Ein Leben als Transit

Sonett zum Thema Lebensweg

von  EkkehartMittelberg

In Berlin warst du hoch angesehen,
dort brachten „Fischer“ dir den Kleist-Preis ein,
verfolgt von Nazis standst du bald allein,
in Deutschland konntest du nicht mehr bestehen.

Es folgte eine lange Odyssee,
die von Marseille nach Mexiko dich führte,
Erfahrungen im „Transit“ verschnürte,
sie schuf fürs „Siebte Kreuz“ die Leitidee.

Fast grenzenlose Ehren in der DDR,
vorher der Büchner-Preis, es ging nicht mehr.
Dann Jankas Schauprozess, dein großes Schweigen.

Ein Ausfall, doch wer will sich nicht verneigen?
Du zeigtest uns ein Leben voller Würde
und trugst bewundernswert die schwere Bürde.




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Kommentare zu diesem Text


 Citronella (31.10.24, 12:01)
Gerade suchte ich und fand im Regal die vergilbte Ausgabe von Transit. Ich glaube, sie wäre es wert, noch ein zweites Mal gelesen zu werden.

LG Citronella

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.10.24 um 12:12:
Merci. Gewiss lohnt es sich. Es ist fast gleichgültig, was man von Anna Seghers liest. Sie schreibt fast immer auf hohem Niveau und spannend.

LG
Ekki

 AZU20 antwortete darauf am 31.10.24 um 13:11:
Es lohnt sich wirklich. LG

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 31.10.24 um 13:59:
Danke für die Bestätigung, Armin

LG
Ekki

 plotzn (31.10.24, 13:34)
Deine Sonette, lieber Ekki, bergen keine Risiken, aber sie haben die Nebenwirkung, dass sie mir Schriftestellerinnen und Schriftsteller näher bringen, die mir sonst verborgen geblieben wären. Da hätten wohl weder Ärztin, noch Arzt oder Apothekenumschau geholfen...

Liebe Grüße
Stefan

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 31.10.24 um 14:05:
Grazie, Stefan, deine geistreichen Kommentare wirken auf mich wie Medizin.

Liebe Grüße
Ekki

 harzgebirgler (31.10.24, 13:47)
Hallo Ekki,

eine bei Wikipedia gefundene Anekdote nimmt mich für die Seghers durchaus ein, die ansonsten ein blinder Fleck in meinem Bücherschrank ist :
"Im März 1954 verbot die Gemeindeverwaltung von Ahrenshoop das Nacktbaden. Als bekennende Nudistin lag Seghers dennoch unbekleidet am Strand, ihr Gesicht mit der Zeitung Neues Deutschland bedeckt. Der Kulturminister Johannes R. Becher beschimpfte sie mit „Schämen Sie sich nicht, Sie alte Sau?“. Wenige Wochen danach erhielt sie als größte Schriftstellerin des Landes den Nationalpreis. Er wurde ihr vom Kulturminister Becher verliehen. Sie unterbrach seine Einleitungsworte „Meine liebe Anna“ mit „Für Dich, Hans, immer noch die alte Sau!“"
https://de.wikipedia.org/wiki/Anna_Seghers#Trivia

Beste Grüße
Henning

 Beislschmidt ergänzte dazu am 31.10.24 um 13:58:
:D :D :D wunderbar

 Graeculus meinte dazu am 31.10.24 um 14:03:
Eine hübsche Anekdote! Daß Seghers Leben nicht nur aus lauter Vorbildlichkeit bestand, zeigt freilich schon ihr Schweigen zum Ausschluß kritischer Schriftsteller aus dem Schriftstellerverband der DDR, dessen Vorsitzende sie war.

Ich erinnere mich auch noch, daß sie bei einem Besuch in Nordkorea dies als vorbildliche kommunistische Gesellschaft ohne Geld und ohne Gefängnisse (!) bezeichnet hat. Sie wird vielleicht nicht einmal gelogen haben - man hat ihr nur keine Gefängnisse gezeigt, und sie ist auf ein Potemkinsches Dorf hereingefallen.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.10.24 um 14:13:
Merci, Henning, ich wusste nicht, dass Seghers so schlagfertig war.
Beste Grüße
Ekki

 Saira meinte dazu am 31.10.24 um 14:16:
versehentlich angekoppelt  :P

Kommentar kommt noch einmal gesondert ...

Antwort geändert am 31.10.2024 um 14:17 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.10.24 um 14:18:
Hallo Wolfgang,
ideologische Linientreue war eine bedauerliche Schwäche von Seghers. Wir sollten jedoch nicht in denselben Fehler verfallen und ihre Qualität als Dichterin anerkennen.

 Graeculus meinte dazu am 31.10.24 um 14:31:
Menschliche Schwächen und literarische Qualität sollte man wohl unterscheiden. Deswegen habe ich meine Bemerkung auch nur an diese nette Anekdote angehängt, die ja ebenfalls nichts über ihre literarischen Fähigkeiten besagt, aber eine Charakterstärke bezeugen soll, die sie dann, wenn es um die Parteilinie ging, vermutlich doch nicht immer besaß.

Antwort geändert am 31.10.2024 um 18:45 Uhr

 harzgebirgler meinte dazu am 31.10.24 um 14:45:

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.10.24 um 18:10:
ich habe zu Seghers Verhalten und ihrem Werk eine interessante Äußertung von Reich-Ranicki gefunden:"„... es wurde schon gefragt, ob man denn „Das siebte Kreuz“ in der Schule noch lesen soll. Ich kann hierzu nur eines sagen: Ich bin nicht der moralische Richter der Anna Seghers. Ich denke nicht daran, Urteile über ihr Verhalten zu fällen. Meine Aufgabe ist eine literaturkritische. Der Text von „Das siebte Kreuz“, von „Der Ausflug der toten Mädchen“, von „Transit“ hat sich durch ihr Verhalten in der DDR nicht geändert. Er waren hervorragende Texte, und sie sind hervorragend geblieben. Und die Frage, ob man weiter „Das siebte Kreuz“ lesen soll, ist absurd.“  Dr. Eckhard Ullrich - Marcel Reich-Ranicki und Anna Seghers (eckhard-ullrich.de)

 Saira (31.10.24, 14:17)
Lieber Ekki,
 
wieder ein eindrucksvolles Sonett, welches du einer Künstlerin widmest. Leider habe ich bis heute noch kein Werk von Anna Seghers gelesen. Allerdings bin ich jetzt neugierig geworden.
 
Herzliche Grüße
Sigi

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.10.24 um 14:23:
Gracias, Sigi,
ich empfehle dir zum Einstieg "Das siebte Kreuz". Die spannende Handlung wird dich fesseln und du wirst packende Milieu- und Charakterschilderungen antreffen.

Herzliche Grüße
Ekki

 Teo (31.10.24, 18:35)
Hi Ekki,
auch mir war diese Autorin bisher nicht bekannt. Aber um Interesse an vergangene Literaten zu wecken, haben wir ja dich. Ich bleibe dran...Danke.
Lieben Gruß 
Teo

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.10.24 um 19:31:
Gracias, Teo,

Interessenten wie du machen mir Mut, diese Reihe fortzusetzen

LG
Ekki

 Moppel meinte dazu am 31.10.24 um 20:11:
hast recht, Ekki. lG von M.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.11.24 um 00:14:
Merci, Monika
LG
Ekki

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.11.24 um 00:14:
Die ursprüngliche Antwort wurde am 01.11.2024 um 16:33 Uhr wieder zurückgezogen.

 Graeculus meinte dazu am 01.11.24 um 00:21:
Lesungshalber war ich kürzlich in der Gemeindebücherei einer hiesigen Kleinstadt. Bei dieser Gelegenheit habe ich mir einmal das Buchangebot dort angeschaut. Es war kein einziger Klassiker dabei! Nichts, reinweg gar nichts von dem, was Du uns hier vorstellst. Insofern kann man Dein Projekt nur hilfreich nennen, wenn es ein Interesse an Autoren weckt, die anscheinend jenseits des Deutschunterrichts (fast) niemand mehr freiwillig liest.

Gut fände ich es, wenn Du jeweils eine aktuelle und preisgünstige Ausgabe nennen würdest. Das geht natürlich nicht gleich zu Anfang, solange der Autor noch ein Rätsel ist, aber später, im Verlaufe des Gespräches dann doch.

Antwort geändert am 01.11.2024 um 16:44 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.11.24 um 16:32:
Ich hätte nicht gedacht, dass es um die Klassiker so          schlecht steht. Vielen Dank für deinen Vorschlag Graeculus.
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