Flagge zeigen

Kommentar zum Thema Orientierung

von  eiskimo

Es ist schon paradox: In den EU-Ländern werden dem Bürger nie dagewesene materielle und soziale Standards garantiert – von Grundrechten und Entfaltungsmöglichkeiten ganz zu schweigen – und dennoch ist es geradezu schick, den Staat, der all dies aufrecht erhält, mies zu machen.Zum Beispiel bei der gerade diskutierten Frage, ob unsere demokratischen Errungenschaften überhaupt militärisch „verteidigungswert“ seien – und wieviel das kosten darf!

Ja, es gab im Land Versäumnisse. Es gibt auch deutliche Schwachstellen und nur schwer abzuarbeitende Defizite. Infrastruktur, Bildungswesen, Pflege der Alten usw...

Aber rechtfertigt das, unser Gesellschaftsmodell als Ganzes immer weiter schlecht zu reden?

Millionen Menschen auf der ganzen Welt würden lieber heute als morgen zu uns übersiedeln, um Elend, Verfolgung und Willkürherrschaft hinter sich zu lassen.

Und sie wollen dann nicht nach China auswandern und auch nicht nach Russland. Westeuropa ist das Ziel, und ganz oft genannt: Unser so mieses Deutschland.

Natürlich haben China und Russland ein Interesse daran, dieses in Wirklichkeit so attraktive weil freiheitliche Modell zu schwächen. Am Beispiel Europäische Union könnten ihre Landsleute schließlich ermessen, was bei ihnen, in China und Russland, alles fehlt oder brutal unterdrückt wird. Und man ist da nicht zimperlich.

Wie es einem direkten Nachbarland Russlands ergeht, das gewagt hat, sich für die westlichen Werte zu entscheiden, zeigt gerade das Schicksal der Ukraine. Russland wird dort auch nicht mit ein paar Gebietsabtretungen zufrieden sein – der Kampf gilt ja dem „falschen Gesellschaftsmodell“, das möglichst weit und hermetisch von der eigenen Bevölkerung fernegehalten werden soll.

Dass dieser Krieg den Machthabern dort erlaubt, ihre diktatorischen Vollmachten zu rechtfertigen, lässt ebenfalls darauf schließen, dass sie ihn weiterführen werden – offen in der Ukraine oder auch subversiv als hybriden Krieg hier bei uns.

Und damit sind wir wieder bei einem Paradox: Unsere politische Grundordnung mit den vielfältigen individuellen Freiheiten und Lebensperspektiven – das macht uns attraktiv und stark., allen anderen überlegen. Gleichzeitig ist es unsere Schwäche, weil dies destruktiven Kräften alle Pforten öffnet. Die sind mit Sicherheit da, im Netz und auf manchen politischen Bühnen. Und deswegen sollte man, wenn man es denn gut meint mit der Demokratie, auch Flagge zeigen.Wir haben einiges zu verlieren.



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Kommentare zu diesem Text


 Regina (30.04.25, 06:11)
Das vermutlich gut ausgebildete, Wohlstands-etablierte Bürgertum erhebt in diesem Text zum x-ten Male moralisierend seinen Zeigefinger, uneingedenk der Tatsache, dass sich im Land spätestens seit der Regierungszeit Gerhard Schröders ein Prekariat entwickelt, das mit vielen Aspekten der Armutsgefährdung kämpft, verursacht in erster Linie durch Kinder, verteuertes Wohnen und andere Faktoren, um im Alter anstelle eines bequemen Rentnerdaseins Flaschen sammeln zu müssen. Diese Schichten haben schon nichts mehr, was sie im Namen hehrer demokratischer Werte opfern können.
"Millionen Menschen auf der ganzen Welt würden lieber heute als morgen zu uns übersiedeln, um Elend, Verfolgung und Willkürherrschaft hinter sich zu lassen." Mag sein, aber die meisten, die ich kennenlernte, kamen aus finanziellen Gründen. Polen, Bulgaren oder Italiener etwa wissen aber, dass sie hier arbeiten müssen, i.e. täglich pünktlich aufstehen und acht Stunden malochen, um dennoch nicht übermäßig reich zu werden. Aber schon Spanier oder Marokkaner geben zu, dass sie sich das Leben in Deutschland einfacher vorgestellt haben als die Realität. Andere machen sich noch größere Illusionen, was ihre Aufstiegschancen hier anbetrifft, aber Demokratie ist vielen Leuten viel zu abstrakt und scheißegal.

Russland hat sich nach dem Ende der kommunistischen Ära eben gerade für das kapitalistische Modell entschieden, und zwar in einer Turboform, die das Gespenst Arm-Reich-Schere in besonders krasser Form lebt und bietet keine alternative Gesellschaftsform mehr. 
Dennoch wandern Chinesen über die gemeinsame Grenze hinweg nach Russland ein, das findest du nur nicht in den Nachrichten, die du liest. Und China ist im Qualifizierten-Bereich durchaus ein Arbeitsmarkt für manche.
Gehe 75 Jahre in der Geschichte zurück, dann fändest du die Ukraine als Sowjetrepublik. Wen hätte es damals gejuckt, wenn diese ein Problem mit Moskau gehabt hätten?

Predigst du mit deinen Verzicht-Apellen nicht wieder mal Wasser, während du den köstlichen französischen Wein schlürfst? Sobald jedoch dein Filet Bourgeoise vom Tellerrand zu rutschen droht, wirst du anders argumentieren. 



Kommentar geändert am 30.04.2025 um 06:12 Uhr

 eiskimo meinte dazu am 30.04.25 um 12:16:
Ich respektiere deine Gegenrede und nehme gerne zur Kenntnis, was du an Informationen darlegst. 
Schade, dass Du im Schluss-Absatz das Thema verfehlst. Offenbar war es Dir wichtig, mich nochmal persönlich runterzumachen. Damit verrätst Du allerdings mehr über Dich als über mich.

 niemand antwortete darauf am 30.04.25 um 13:51:
@ eiskimo
Wenn Du das mit dem Filet nicht zu persönlich nimmst, wirst Du zugeben müssen, dass Reginas Kommentar realistisch und wirklich gut ist. Fern aller ideologischen Rosamalerei, welche im Moment
alles zu beherrschen sucht. Nimm doch dieses Filet und füge noch Wein hinzu und dann hast Du das Bild vieler unserer Politiker,
die Wasser predigen, aber in ihrer erhabenen und moralisierenden Kaste gerne besten Wein saufen.

@ Regina <3 

LG niemand

 Regina schrieb daraufhin am 30.04.25 um 15:30:
Damit verrate ich nur, dass mich die Haltung, die hinter deinen Texten steckt, gelegentlich nervt, eben dieser notorisch erhobene Zeigefinger.

 eiskimo äußerte darauf am 30.04.25 um 16:27:
Bleiben wir doch bitte sachlich und bei meinem Kommentar - was dahinter an Haltung stecken mag ist doch reinste Fantasterei. 
Du wirfst mir Verzicht-Appelle vor. Wo bitte hätte ich dergleichen formuliert?

 Regina ergänzte dazu am 01.05.25 um 03:54:
Hier oben im ersten Paragraphen sprichst du von den Kosten.
Was drückst du denn aus wenn keine Haltung?

Antwort geändert am 01.05.2025 um 03:55 Uhr

 eiskimo meinte dazu am 01.05.25 um 17:05:
Ich finde da immer noch keine Verzichtappelle, aber es iauch müssig,  weiter aneinander vorbei zu reden.

 hehnerdreck meinte dazu am 01.05.25 um 18:09:
Also wenn ich so einen Text geschrieben hätte, dann wäre es eher eine Satire gewesen, so nach dem Motto, nichts ist für einen Flüchtling erstrebenswerter, als in Deutschland vierzig Jahre zu arbeiten und auf das Sammeln von Pfandflaschen angewiesen zu sein. Auch das fehlende Geld für die Reparatur aller Schulen und Brücken hätte man umdeuten können, nämlich dahingehend, dass Deutschland überhaupt viel mehr Schulen und Brücken hat als die ärmeren Länder - mal abgesehen davon, dass die paar tausend Kinder, die in den maroden Schulgebäuden in nächster Zeit verkrüppelt werden oder umkommen, ja nur ein kleiner Prozentsatz sind im Vergleich zu ... also der Verlust an Gesundheit und Leben statistisch vertretbar ist. Was die Brücken betrifft, so hat das ja auch einen positiven Nebeneffekt: Wenn russische Panzer drüber fahren ... ja, - das kann man auch positiv sehen.

 eiskimo meinte dazu am 02.05.25 um 07:43:
Es steht dir doch frei zu schreiben, was auch immer du verkünden willst. Die Frage ist, ob es jemand ernst nimmt.

 hehnerdreck meinte dazu am 02.05.25 um 12:54:
Über eine Satire lässt sich lachen, oft ist aber auch ein ernster Hintergrund dabei. Nochmal: Kaputte Brücken, Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, heute Pfandflaschen sammeln, es gibt sogar eine Statistik über hungernde Kinder in Deutschland. Schamlose Reiche werden immer reicher und die Armen werden immer ärmer. Das erschütternde Ergebnis nach der Entschwärzung der RKI-Protokolle - und keiner der Verantwortlichen kommt ins Gefängnis - Stillschweigen darüber in den Öffentlichen Medien (inklusive nicht weniger Literaturforisten). Da könnte man noch weit mehr ausholen.

 Verlo (01.05.25, 17:14)
eiskimo, dein Text liest sich wie eine Ansprache in der DDR.

Wenn man dem Volk erklären muß, wie gut der Staat zu ihm ist, ist er kurz vor dem Untergang.

Stell dir mal vor, deine Partnerin würde dir erklären, warum du sie lieben mußt, statt sich zu fragen, warum du sie nicht mehr liebst.

Ich schließe mich den Kommentaren von Regina und niemand vollumfänglich an.

 eiskimo meinte dazu am 02.05.25 um 08:00:
Hat man sich in der DDR öffentlich  so frei und unzensiert auch über Defizite, Schwächen und Versäumnisse das Staates äußern können?
Meines Wissens nach nicht.
Die Möglichkeit, hierzulande die genannten Missstände zu ändern, ist gefahrlos gegeben. Just do it..

Antwort geändert am 02.05.2025 um 08:01 Uhr

 niemand meinte dazu am 02.05.25 um 10:03:
@ eiskimo
Sind wir hier wirklich unzensiert? Ist es nicht inzwischen so weit, dass man Menschen denunzieren kann, die sich dem Staat gegenber kritisch zeigen. Ich sage nur Nancy Faser und Konsorten. Haben wir nicht schon Stellen an denen wir mit dem Anprangern der Kritiker
beginnen können? Ach, so ich vergaß, das wir eine Demokratie 
sind     :D   zumindest auf dem Papier und dieses ist ja bekanntlich geduldig.

Antwort geändert am 02.05.2025 um 10:03 Uhr

 Verlo meinte dazu am 02.05.25 um 15:48:
Jetzt muss Merz über die AfD-Zukunft entscheiden.
https://www.bild.de/politik/inland/cdu-minister-stellt-klar-merz-muss-ueber-die-afd-zukunft-entscheiden-6814971b12ee6b68d1b818b2

Der (vermutlich neue) Bundeskanzler kann entscheiden, die größte Oppositionspartei verbieten zulassen.

So stellt sich jeder, der Jahrzehnte in der DDR gelebt hat, eine Demokratie vor und ist deshalb jederzeit bereit, mit der Waffe in der Hand den größten Feind zu bekämpfen.

Nein, das sind nicht Merz und die neue Regierung, sondern Putin und Rußland!

Denn nur der Diktator Putin hat die Macht, Oppositionsparteien zu verbieten.

 Verlo meinte dazu am 02.05.25 um 15:51:
Mißstände in Deutschland?

Seit ich alle angebotenen Corona-Schutz-Impfungen gern in Anspruch genommen habe, sehe ich keine Mißstände mehr in Deutschland.

 Saudade (01.05.25, 18:23)
Dass du mit diesem Text auf taube Ohren stoßen würdest, hätte dir klar sein müssen, denn der Mensch möchte, das liegt in seiner Natur, gerne raunzen und alles madig reden, wenn materielles Recht nicht passt, da leidet dann auch schon mal FORMELLES Recht.  darunter. 
Was jedoch nicht notwendig war und ist, in so einem Text, einen Konflikt, ja, Krieg hineinzuziehen. Man kann auch Vorteile hervorheben  ohne fremde Konflikte hineinzumischen.

 eiskimo meinte dazu am 02.05.25 um 07:35:
Wenn ich mir die Welt malen könnte, würde ich Krieg sofort weglassen. Er ist aber real, und was wir an Rechten und Privilegien hierzulande wie selbstverständlich geniessen,scheint mir bedroht

 Regina meinte dazu am 02.05.25 um 07:55:
Kein bisschen wären wir bedroht, wenn sich europäische Politik vernünftig verhalten würde.

 eiskimo meinte dazu am 02.05.25 um 08:09:
Leider ist "europäische Politik" die Summe von unterschiedlichsten Voraussetzungen, Erfahrungen, Wünschen, Interessen, Möglichkeiten - willst du da bestimmen, was "vernünftig" ist und wenn ja, es  allen anderen aufzwingen?

 Regina meinte dazu am 02.05.25 um 09:06:
Im Rahmen von Meinungsfreiheit und Einforderung demokratischer Rechte der Mitwirkung.

 Saudade meinte dazu am 02.05.25 um 11:04:
Du hast mich nicht verstanden. Das Thema an sich ist wichtig, kann ohne eine subjektive Meinung abgehandelt werden, das wäre Kunst (oder Rechtswissenschaften).
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