Die Kuh, die lacht, feiert ihren Hundertsten

Bericht zum Thema Essen/ Ernährung

von  eiskimo

Die Kuh,die lacht, feiert ihren Hundertsten

La vache qui rit, das ist eine französische Erfolgsgeschichte. Die runden Käseschachteln in Trikolore-Farben mit der lustigen Kuh drauf sind weltweit ein Verkaufsschlager. Dabei ist dieses Logo überhaupt nicht zum Lachen. Denn es hat seinen Ursprung in den Schützengräben des 1. Weltkrieges und ist Ergebnis einer Propaganda-Aktion der französischen Heeresleitung. Doch davon später mehr.
Es hatte ganz klein angefangen, in Lons-le-Saunier (Jura), wo Jules Bel in den Kellern eines alten Kapuzinerklosters 1865 eine kleine Fromagerie eingerichtet hatte, die sein Sohn Léon 1908 übernahm und erfolgreich ausbaute. Fast zeitgleich wurde in der Schweiz von Walter Gerber und Fritz Stetter ein Verfahren entwickelt, mit dem aus Emmentaler ein sehr schmackhafter und bestens haltbarer Streichkäse hergestellt werden konnte.
Léon Bel wurde 1914 wie Millionen anderer junger Franzosen einberufen und erlebte den 1. Weltkrieg bei einem Nachschub-Regiment für Frischfleisch.
Als 1917 die Fronten völlig festgefahren waren und der wahnwitzige Stellungskrieg die Soldaten zu zermürben drohte – auf französischer Seite kam es zu ersten Meutereien – da rief die Propaganda-Abteilung zu einem Ideenwettbewerb auf, bei dem sich alle Heeresabteilungen mit einer möglichst humorvollen Zeichnung darstellen sollten.  Für das Nachschub-Regiment „Frischfleisch“ fertigte Benjamin Rabier, der später als Illustrator und Zeichner zu großen Ehren kommen sollte, einen kauzigen Ochsen, der fröhlich in die Welt lachte.
Léon Bel kam 1919 zurück nach Lons-le-Saunier und musste fast bei Null neu anfangen. Aber er hatte von dem Schmelz-Verfahren der Schweizer Käseveredler erfahren und er hatte das Logo für seine Fromagerie im Kopf. Im April 1921 ließ er den Firmennamen  „La Vache qui rit“ offiziell eintragen, fest entschlossen, mit diesem witzig klingenden und witzig illustrierten Markenzeichen ganz neue Zielgruppen anzusprechen. Das war mutig und auch vom Marketing her äußerst modern, und ebenso modern ist die Strategie des Hauses Bel bis heute geblieben: Über 9000 Beschäftigte arbeiten weltweit für den so pfiffig verpackten Käse, der in fast allen Ländern der Welt zu Hause ist, als La vache qui rit, als La vaca que rié (Spanien), als Krowska smieska (Polen) oder  Con bo cuoi (Vietnam).
Witzig auch die Plagiate oder abgeleiteten Produkte: La vache qui lit (die Kuh, die liest), La vache qui parle ( .. die redet), La vache qui pleure (.. die heult), La vache sérieuse (die ernsthafte) … und vor allem ein höchst amüsantes, stets sich erneuerndes Spektrum von Werbeaktionen.
Genialer Schachzug von Léon Bel im Jahre 1925: Er gab der Kuh das bis heute gebliebene kräftige Rot, und er machte sie weiblicher, indem er ihr Ohrringe verpasste … in Form zweier herab baumelnder Käseschachteln, Marke „La vache qui rit“ ….

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Kommentare zu diesem Text


 millefiori (04.09.21)
Ach man lernt doch immer was dazu.
Sehr interessant und ich mag sie auch, die "lachende Kuh".
Liebe Grüße
millefiori

 eiskimo meinte dazu am 04.09.21:
... auf frischem Baguette, hmmm!
LG
Eiskimo

 Graeculus (04.09.21)
Amüsantes über unseren großen Nachbarn.

 FrankReich (04.09.21)
Icehockey, jetzt ist mir natürlich auch klar, wie die Käsesorte "kiri" zu ihrem Namen gekommen ist.

Ciao, Frank

 eiskimo antwortete darauf am 04.09.21:
Oui, qui rit, qui rit....
Ich frag mich, warum aus dem Nachschub-Ochsen eine Kuh werden musste...
Salut
E.

 FrankReich schrieb daraufhin am 05.09.21:
Eigentlich logisch, beim Regiment ging es um das Frischfleisch, bei Bel um die Milch, bzw. den Käse.

Ciao, Frank

 EkkehartMittelberg (04.09.21)
Wenn eine Kuh lacht, verstummen die Hühner vor Erstaunen.
LG
Ekki

 eiskimo äußerte darauf am 05.09.21:
Sonst lachen ja die Hühner!
Grins
Eiskimo

 Owald (04.09.21)
Wieder was gelernt, danke. Ist Jules Bel auch der Vater des "Babybel"? Oder ist die Namensähnlichkeit ein Zufall?

(Ich habe übrigens nie verstanden, daß es nicht zu Weihnachten die Sonderedition "Jinglebel" gibt. Aber mich fragt ja keiner.)

 FrankReich ergänzte dazu am 05.09.21:
Nee, Jules Bel ist der Vater von Leon Bel und der ist der Vater des "BabyBel". 😂😂

 Dieter_Rotmund (05.09.21)
".....sind weltweit ein Verkaufsschlager" ? Nie gehört. Oder ist das fiktiv?

P.S.:
dieWelt -> die Welt

"Léon Bel kam 1919 zurück nach Lons-le-Saunier und musste fast bei Null neu anfangen." Ist das der Pleonasmus Absicht? Finde ich nicht gelungen.

 drmdswrt meinte dazu am 05.09.21:
".....sind weltweit ein Verkaufsschlager" ? Nie gehört.
Sprach der Mann von Welt. Wenn's der Dieter nicht kennt ...

Ist das der Pleonasmus Absicht?
Du machst das mit Absicht, damit man Kopfschmerzen bekommt, richtig?

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 05.09.21:
Die Frage nach dem Pleonasmus war an eiskimo gerichtet.

edit: das -> da

 Graeculus meinte dazu am 05.09.21:
Der fragliche Satz ist weder ein Pleonasmus noch eine Tautologie, da es sich nicht von selbst versteht, was in der Zwischenzeit aus der Firma geworden war.

Daß Du diesen Käse nicht kennst, ist erstaunlich. Dennoch darf er als weltweiter Verkaufsschlager bezeichnet werden. So ist ja auch z.B. adidas weltbekannt, selbst wenn es einzelne Leute geben sollte, die noch nie davon gehört haben.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 06.09.21:
Nun, "...bei Null neu anfangen." mag kein waschechter Pleonasmus sein, ist aber sicherlich kein guter Stil. "bei Null anfangen." oder einfach "wieder neu anfangen" wäre sicher sauberer, oder?

Ist vielleicht ganz gut, dass man nicht jeden Käse kennt...
Agnete (66)
(05.09.21)
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