Den Schlüssel zu meinem Herzen habe ich verloren. Irgendwann – irgendwo. Vielleicht existiert er noch. Wobei, von Existenz zu reden, lächerlich wäre. Es wäre höchstens eine so bedeutungs-, nutz- und wertlose, wie mein Dasein. In den Trümmerhaufen dieser Welt, lässt es sich schwer atmen. Überleben kann ich hier nicht mehr. Jeder neue Tag, ist ein aussichtsloses Kampf, um einen Platz in dieser Leere, den es nicht gibt. Der niemals war – den es niemals geben wird. Und die Stimme meines Herzens schreit still. Die Worte und Sorgen, die ich so gerne aussprechen würde, verlassen mich nicht. Mein Mund formt keine Worte, und meine Stimme ist unfähig zu berichten. Von meiner Seele und meinem Herzen, das in Scherben liegt. Um es kurz zu halten: ich bin und bleibe ein unfähiger Nichtsnutz. Meinen Namen habe ich vergessen, so wie die Sonne und das „Glück“ mich in den vergangenen 7 Jahren auch nicht bedacht haben. In diesem Leben finde ich keine Geborgenheit und auch keine Zuversicht. Das Loch im Wald, in dem ich meine Träume und Hoffnungen verscharrt habe, werde ich nicht wiederfinden. Der Wegweiser meines Herzens, ist in die Wolken geflohen und hat mich allein in dieser Finsternis zurückgelassen. Und wieder ist es nur der kühle Stahl, der mich in den Arm nimmt. Der mir das Gefühl; die Gewissheit gibt, nicht nur empfindungslos und eiskalt zu sein. Ich spüre keinen Schmerz, egal, wie tief ich die Klinge auch ziehen lassen. Egal, wie viele Zigaretten sich durch meine Haut fressen und winzige Löcher an den Unterarmen zurücklassen. Zurücklassen…ja, vielleicht sollte ich mein altes Leben zurücklassen, wie die „Liebe“ und auch die „Zukunft“ mich zurückgelassen haben. Dieser Welt kann man es eh nicht recht machen. Man kann es niemandem recht machen – ich kann und werde es mir auch niemals recht machen können. Es gibt noch so vieles zu sagen, aber es fallen mir nicht die treffenden Worte dafür ein. Wieder mal ein Zeichen dafür, dass ich zu bedeutungslos bin, um einer von Euch zu sein. Der Weg der Stille, mitten durch die kalten Klüfte der Einsamkeit, ist wohl tatsächlich das einzige, das mir zusteht. Sofern ich überhaupt etwas „verdient“ habe. Und so tief führt der düstere Pfad in mich hinein. Der Abgrund hat mich längst verschlungen – das Leben, mich längst ausgespuckt. Unverdaut – ich bin doch bloß ein abartiges Wesen. Ich hätte es nicht einmal verdient, Monster genannt zu werden. Und Tränen stehen wieder in meinen müden Augen, die nie das Licht der Morgensonne wiedersehen werden. In meinem Scherbenwald, bin ich ganz allein. Blutige Arme und Beine. Flügel ohne Kraft. Ein eiserner Wille, der niemals einer war. Und ich nehme die Whiskyflasche in die Hand. Führe sie an den Mund – spüle all die verdammte Vergangenheit herunter. Falle in einen komaartigen Zustand, der mich den Schmerz im Innern, für ein paar Stunden vergessen lässt. Kopfschmerzen und Kotzen sind so alltäglich wie die Messerschnitte. Ich war niemals mit dem Fuß am Abgrund – als ich geboren wurde, und das erste Mal das strafende, kalte Licht erblickte, stand ich schon mit einem Fuß in meinem Grab. So habe ich es immer empfunden und es hat niemand das Recht mir vorzuschreiben, dass ich noch länger hier bleiben soll. Sofern das überhaupt jemand „wollen“ würde. Diese Welt steckt voller Lügen und Intriganten. Aber was schreibe ich das? Das werdet ihr wohl doch am besten wissen. Meine Seele habe ich nur kurz gekannt. Zu kurz. Zu kurz, um von ihr zu erfahren, was und wer sie eigentlich ist. Wozu sie bei mir ist. Von wo sie kam, und, wo sie hingehen wird, wenn ich die Tür hinter mir und der Welt, schließe. Es wurde viel von Engeln erzählt. Ich habe zwei gekannt, nachdem ich sie verloren hatte. Ich habe Liebe kennengelernt und Freundschaft erlebt. Hatte den „Glauben“ an ein „neues Leben“ wieder aufkeimen spüren. Und wozu? Wozu habe ich diese wertlose, dreckige „Hoffnung“ aufrecht erhalten? Um wieder Schmerzen zu erfahren. Wieder einen großen Teil von mir ans Jenseits abgeben zu müssen. Geschenke sollte man immer in Ehren halten und sich an ihnen erfreuen. Egal, wie klein, oder groß sie auch sind. Diese Freundschaft war das aller größte Geschenk. Viel größer, als dieses „Leben“, das ich führe und einst geführt habe. Momente wie diese, habe ich nie mehr erlebt. Keinem Menschen bin ich mehr begegnet, der mich in seine Arme schließt. Der aus meinen Augen, die Schmerzen meiner Seele liest. Der aus meinem Lachen, die Tränen erahnt. Der weiß, um welchen Schmerz und welche Angst mein Herz trauert. Es gab nur noch diese Leere. Diese gottlose Einsamkeit. Stille. Und immer wieder diese Schmerzen. Von einem Leben kann ich nicht mehr reden. Schlafen. Aufstehen. Trinken. Rauchen. Schule. Einsamkeit. Trinken. Rauchen und wieder einschlafen. Nur, leider nicht endgültig – für immer. Der sonnigste Tag, an den ich mich noch erinnern kann; der Tag, an dem ich mich wirklich wieder „glücklich“ gefühlt habe, war der Tag, als ich das erste Mal meine Gedanken in die Tat umsetzte. Einen netten, kleinen Tabletten-Cocktail gepaart mit Messerschnitten an den Handgelenken. Einen mickrigen Brief dazu gab es auch, der von meinem „Ableben“ berichten sollte. Tja, wie man sieht, war ich mal wieder der Verlierer. Zum „Leben“ und auch zum Sterben zu dumm. Und mit jedem Tag, der verstreicht, steigt dieses Verlangen wieder auf. Wird größer und wächst immer weiter. Kann keine klaren Gedanken mehr fassen – seit damals nicht mehr. In meinen Gedanken drehen sich immer dieselben abscheulichen Bilder, wie ein Kettenkarrussel des Grauens. Immer und immer wieder. Ich habe nur eine Fahrkarte eingelöst – ein weiteres Mal Vertrauen geschenkt, um verletzt, getreten und erniedrigt zu werden – aussteigen kann ich nicht. Kann meinen Körper nicht lebendig verlassen. Wenn das aufhören soll, wenn es wirklich endlich „inneren Frieden“ für mich geben soll, dann werde ich ihn nur finden, wenn ich diesen Leidensweg „Leben“, verlasse, und endlich ins Nichts des Jenseits einziehen werde. Vielleicht komme ich dann, endlich, nach (fast) 19 Jahren irreführender Wanderung, zu Hause an. Ich weiß, es wird niemanden kümmern. Selbst wenn, wäre es mir scheissegal. So (scheiss)egal, wie ich immer gewesen bin. Und ja, sicher, Selbstmörder bemitleiden sich nur selbst und geben nur allen anderen die Schuld für ihre Ausweglosigkeit – schon „richtig“. Aber das interessiert mich nicht. Nicht mehr. Ich habe genug Menschen kennengelernt und vertraut – ich weiß, dass es keinen Sinn macht, die Welt „ändern“, „besser machen“ zu wollen. Es wird immer ein gefühlskalter, egoistischer, verf*ckter Planet bleiben, auf dem ich nicht mehr wandeln will. Auch, wenn ich gerne das Meer noch ein Mal gesehen hätte. Mit nackten Füßen durch den nassen Sand spaziert wäre. Zugesehen hätte, wie die Wellen langsam meine Spuren hinter mir verwischen, als wäre ich wirklich nie gewesen. Das Rauschen, das so monoton ist, wie die Gedanken und Gefühle. Die Depressionen und mein „Leben“. Aber, ich habe mich entschieden. Diese Zeilen sind Beweis genug. Ich habe das letzte Zugticket bereits gebucht. Noch nicht gezahlt. Diesen Preis finde ich spottbillig, wenn ich bedenke, wohin diese letzte Reise führt. An was für einen wundervollen, ruhigen Ort. Ohne Schmerz und ohne die krankhaften Zwänge, die uns die Welt auferlegt hat. Ich werde mich von diesen Einheitsketten endlich losreißen. Kräftig und voller Entschlossenheit das Blut meines Körpers vergießen, um endlich Einlass in ein gütiges Universum zu erhalten. Das Leben für den Tod zu geben, ist unglaublich. Der Gedanke daran, während ich hier gerade meine letzten Worte hinterlasse, ist so unwirklich und wunderschön. Ich werde eine zweite Chance bekommen – ein neues Leben. Vielleicht werden mir meine Träume, dort zwischen den Wolken- und Sternenkindern, wieder begegnen. Ich weiß es nicht. Wenn ihr meinen Herzensschlüssel wiederfinden solltet, werft ihn fort, brennt ihn nieder, so wie all meine Versuche, hier zu bestehen, „glücklich“ und „liebenswert“ zu sein – ich brauche ihn nicht mehr. An dem Ort, an dem ich nun endlich sein werde, brauche ich ihn nicht; gibt es kein Fundbüro und auch keine Ängste mehr. Ich danke euch, für die Einsicht, dass alles ohne mich besser ist.
Auf (nimmer) Wiedersehen.
XYZ