Alle 159 Texte von Rosalinde

Stille. / Viel Grün in Luft und Luch. / Ein Dampfer bläst zur / gemütlichen Seenrundfahrt. / Kein Ahornblatt fällt. / Unvermittelt in der Klosterruine / singen sie gutgemeinte / Friedens-Choräle. / Am Postamt das gütige Grinsen /...

Wer alles glaubt, dem geht es stündlich besser, / der hat, wie man so sagt, das Glück im Sack, / trägt’s ständig tief im Herzen huckepack. / O nein, der ist kein böser Menschenfresser. / Lobet die Herrn von der BILD, / die unser...

Mein zerzaustes Gedächtnis / sammelt die Bruchstücke von Jahren, / ein Ziehen im Herzen, nichts weiter. / Was auch geschehen, / das Große, das Kleine, / die Spuren verwischen sich. / Nichts Neues, immer / das Alte, wer erinnert sich gern, ...

Es ist ja lange her, seit wir uns fanden, / zusammen lebten und nicht mehr allein. / Und jetzt? Jetzt bin ich ich und doch ganz dein. / Die Zeit allein kam mir direkt abhanden. / Ein Auf und Ab, so manches böse Stranden, / wie oft auch so ein...

Der Morgen kommt mit kühler roter Sonne, / der Dichter ist erwacht aus tiefer Nacht. / Er wühlt in wahrer, edler Schmerzenswonne, / schreibt sich vom Herz, was seine Seele macht. / Und glaubt und deutet wie der Griechen Seher, / weil grad ein...

Das sagt sich leicht: Sei doch mal Du. / Was hilft mir denn all mein Bemühen - / die Tür zum Ich ist meistens zu. / Doch spür ich so ein leises Ziehen. / Ich wäre ja so gerne Ich, / doch ständig kommt mir was dazwischen, / zum Beispiel...

Die Stunde ist trüb. / Jahrhundertdunst der Hinterhöfe hängt / überm Wasser. Vermummt quert / eine Greisin meinen Weg. / Am Maybach-Ufer Türkenmarkt, / das Gegenüber in fahlem Schlaf. / Grau getreten die Wege, unberührt / strömt der...

Wer Augen hat, zu sehen / Es lohnt sich, ab und zu in den Himmel zu blicken. Nicht um den lieben Gott auf seinem Thron sitzen zu sehen, sondern um zu verstehen, dass unsere Erde in hohem Maße von Menschen selbst gefährdet ist. Es handelt sich...

Er kam plötzlich, / der Herbst, mit dünnem Regen / und frühem Gilben des Laubs, / kaum, dass die Kastanien / gefallen. / Verstummt die Straßen, / es ist, als liege die Stadt gefangen / in einem Tagschlaf, der um / Erwachen bettelt, ehe die ...

Im Leben gibt es so Momente, / da möchte man von gar nichts wissen, / da steht man rum und tritt zur Seite / und fühlt sich seelisch ernstlich pleite, / als hätte man Geschirr zerschmissen, / und wünscht sich vorzeitig in Rente. / Es will und...

Die ham wa noch nich, die ham wa noch nich! / Wir müssen endlich neue Bunker bauen! / Der Feind steht vor der Tür! Wie fürchterlich! / Und Feinden soll man nun mal nicht vertrauen! / Ich kenn das Land, wo die Kanonen blühn, / so hat es...

Benn einsamer nie als im August, / doch der Januar kennt dunklere Tage, / das farblose Glas der Fröste, Einsamkeit / überwuchert den Rand der Welt. / Eisernes Grau legt sich auf uns, wir / Weltbewohner hilflos unter der Drohung / des Infernos,...

Ein Augenblick. Da bist du nahe dran. / Du greifst danach, dir glitscht was aus der Hand. / Dann hast du Angst: Zerschlägst dir Porzellan. / Im Magen wird dir etwas blümerant. / Und plötzlich weißt du, was in dir rumort: / Dein Alltag...

Ach, Verse haben hier nichts mehr zu suchen, / sie irren bankrottierend durch die Zeilen. / Er bricht ein Sahnestück aus fremdem Kuchen, / muss, was geschrieben, mit Erfindern teilen. / Und doch, er kann die Welt und sich verfluchen – / im...

Am besten wär es wohl, jetzt mal zu flüchten, / So dachte er voll Ärger gestern noch. / Im Fernsehn lauschte er entsetzt Berichten, / wonach es stark nach Aufstandszeiten roch. / Doch heute ist er aller Sorgen ledig, / heut hat er seinen...

Tag, / der sich neigt, / aus Licht, / aus Stundengesang / in die Nacht, in den Rauch. / Und aus der Tiefe des Wolkengebirgs / das Schweigen. /

Sie dürfen. Wer darf dürfen? Was wird gedürft? Wann wird gedürft? Wie wird gedürft? / Fragen, die sich stellen. Oder auch nicht, es kommt darauf an, ob man als deutscher Musterbürger jedes Gesetz der Bundesregierung bedingungslos bejaht und...

Am Sonntag wirkt mein Viertel wie verträumt. / Kaum bellt ein Hund. Auf Dächern gurren Tauben. / Die halbe Welt steht still. Man will’s nicht glauben / und denkt, ein Gott hätt hier mal aufgeräumt. / Es riecht nach Gras und irgendwie nach...

Wir leben in den allergrößten Zeiten, / noch nie war eine Zeit so furchtbar groß. / Wir sind dabei, den Abgrund zu beschreiten, / macht uns doch nichts, da sind wir anspruchslos. / Noch leben wir, noch ein, zwei kleine Schritte / nach...

1.  Odertal | 43 , 1 mit 1 
2.  Oderdeich Text | 79 , 2 mit 10  1  

Das Jahr neigt sich / zum Ende des Sommers. / Hingestreut schon auf die Wege / gilbendes Pappellaub. / Wir tranken das Himmelsblau / so bedenkenlos, wie wir es uns auch / kaum noch ohne Kampfjets / vorstellen können. / Sternenlos die Nächte....

Das Gedächtnis zerfällt / Bis auf die Finger an deinem Arm. / (Max Hölzer) / "Hängt ihn!" Graziani hob den Arm, / der fiel herab, ein Fallbeil. / Omar Al-Mukhtar, letzter von wenigen. / Zu Ende der Kampf. An diesem traurigen Tag, /...

Bin aufgeschreckt aus einem Traum. / Verstehe nicht, was mir geschehen. / Um mich die Wände nur, der Raum – / ein Traum, kann der mir nahegehen? / Durchs Fenster blickt der Mond herein. / Im Hause nichts als tiefe Stille. / Ich seh mich um,...

Wir wissen nichts. / Davor stehen wir, staunen. / Die junge Archäologie tröstet uns / mit Erklärungen. / Menschen wie wir. / Wie haben sie gelebt? Vor Tausenden / von Jahren? Wer schaffte diese Steine, / diese gewaltigen Steine heran?...

Da fährst du fort im Eilzug ohne mich. / Ich auf dem Bahnsteig fühl mich schon allein. / Du rufst am Fenster: „Du, ich liebe dich!“ / Ich lächle bloß hinauf und bin ganz klein. / Gesagt ist, was zu sagen uns noch blieb. / Der große Rest...

Nein, kein Wort gibt Schutz / vor den Ungeheuerlichkeiten der Zeiten, / in die wir bedenkenlos hineingeboren, / und kein tröstender Satz. / Die Haut nimmt die Kälte nicht auf, / die Schreie erreichen die Ohren nicht mehr, / taub leben wir...

Nun ist es Herbst, das Jahresende naht. / Das Wetter ist jetzt nicht mehr, was es war, / die Herbste ähneln sich wie ein Plagiat. / Muss wohl so sein, ist mir schon lange klar. / Der Sonnenhimmel macht sich derzeit rar. / Am Morgen schon sind...

Der See. / Ruderndes Laub, spiegelnde Wolken, / gebrochen die Schatten / der Schlosstürme. Überm Wald / hängt weiß die Mittagssonne, wärmend / Gerechte und Ungerechte. / Geziertes Lachen vom nahen / Buchsbaumtheater. Spinnendünn auf der /...

Weit Sarmatiens Himmel, / Tage wehten in brennender Bläue / über die Memel, schliefen / im Schatten der Wälder. / Katzengleich schmiegten / weiße Städte sich an die / Ufer der Ströme, lautes Getön / an den Abenden. / Über...

Ich hab so ein Gefühl, kaum zu ertragen. / Wie sagt man es? Ich will nur einfach fliehen, / nichts sehn, dem faden Hiersein mich entziehen. / Auf Wolke sieben, sollte ich wohl sagen. / So fühle ich seit langem Zweifel nagen, / fast täglich...

Du hast nachgedacht, was Glück / sein könnte; vielleicht, sagst du dir, teilt uns / Sterblichen da oben jemand die Ration / Glück ein - nur so, aus Langeweile. / Glück ist, wenn das TV heut Sonne / verspricht, wenn du morgens erwachst...

Mit blassen Händen / trug fort ich den stillen Atem / nächtlicher Straßen. Herab kam er / mit lautlosem Flügelschlag / einer Elster. / Laternenfeuer, / kühl, überlegen, zivilisiert. / Lieben hinter sorgsam / verschlossenen Fenstern....

Alles braucht seine Zeit, / kein Gras wächst über Nacht, / deine Briefmarkenwelt, sie gab dir / zu denken, es häuften sich / kleine und große Abschiede. / Dich trieb es, was dich bewegt, / in Verse zu setzen, in Stanzen / und Sonette,...

Der See. Still lag er. / Das Ufer glänzendes Spiegelbild im Wasser. / Bleiben wollte ich, harren der Kranichschreie, / die von ferne ertönten. / Wolken, ihr Wolken! / Mit erhobenen Armen stand ich. / Bringt es zu mir, das Glück der...

Lass singen uns, Fluss, / Lieder singen aus Wind, der des Abends / über die Wasser streicht. / In Träumen saß ich am Ufer, vernahm / den Ruf eines arglosen Vogels, / ein Lachen flog durchs Weidenlaub, / Flügel aus Dunst, aus Wolken /...

Die Wege gleichen sich, die Schritte auch, / du läufst im Kreis und findest nicht hinaus. / Was fehlt, ist Glück, du hast kein eigen Haus, / dich zu verbergen, wie es Schneckenbrauch. / Wo sind die Jahre, fragst du dich gequält. / Du...

Immer derselbe Blick / aus dem Fenster, hinüber zu Häusern, / in denen die anderen ihre Ängste / einmauern. Was weiß ich / von ihnen. / Ginge es nach mir, / ich säße den ganzen Tag am Fenster / und sähe hinüber auf die...

Grünes Land, die Ebene Verlockung. Unterm Himmelsgewölk Wogen hüfthohen Grases, seidensanft. Flammengesichter, Disteln im Schatten der Kräuter, die Häupter gesenkt. Gelb lohen, dichtgedrängt, märchengroße Wolfsmilchstauden. Leicht, den...

Ich möchte ein Gedicht dir schreiben, Kind, / das alles sagt und nichts verschweigen muss. / In dieser Zeit von Lügen und Verdruss / gib Kraft mir, dass das rechte Wort ich find. / Fort eilt des Menschen Leben wie der Wind, / die Welt ist...

Verflucht, ein Leben voller Widrigkeiten: / Kein Ausweg, ohne Geld ist man verloren! / Bist mit dem goldnen Löffel nicht geboren, / du spürst, was du entbehrst in diesen Zeiten. / Siehst hinter Glas bloß all die schönen Sachen, / dein...

Es hat der Dichter namens P. W. Knabe / ein neues Werk vollbracht, das Wunder schafft. / Er breitet aus die schwüle Geistesgabe, / sie brennt ihm in der Seele dauerhaft. / Verzückt ob solcherart Gedankenschwere, / schreit nämlich auf die...

Und wieder geht ein leerer Tag zu Ende. / Still sitz ich da, besieh mir die vier Wände. / Vorm Fenster wiegen Bäume sich in Schweigen. / Von draußen dringt die Nacht ins kleine Zimmer, / Laternen flammen auf mit fahlem Schimmer. / Gedanken...

Die Flügel von einst / gebrochen, versuche nur zu fliegen. / Beraubt unserer Lebendigkeit, / wollen wir uns im Aufwind von / Hügeln erheben, hoffnungsvoll, / es gibt noch eine Chance aufs Gelingen. / Unsere sterblichen Leiber klammern / sich...

Dort zwischen Feldern, / die Wälder schliefen in den Flüssen, / einer mit wachen Augen, er blickte hin, / fremd blieb ihm nichts. / Nächtliche Eulenschreie, / Hähne bekrähten den Morgen, und der Herr Pastor / segnete die Dorfarmut....

Als gäb es kein Erwachen mehr aufs neu, / so liegt die Stadt in den zerfetzten Sielen. / Sie spart an Mitleid, Tränen und Gefühlen, / der Mörderangst, dem Fremdenhass getreu. / Was hinter tauben Fenstern sich noch regt, / du ahnst es: Drinnen...

Wer kennt nicht diese dummen blassen Tage, / wenn gar nichts klappen will und nichts passiert, / ach, solche Tage sind die reinste Plage. / Als ob das Leben stänkert und stagniert. / Wie blind läufst du durch alle deine Zimmer, / vergisst,...

Man lebt geduckt, man bloß so vor sich hin / und hat die große Zeit so langsam satt, / genaugenommen lebt man nur anstatt. / Wer weiß, vielleicht liegt darin auch ihr Sinn. / Klammheimlich wünscht man sich Vergangenheit / zurück, wie’s...

Leb diese Frühe, / der Morgen öffnet die Augen / wie einer, der lange anderwärts / weilte, wo Erde und Sterne / sich zärtlich berührten. / Allein die Schatten / beweisen den Lauf der Sonne, / wenn sie über den Dächern deiner / Stadt...

Der kleine Blick, ein Halbmoment, / hinaus ins Freie, fällt auf Waschbeton. / Erneut das Herzensleer in dir, es brennt, / ergreift Besitz vom Leib. Und ohne Ton, / ein Seufzer nur, so kurz wie Käferleben, / gehst du zurück ins Zimmer....

Sprächen die Verse in die / Lautlosigkeit unseres Schweigens, / in die schlafende Glut unserer Sonnen, / mit offener Stirn, Zeile für Zeile / und ganz ohne Ängste, / gesetzt, sie sprächen von den / irrationalen Phantasmen jener...