Die Vergesslichkeit vergessen

Aphorismus zum Thema Vergessen

von  EkkehartMittelberg

1. Man darf vergessen, was nicht zu ändern ist. Aber nur wenige Fehler sind unveränderbar.

2. Verdrängtes fällt einem manchmal siedend heiß wieder ein.

3. Vergessen tilgt keine Schuld.

4. Wer könnte den Druck ertragen, wenn man sich nur an alles Wichtige erinnerte und alles Unwichtige vergäße.

5. Neue Kränkungen warten auf den, der alte nicht vergessen kann.

6. Menschen mit tragischer Schuld sei seliges Vergessen beschieden.

7. Wenn man die Vergesslichkeit vergisst, hat man auch dieses Problem gelöst.

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Kommentare zu diesem Text

Stelzie (55)
(01.11.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.11.19:
Merci, liebe Kerstin, ich habe bei der Nr. 1 zur Verdeutlichung ein "aber" eingefügt und sollte durch darf ersetzt. Jetzt wird hoffentlich deutlich, dass man die meisten Fehler eben nicht vergessen darf.
Liebe Grüße
Ekki

 princess (01.11.19)
Lieber Ekki,

also, irgendwas wollte ich doch sagen. Was war es denn? Ach ja, die Nummer, die Nummer. Welche? Keine Ahnung. Irgendwas mit Vergesslichkeit. Und Problem. Ich kann mich nicht erinnern. Hab einfach zu viel im Kopf.

Vergnügte Grüße
Ira

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 01.11.19:
Ach, Ira, ich liebe deine humorigen Kommentare. Grazie.
Amüsierte Grüße
Ekki
Agneta (62)
(01.11.19)
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 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 01.11.19:
Danke, Monika. Ich finde den von dir eingebrachten Aphorismus so gut, dass ich dir empfehlen möchte, ihn unter deinem Namen zusätzlich zu veröffentlichen.
Liebe Grüße
Ekki
Agneta (62) äußerte darauf am 01.11.19:
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 AvaLiam (01.11.19)
geschätzter Ekki...

ich muss zugeben:
1. hat mir 3 Mal lesen abverlangt - ok, das war heute Nacht... die Weisheit dazu fand ich dann im Kaffeesatz heute Morgen

zu 2. ist mir sehr sehr schmerzlich bekannt - das Gute daran ist, dass etwaige deplatzierte Emotionen dadurch auch verbrennen können und man zumindest am Ende ziemlich abgekocht werden kann...

der 3. Punkt scheint vielen meiner (ehemaligen) Mitmenschen doch eine große Hoffnung zu sein - demnach gelte ich als nachtragend, da 2. in diesen Fällen noch nicht ganz abgeschlossen ist - der Verweis auf meinen kaputten Rücken und dass ich gar nicht soviel tragen kann wie ich dann tragen müsste hat den ein oder anderen dann etwas einlenken lassen zudem ich an Punkt 5 schon ordentlich trage - ein sehr gewichtiger Punkt!

4. sei hier nicht unterschlagen und zolle u.a. all den verplemperten und tagträumenden Momenten die in ihrer scheinbaren Nichtigkeit reine Kraftoasen für uns sind die verdiente und oft vergessene Anerkennung ihrer Bedeutung

im 6.Punkt finde ich mich leider Gott-sei-Dank nicht wieder, lässt aber vermuten, dass es das Wohltuendste wäre gäbe es da nicht Punkt 3 der hoffentlich nie auf Punkt 2 trifft

7. Luxuslärm (meine leider nicht mehr existierende Lieblingsband, Deutsch-Rock) schrieb ein Lied: "Vergessen zu Vergessen" an welches ich mich gerade sehr sehnsüchtig erinnere...
...wie konnte ich dieses Lied nur vergessen??

Danke - lieber Ekki - es war mir ein Vergnügen und mehr noch eine Ehre, mich mit meinem heiß-geliebten Kaffee über deine Aphorismen herzumachen.

unvergessene Grüße - Ava

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 01.11.19:
Liebe Ava,
ich schätze mich glücklich, in dir eine engagierte Kommentatorin zu haben,, die meine schnell vergänglichen Gedankensplitter ein wenig über den Augenblick hinaus haften lässt. Die besten Aphorismen sind nichts wert, wenn sie nicht nachvollziehbar Nachdenklichkeit4 auslösen. Vielen Dank!
Erinnerungsfreudige Grüße
Ekki

 Momo (01.11.19)
Hallo Ekki,

2. ist gut. Der bringt zum Ausdruck, wie aufgeladen Verdrängtes manchmal sein kann. Es verbraucht eben sehr viel Energie.

5. birgt die Unverzeihlichkeit, das Nachtragen von Verletzungen, die Unbeweglichkeit der Härte. So eine Haltung wirkt wie ein Bumerang.

7. spricht wohl die Demenz an. Wenn man schon so weit abgedriftet ist, leidet man nicht mehr.

Insgesamt fällt mir spontan zum Thema Vergessen ein, dass es ein Segen ist, etwas vergessen zu können.

Liebe Grüße
Momo

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.11.19:
Gracias, Momo, ja es ist ein Segen etwas vergessen zu können, solange man bereit ist, das nicht zu vergessen, durch dessen Erinnerung man wachsen kann.
Liebe Grüße
Ekki

 TassoTuwas (01.11.19)
Hallo Ekki.,
ein Weckruf zur rechten Zeit!
Jetzt muss mir nur noch einfallen um was es ging, damit Nr.3 nicht eintritt
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.11.19:
Merci, lieber Tasso,
sollten wir zukünftig schuldlos vergessen, gibt es hoffentlich gütiges Verzeihen.
Herzliche Grüße
Ekki
Sätzer (77)
(01.11.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.11.19:
Gracias, so ist es.
Vielleicht entzieht sich das Fatale nicht ganz unserem Willen.
LG
Ekki

 FrankReich (01.11.19)
Hi Ekki,

die Vergesslichkeit zu vergessen vergesse ich lieber, aber wenn es darum geht, die Verdrängung zu verdrängen, bin ich dabei.

Ciao, Frank

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.11.19:
Gute Pointe, Frank. Schön, dass wir schon zwei sind. Merci.

Servus
Ekki
Al-Badri_Sigrun (61)
(01.11.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.11.19:
Vielen Dank, Sigi. Du hast recht. Diese Aphorismen prägen sich nicht so leicht ein, haben aber vielleicht den Vorteil, dass man länger darüber nachdenken muss.
LG
Ekki

 AchterZwerg (01.11.19)
Wie heißt es so schön im Buch der Bücher?
Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein.
Ich bin mir sicher, dass jeder Mensch im Laufe seines Lebens Schuld auf sich lädt. Zuweilen schwere.
Im Sinne der christlichen Religion ist Vergebung möglich. Aber wohl nicht jedem Menschen.
Insofern stößt mir No 6 ein bisschen sauer auf: Wer hat darüber zu befinden, wem welches selige Vergessen gegönnt werden darf? Du?
In No 3 sagst du allerdings: Vergessen tilgt keine Schuld. Gut, dass dann wenigsten No 6 in Kraft treten kann ...

Du siehst, ich bin diesmal nicht so ganz zufrieden.
Es geht im Leben, besonders im hohen Alter m. E. nicht darum, was vergessen werden "darf"; es wird einfach viel vergessen. Bei einigen fast alles.

Liebe, doch kritische Grüße
Pico

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 02.11.19:
Lieber Pico,
ich möchte gerne offen sein. Aber diesmal verstehe ich ehrlich nicht worauf deine Kritik zielt. Im Allgemeinen tilgt Vergessen keine Schuld.. Aber bei tragischer Schuld, die ja auch als schuldlos schuldig werden definiert wird, liegen besondere Bedingungen vor. Ich denke zum Beispiel an die tragische Schuld des Ödipus. Die griechische Tragödie des Sophokles gönnt ihm kein Vergessen. Das fällt mir schwer zu begreifen. Ich hätte ihm nach der fürchterlichen Erkenntnis seiner Schuld, der er durch Verlassen seiner Heimat ausweichen wollte , seliges Vergessen gegönnt. Ist das anmaßend?
Liebe, doch ratlose Grüße
Ekki

 AchterZwerg meinte dazu am 02.11.19:
Lieber Ekki,
ist Schuld nicht immer (!) eine tragische Verkettung von Umständen?
Wer befindet darüber, ob es etwas tragisch genug ist, um selig vergessen werden zu dürfen?
Wenn ich mich recht erinnere, meint die tragische Schuld der Antike, ein Vergehen / Verbrechen / eine Sünde ohne Vorsatz. Eine Art "zufälliger" Tat.
Doch ist derlei überhaupt möglich? Birgt das Zufällige nicht die Bestimmung? Wer bestimmt und wer oder was wird bestimmt?

Hier schließt sich der Kreis und ich komme auf das jüdisch-christliche Zitat zurück: "Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein!"

Liebe Grüße
Pico

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 02.11.19:
Lieber Pico,
das jüdisch-christliche Zitat "Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein" hat mir schon immer gefallen. Doch welcher meiner Aphorismen fordert dazu auf, einen Stein zu werfen? Wenn man das überhaupt einem meiner Sprüche unterstellen könnte, dann "Vergessen tilgt keine Schuld". Aber selbst da ist der Vorwurf der Selbstgerechtigkeit irrelevant; denn es handelt sich ja bei diesem Aphorismus nicht um einen Vorwurf, sondern um eine Tatsachenfeststellung, die zum Beispiel zutrifft, wenn Menschen dazu auffordern, die Schuld am Holocaust endlich zu vergessen.
Ich bin nicht der Auffassung, dass Schuld immer eine tragische Verkettung von Umständen ist. Wäre es so, würde aus meiner Sicht der Begriff "Tragik" inflationär gebraucht. Ich meine, dass tragische Schuld eine unausweichliche Schuld ist und dass man deshalb dem tragisch Schuldigen Vergessen zugestehen sollte. Die Griechen haben tragische Schuld recht genau definiert und danach ihre klassischen Dramen gestaltet: Jemand steht zwischen zwei Möglichkeiten und muss wählen. Indem er die eine wählt, verletzt er die andere". Das ist das tragische Schicksal der Antigone.
Vielleich ist ein Missverständnis entstanden, weil du dich an der Vokabel Vergessen "gegönnt" gestoßen hast. Da bin ich gerne bereit, gegönnt durch beschieden zu ersetzen. Von dieser Korrektur abgesehen, möchte ich aber aus den erwähnten Gründen an meinen Aphorismen festhalten.
Liebe Grüße
Ekki

 AchterZwerg meinte dazu am 02.11.19:
Der antike Schuldbegriff definiert sich allein über die Tat, den Verstoß gegen die göttliche Ordnung, der gebüßt werden muss. Dabei ist es gleichgültig, ob die Tat bewusst oder unbewusst ausgeführt wird. Insofern möchte ich hier n i c h t von einer freien Wahl sprechen.
Mir geht es aber nicht darum, dir deine Aphorismen madig zu machen, trotzdem sind die natürlich von unterschiedlicher Qualität. - "Nur der Mittelmäßige ist immer gleich gut" (weiß nicht mehr von wem das ist. Nur von mir kann es nicht sein )

Gruß
Pico

 harzgebirgler (03.03.21)
der zerstreute professor war zu seiner zeit
quasi das synonym für selbstvergessenheit.

lg
henning

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.03.21:
Vielen Dank, Henning, sich selbst zu vergessen für begrenzte Zeit kann Befreiung sein von permanentem Leid.

LG
Ekki
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