etwas liegend. Und zwar diese Unverständlichkeit des Krieges, eine Sprachlosigkeit und etwas Unsagbares.
Die Stille und Heimlichkeit im Kontrast zum Krieg sind bezeichnend und die ersten Zeilen des Gedichtes machen sofort klar was man mit den kommenden Versen bekommt:
„Ein Kind erwacht im Staub der Nacht,
sein Atem flackert – scheu, verhalten.“
Die letzten Zeilen des Gedichtes stehen dem superb bei:
„Ein Kind, das in der Stille stand,
beginnt im Traum, sich still zu regen.“
Es bleibt offen: ist diese Regung Hoffnung für die Zukunft? Stille Belanglosigkeit? Oder wächst damit etwas heran, das nur den Krieg kennt und leben wird? Spannend.
Aber: Mein „stiller“ Kritikpunkt: Das Gedicht folgt einem klaren Konzept (was eingangs und oben bereits erwähnt wurde) und beschwichtigt nahezu mit den, dem Konzept folgenden, folgerichtigen Zeilen:
„Wie fein der Faden muss doch sein,
an dem sich Zeit und Hoffnung übe.“
Und
„Kein Feind, kein Held, kein Vaterland –
nur Menschen, die zu Menschen werden.“
Doch die Gratwanderung zwischen dem Konzept was ich sehe und zu einer „Romantisierung“ ist verdammt nah. Denn, zugegeben, es gab mir eine scharfe Kante an den Worten:
„Die Mutter sitzt im Kerzenschein,“
Das meine ich mit „Romantisierung“, dieser Kerzenschein (?), doch wenn man den nächsten Satz liest, könnte(!) man die Relativierung, ja die eigene Fehlbarkeit eines solchen gewollt herbeigeführten Ansatzes, verstehen. Also, wenn geschrieben wird:
„ihr Blick verliert sich, müd und trübe.“
Bedeutet mir: diese Gratwanderung zwischen poetischer „Romantisierung“ eines Themas und einer Situation (im Krieg wird romantisiert und stilisiert), zwischen einer stillen Zeit der Unschuld im Frieden, also dem Konzept m.E. nach folgend, und einem offenem Ende, das alles zulässt, findet in dem wohl unscheinbarsten Vers des Gedichtes eine Essenz im Sinne der Kraft die im Folgenden notwendig ist. Denn das ist mir unterm Strich auch hängengeblieben: Wohin mit der Kraft, oder vielmehr: woher die Kraft für friedliche Momente nehmen, wenn der Krieg alles an Kraft vereinnahmt und: ist diese Stille der friedlichen Momente am Ende womöglich doch nur eine gewisse Armut an Kraft? Ein weiteres Darben an der Gewalt. Wer kann sich im Krieg leisten „müd und trübe“ zu werden.
Also: es liegt mir fern, die Zeilen des Gedichtes zu sezieren mit den ganzen Zitaten, aber es hat mich sehr beschäftig, nachdem ich erst einmal einen Einstieg fand. Die beschriebene Gratwanderung und die für mich ersehbare Zögerlichkeit im Urteil (offenes Ende) – auch im Hinblick auf Rücksichtnahme und kindlicher Unschuld ist äußerst spannend.
Danke für die Zeilen und beste Grüße
Sascha
Kommentar geändert am 30.10.2025 um 13:49 Uhr
Hallo Sascha,
deine Worte beeindrucken und berühren mich durch ihre Genauigkeit und die Sorgfalt deiner Analyse. Du hast gehört, was der Text nur andeutet – was zwischen den Zeilen spricht und sich zugleich entzieht.
Ja, da liegt etwas zwischen den Versen – dieses Unsagbare, das du so treffend beschreibst: eine Leerstelle zwischen Atem und Stille, zwischen der zärtlichen Geste und dem, was sie nicht mehr zu retten vermag.
Die Gratwanderung, die du ansprichst – zwischen Wahrnehmung und Romantisierung – ist tatsächlich der schmalste Steg, auf dem das Gedicht balanciert.
Ich wollte den Moment nicht verklären, sondern zeigen, wie gefährlich still er sein kann – jene Stille, die kein Friede ist, sondern Erschöpfung. Ein Zustand, der fast nach Frieden aussieht, weil nichts mehr übrigbleibt, das sich wehrt.
Dass du dieses Spannungsverhältnis zwischen Müdigkeit und Kraft, zwischen Unschuld und der drohenden Wiederkehr des Krieges so klar gefasst hast, empfinde ich als großes Geschenk.
Gerade das Kind am Ende ist für mich kein Symbol der Hoffnung, sondern der Ungewissheit – dieser fragile Punkt, an dem alles beginnen könnte, auch das, was schon einmal zerstört wurde.
Ich danke dir von Herzen für deine aufmerksame, tiefgründige und ehrliche Resonanz. Sie zeigt, dass das Gedicht angekommen ist – dort, wo Stille und Nachdenken einander begegnen.
Herzliche Grüße
Saira
deine Worte beeindrucken und berühren mich durch ihre Genauigkeit und die Sorgfalt deiner Analyse. Du hast gehört, was der Text nur andeutet – was zwischen den Zeilen spricht und sich zugleich entzieht.
Ja, da liegt etwas zwischen den Versen – dieses Unsagbare, das du so treffend beschreibst: eine Leerstelle zwischen Atem und Stille, zwischen der zärtlichen Geste und dem, was sie nicht mehr zu retten vermag.
Die Gratwanderung, die du ansprichst – zwischen Wahrnehmung und Romantisierung – ist tatsächlich der schmalste Steg, auf dem das Gedicht balanciert.
Ich wollte den Moment nicht verklären, sondern zeigen, wie gefährlich still er sein kann – jene Stille, die kein Friede ist, sondern Erschöpfung. Ein Zustand, der fast nach Frieden aussieht, weil nichts mehr übrigbleibt, das sich wehrt.
Dass du dieses Spannungsverhältnis zwischen Müdigkeit und Kraft, zwischen Unschuld und der drohenden Wiederkehr des Krieges so klar gefasst hast, empfinde ich als großes Geschenk.
Gerade das Kind am Ende ist für mich kein Symbol der Hoffnung, sondern der Ungewissheit – dieser fragile Punkt, an dem alles beginnen könnte, auch das, was schon einmal zerstört wurde.
Ich danke dir von Herzen für deine aufmerksame, tiefgründige und ehrliche Resonanz. Sie zeigt, dass das Gedicht angekommen ist – dort, wo Stille und Nachdenken einander begegnen.
Herzliche Grüße
Saira