Fast ein Staatsstreich und fast ein Whistleblower

Bericht zum Thema Helden

von  eiskimo

Er war Zeuge gewesen. Augenzeuge. Mit wachem Verstand. Immer dicht dran, im engsten Kreis. Und er hatte sofort begriffen, dass da zuletzt Dramatisches ablief. Eine Art Staatsstreich. Die Abkehr vom Gewaltprinzip. Schrittweise Demontage der Drohkulisse. Korridore der Versöhnung. Einseitige Vorleistungen. Reparationen. Ganz konkrete Abläufe hatten sie schon durchgeplant. Direkt vor seiner Nase. Keine Chance, das  n i c h t  mitzukriegen. N i c h t  mit zu denken! Und das Unerhörte zu verdrängen.

Schnitt.

Sie haben ihm einen Bogen Papier gegeben. Einen Doppelbogen, liniert. Dazu einen Stift. Die Aufforderung war eindeutig. Der Raum isoliert. Nur für ihn reserviert. Für seine Aussage. Seine Enthüllung. Alle Namen. Alle Daten. Die genauen Formulierungen.

Schnitt.

Sie sagten, sie brauchten endlich die Wahrheit. Und alles hinge von ihm ab. Kein echter Neuanfang ohne diese Wahrheit. Der Prozess dürfte nicht länger verschleppt werden. Die Geschichte warte nicht. Und sie sagten auch etwas von höherer Gerechtigkeit, von einem reinigenden Feuer.

Schnitt

Er nahm den Stift, schob sich den Papierbogen zurecht. Nein, es kostete ihn keinerlei Überwindung. Jetzt nicht mehr. Mit einer kurzen Ausholbewegung zog er einen langen Strich quer über das unbeschriebene  Blatt. Er faltete den Bogen sauber zusammen. Dann legte er den Stift darauf. Wie leicht sie sich anfühlte, die Wahrheit.




Anmerkung von eiskimo:

Die Geschichte ist frei erfunden. Ich weiß nicht, warum sie mir gerade heute (6.5.25) einfiel. Vielleicht wegen der Nachrichten im Fernsehen?
Nachtrag, 12.45h: Gewisse Parallelen zur gescheiterten Kanzlerwahl konnte ich definitiv nicht geahnt haben. Statt über den Whistleblower hätte ich dann über einen Abweichler schreiben müssen.
Nachtrag einen Tag später (7.5.25): Einer der Abweichler hat sich bei mir gemeldet. Er will auspacken. Ich räume für ihn mein Arbeitszimmer. Lege ihm einen Doppelbogen Papier zurecht. Liniert.

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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (06.05.25, 06:45)
Da kann man nur hoffen, dass es sich nicht um eine Vertikale handelte! ;)

 eiskimo meinte dazu am 06.05.25 um 08:42:
Ja, was ein resoluter Schnitt ist, der kappt alles von oben nach unten. Die Schnittkante wird gerne mit Stacheldraht garniert. Oder durch eine Mauer.

 lugarex (06.05.25, 07:51)
ja, es muss das TV gewesen sein!

Nach dem Zapfenstreich ging es mir ähnlich...

Kommentar geändert am 06.05.2025 um 07:53 Uhr

 eiskimo antwortete darauf am 06.05.25 um 08:37:
Ja, Staatsstreich und Zapfenstreich - eine interessante Assoziation. Wenn es doch nur kleine Bubenstreiche wären, die das Weltgeschehen bereichern.....

Antwort geändert am 06.05.2025 um 08:42 Uhr

 Quoth (06.05.25, 08:05)
Es ist Gaza, wo die anfangs berechtigte Vergeltung immer schlimmere Formen annimmt und in eine Racheorgie ausartet. Und das Christentum ist in und aus dem Judentum entstanden ... Man wird noch träumen dürfen!

 eiskimo schrieb daraufhin am 06.05.25 um 08:15:
Man wird noch träumen dürfen - da sagst Du es! Und an Gaza habe ich natürlich auch gedacht. Aber auch noch woanders hin... Whistleblower everywhere.
Danke für die Empfehlung, und mal schauen, was der Tag heute Neues bringt.
Eiskimo

 eiskimo äußerte darauf am 07.05.25 um 07:09:
Der Tag brachte dann ja fast schon beängstigend Neues. Und fast hätten am Ende die Falschen gelacht. Puhhh
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