Alle 384 Texte von Walther

Lemuren Montag, Montag, neues Jahr: Alles bleibt, wie es schon war. Ewig schmilzt der Restkalender, Ewig tickt der Istbeender - Zeiger schieben sich im Kreis, Bis der Tod es besser weiß. Blödsinn, Schluss mit allen Uhren, Sie sind nichts als...

Letzte Warnung Betrachte mich von dieser Seite – denn nur Schatten Liegt auf der andern, Nacht und Schmerz und Tod und Trauer. Durch mich hindurch wächst eine dunkle kalte Mauer. Lieb meine linke Wange mit der zarten, glatten Und warmen Haut....

Leuchtet. Wartet. Neckt. / Sie bricht am Ende auch durch das Bitumen, / Entfaltet sich und strebt dem Blau entgegen: / Sie ist der Grund, den Tod zu widerlegen. / Selbst fast verdorrt ruht sie in Sand und Krumen, / Auf dass er komme, jener warme...

Lockerungsübung Die Sonne steht am Himmelszelt, Und sie bewegt sich doch. Sie wird kein Schwarzes Loch, Frisst eines Tages unsre Welt, Das ganze Gut, das ganze Geld Und ist kein guter Koch. Sie wartet damit noch. Wenn vorher nicht der Mond...

Locus terribilis / Der Dichter liegt, noch schlafend, in den Kissen. / Auf einmal treibt’s ihn, ziemlich out-of-focus, / Durch dunkle Gänge tapsend auf den Lokus. / Er hat sich fast die Zehen abgerissen / Und fühlt sich beim Geschäft...

Lösung, gehustet Ich sitze vor ner Tasse Tee Und sehe das, was ich nicht seh, Wenn ich nicht in die Ferne gucke Und mich dabei auch noch verschlucke. Doch wie ich spucke, wie ich pruste, Mein Leben aus der Lunge huste, Da fällt mir ein, was ich...

Mahnung / Der Wolke ist ein Furz entglitten, / Und es hat scharf dazu geblitzt. / Sie hat den Sturm mit Schwung geritten, / Und ich? Ich habe Angst geschwitzt, / Nachdem zuvor der Schweiß bloß triefte, / War ich vom Wetter doch erhitzt. / War...

Male / mäler / Markt der eitelkeiten tanz der / über sehenen der sprung vom / sockel: denk / mal / Herz attacke statt herz schlag / finale: wüsten ei von bräsig / keiten – lach / mal / Tod im fiaker: der rappe / schnuppert –...

Mangeln mangeln mängel / An betroffenheits / komik herrscht kein mangel / auch an wäsche nicht die / gemangelt werden sollte bevor / jemand an sie geht / Über begriffig ist die suade / die nicht ein mal gesungen / klänge nicht zwei...

mäntelDer mantel legte sich über daswas da wares war weder der der geschichtenoch der des verzeihensnoch des verständnissesnoch der des barmherzigkeitDes schweigens viel leicht derder so laut nichts sagtedass man hören könnte was zu...

Materialverschwendung Der Worte auf die Lippen malt, Verschreibt sich heute ziemlich oft. Denn in der Tat ist schnell geprahlt: Dann wohnt man solo in dem Loft, Das man für den Kredit erwarb: Die Einsamkeit kommt unverhofft, Weil mit dem Kauf...

Mein Glück / Mit Winterwonderland wird’s diesmal nichts. / Der Schnee ist längst im Gully abgeflossen. / Der Weihnachtsmann schiebt grade sehr verdrossen / Den Schlitten durch die Straßen. Ihm gebricht’s / An Eis und Schnee, dass Kufen...

Meisen. Schnäbeln. / Der Wind spricht mit mir, als ich liege / Und mich in schönsten Träumen wiege. / Er streicht mein Haar und meinen Bauch / Und um die Nase tut ers auch. / Es spricht der Frühling zu mir leise, / Und das auf seine...

Melancholie, regenfad. Der Morgen hat den Mund sehr vollgenommen. Jetzt steht er da mit seiner kurzen Hose. Es waren nur noch Reste in der Dose; Den Kaffee hat er nicht mehr hinbekommen. Die Blätter auf dem Tisch sind leer und lose. Der Plan vom...

Memento Wo die bitternis wohnt schlafe ich mich krank zähle die tausend füßler in den tür ritzen & die kreuz spinnen in den blenden lamellen Ich trage die nacht mit mir wenn ich wach träume & träufle zähren in den morgen kaffee Während...

Memorandum! / Ich denke: Nunc est memorandum! Dein sei / Des Helden Herz, auch wenn da keines wäre, / Auch wenn er keiner ist, dann wehre, Zähre, / Als wäre tränenreich der Tod. Was mein sei, / Das frage ich die Statuette. Klein sei /...

Menschen. Leben. / Der Mensch lebt nicht vom Brot allein! Nein, er muss handeln, / Muss Gutes schaffen und dem Bösen wehren. Doch: / Was immer er auch tut, er endet tief im Loch, / Muss schließlich sich in jenen Lehm zurückverwandeln, /...

Messer. Fischer. Fisch. Und Wogen. / Das Messer wetzte einst ein Fischer, aus- / Zunehmen war in seinem Sinn, sogar / Die Gräten. Nicht alles nehme man für bar, / Nicht nur die Münze, auch den Schein. Ein Graus / Ist’s, Fischen, lebend...

Methanverfurzt Der Welt mal an den Kopf gegriffen Und festgestellt: Der Kopf muss kiffen. Wenn nicht, dann wäre er bescheuert. Das Beste wär, dass man ihn feuert: Der Laden läuft mehr schief als krumm, Das menschliche Banditentum, Es passt...

Mittagstisch Ein kleiner Mönch, fast nur ein Zwerg, Steht einsam schräg auf einem Berg. Es bläst wie Hölle, pfeift wie Pest, Dort oben auf dem Everest. Er hält die Pfanne in der Hand. Die Bratkartoffeln sind verbrannt. Er blickt zum Himmel....

Möcht nicht Möchte heute nicht mich regen, Möcht mich einfach niederlegen Hin zum schönen dunklen Traum: Ist nicht meine Welt zu sagen, An der unsre Zähne nagen! Dafür nehm ich mir jetzt Raum. Möchte in der Wärme schwimmen, Möcht, dass...

Moloch / Kein Speichel netzt die trockne Lippe: Blut / Schmeckt eine Zunge, die darüber gleitet. / Es ist der Alptraum, der die Mähre reitet. / In müden Augen glimmt nur Angst, nicht Mut. / Da wohnen Schluchten, wo die Schwärze ruht, / In...

Moloch II – „sonnet noir“ / Wer trocken Brot isst, muss nicht leiden, oder? / Nein, muss er nicht. Er könnte ja auch hungern / Und in den Straßeneckenschatten lungern, / Dort wo’s nach Pisse stinkt, nach Alt und Moder. / Erzähl...

Morellig morallig Aus dem schatten morelle spuck den kern zwischen die augen Das gift spritze das bittre das süß saure das blau säurige Obst du kornel kirschiges vögel geliebtes Lutsch ihn den spitz findig gerundeten um zunge ihn züngelnd &...

Morgenrot heißt Weckertod Der Morgen blitzte durch den Vorhang. Der Schläfer schlug nach einem Strahl Und schimpfte: „Vorwitz, mach den Abgang!“; Der Wecker klingelte nochmal. Das tat er nicht mehr, denn er flog Bis an die Wand, wo er...

Move it, Baby! (Cancel Culture) Die Dunkelheit wirft mir den Schatten zu: Ich kickte ihn so gern zurück. Kein Glück Hab ich und sonst auch wenig anzubieten. Die Lose waren samt und sonders Nieten, Die ich gezogen hab. Und mein Chouchou Hat mich...

Möwen. Paradies. / Der Sommerhimmel hängt an weißen Fäden / Aus Urlaubsfliegern. Ökofußabdrücke / Verlaufen sich in der Gedächtnislücke. / Auf der AIDA schippern Bioläden. / Ein Orca-Wal verschluckt sich nicht an Gräten, / Weil...

Nachgedanken Gedanken lagern lange, liegen brach Und stören sich nicht an der schnöden Welt. Sie ruhen, weil es ihnen gut gefällt. Doch sie erwachen schließlich, nach und nach, Wenn wie ein Blitz sie etwas stupst und kitzelt. Sie schütteln,...

Nachklapp Am Tag nach Karneval ist Ruh, Und selbst der Faschingsscherz hinkt lahm. Was bleibt auf grauem Makadam: Kammelle, Kotze und Konfetti. Beim Dreigestirn ist nichts paletti, Die Kappe drückt, die Hose zwickt. Die Welt bleibt kleinkariert...

Nacht wird & still Gebettet lieg ich liege an mir liege richtig liege falsch Die fliege am fenster fliegt richtig falsch bis mein plüsch tier fliegt Ein fliegender hund ist kein fliegender fisch & die fliege fällt vom glauben ab & ins nichts...

Nachtklage eines Geistesriesen Ich wollt, ich wär kein Philosoph, Gelegentlich ein bisschen doof, Dafür ein wenig stark und schön Früh morgens schon und ohne Fön; Mir wüchsen peng die Muskeln prall Anstatt im Hirn ein Wörterschwall, Dann...

Nähe aus geschlossen ein Der ab riss zettel nimmt ab ich nicht – der pandemiker frisst sich einen bauch an: ab stands wahrung ein geschlossen Nähe aus geschlossen: man um armt sich selbst frau auch – oder nicht auch das ist hier die frage...

Neptun in Sichtweite / Die Schwärze dieser Nacht ist die der Seele: / Wer diese Zeit genießt, hat kein Gefühl. / Inmitten dieses Chaos‘ ist nur noch Gewühl: / Das Schwert des Damokles sitzt an der Kehle. / Gott Neptun rüttelt lang schon am...

Neutronen. Praline. / Neutronensterne sind auch nur Pralinen? / Der Mensch hat nachgerechnet: Siehe da. / Was kommt heraus? Analogisch ja! / Was sieht man? Lauter ganz erstaunte Mienen! / Und so ein Stern ist wirklich ziemlich klein. /...

Nicht mehr schlau Der Wechselwind vertreibt die Wärme: Staub Rauscht aus dem Feld, färbt gelblich fahl die Sonne. Da trudelt in das Blickfeld eine Tonne, Die aus dem Innern Abfall kotzt, ein Raub Der Krähen, die die Sämereien missen. Im halb...

Nur Epigone Ein Träumer bist du – und ein Minnesänger, Der Weisen summt und weise Lieder singt, Aus dessen Laute nichts als Wohlklang klingt; Und doch bist du nur fader Wiedergänger, Der nicht mit seiner Liebe Worte ringt, Noch um sie...

Omelette. Kaffee. Acht. / Frühmorgens wartet schon die Tasse. / Die Nase sucht den Duft des Tages. / Durch Flur und Küche wabert Vages. / Bevor ich den Gedanken fasse, / Ist schon das Wasser in der Kanne, / Das Pulver wandert in den...

Ost-Ghuta, Syrien, 21.02.2018 Es fallen wieder Splitterbomben, Und in den dunklen Katakomben Verrecken wieder kleine Kinder. Die Herren sitzen an den Tafeln, Man sieht sie fressen, sieht sie schwafeln: Da sitzen sie, die Menschenschinder. Und...

Pandemischer Standpunkt Ich danke sehr für all die Gaben. Den Virus möchte ich nicht haben. Den könnt ihr gerne weiter schenken. Nicht böse über mich jetzt denken. Ich liebe euch, ihr Menschen, alle: Jedoch steigt mir sehr schnell die Galle...

Pandemisches Sonnet Es ist, als hört man leises Flügelschlagen, Und watteweich schwingt sich das Leben auf: Die Bäume wollen alles überragen Und nehmen selbst den frühen Frost in Kauf. In Büschen herrschen Rascheln, Zwitschern, Bauen Und in...

Passion Es ist ein langer Weg, der sich um Berge windet, Durch Täler eilt und Feld- und Wiesenraine säumt. An mancher Stelle steht ein alter Baum und träumt. Darunter wiederum ein Mensch, der wartet, findet, Was er nicht sucht, wie immer er...

Pendelum: heuchelnd Der gehörnte findet gern opfer die sich über sich er heben & um sich tanzen nach melodien die hohl im raum zu hängen bleiben Man kann sich weiß er in seinen selbst gesponnnen fäden ver fangen & zu den tönen die dort...

Pfannen. Weise. / Der Morgen, der schön in der Nase kitzelt, / Hat sich in einen Vormittag verwandelt, der / Sich in die Länge zieht und eklig schwitzt. / Dazu hat eine Elster furchtbar laut gewitzelt, / Wie eine Krähe sich an einer Nuss...

Qual der Wahl Der warme Wind: Er wiegt so gut. Und sicher Ist nicht mehr Winter, nicht mehr bäh! und kalt, Und in den Frühlingswiesen wohnt Gekicher. Frühmorgens, wenn der laute Zwitscherterror schallt, Schließ ich das Fenster, dreh mich...

Quarantäne Mir schmilzt der käse in der pfanne ins gemüse – die zeit schmilzt die contenance weg wie plastik unterm bunsen brenner Ordnung rufe ich mir zu – bleib im rahmen frame den lock down mit un sinns löckchen treibe dich wie auch...

Ralf Ratzfatz robbt Ralf die Resterampe rauf Als gäbe es kein Gestern, Heute, Morgen: Er will von all dem schönen Müll was borgen, Denn Müll zu werden ist der Dinge Lauf. Er schafft‘s gerade noch, sich zu besorgen, Was er nicht wirklich...

Rand. Erscheinung. / Der Rand ist nie ein Ort. Er ist nur Grenze, / Ein Horizont, der Tag und Nacht zertrennt, / Der einen Anfang und ein Ende kennt, / Doch was dazwischen ist, fehlt ihm in Gänze. / Im Zimmer dort, in dem das Licht noch brennt,...

Raum. Zeit. Delle. / Ich frage mich an dieser Stelle: / Hat heut die Raumzeit eine Delle? / Da stehen viele Schwergewichte / Mit sauviel Ernst in dem Gesichte, / In den Gesichtern, wollt ich sagen, / Und, was zum Teufel, wollt ich fragen? ...

Relativ Der Kaffee in der Tasse: kalt. Der Tassenträger: müde, alt. Das Wetter draußen: richtig mies. Es ist, als ob das Glück verließ Den müden alten Mann, um fort Zu gehn an einen Sonnenort. Der Mann schaut auf. Die Liebste lächelt. Er...

Roter Milan Im Himmelsgrau kreist ein Milan. Er steuert Mit seinem Gabelschwanz durch eine Bö. Der Wandrer zählt die Schritte: Peu à peu Kommt er der Hütte näher. Angstbefeuert Fällt er von langem Schritt in schnellen Trab. Der Blitz reißt...