Jan Hus - und die Vorahnungen eines Schneiders

Essay zum Thema Glaube

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)

„Gott sei mit dir. Mir scheint, du wirst nicht zurückkehren!“
Diese Worte aus dem Munde seines Prager Schneiders. der ihm gerade seinen neuen Reiseanzug angepasst hatte, mögen Jan Hus vielleicht nachdenklich gestimmt haben. Aber andererseits hatte ihn der deutsche König Sigismund höchstpersönlich zum Konzil nach Konstanz eingeladen und ihm freies Geleit zugesichert.
    Endlich würde er, der vom Papst Exkommunizierte und mit dem großen Kirchenbann belegte, öffentlich sich rechtfertigen und seine Unschuld beweisen können.
    Tatsächlich begann  alles auch recht vielversprechend:

Die Reise von Prag an den Bodensee im Jahre 1414 gleicht einem Triumphzug. ...Überall auf seinem Weg wird der böhmische Magister, Prister und zeitweilige Direktor der Prager Universität freundlich empfangen. ... in Nürnberg wird er von einer großen Volksmenge empfangen, der rat der Stadt und gelehrte Magister bitten zur Disputation.
Schließlich trifft er am 3. November 1414 mit seinem 50köpfigen Gefolge in Konstanz ein.

12 Jahre zuvor war Jan Hus - damals 32 Jahre alt - in der Prager Bethlehemskapelle zum katholischen Priester geweiht worden. Aber seine Predigten vor meist über 3000 Zuhörern und in tschechischer Landessprache - nicht in üblichem Latein - gehalten, erwiesen sich keineswegs als katholisch. Ganz im wycliffischen Sinne griff er die Missstände in der katholischen Kirche scharf an und forderte eine nur an den Wahrheiten der Bibel orientierte Glaubenspraxis.
    Solche Reden riefen natürlich schnell die rechtgläubigen Vertreter der katholischen Kirche auf den Plan. Papst Alexander V. verbot ihm weiter in der tschechischen Landessprache zu predigen und verlangte, dass alle Schriften Wycliffs verbrannt würde.
    Hus scherte sich nicht drum, empfahl das niemand seine Bücher abgegeben sollte und allen böhmischen Priester, weiter in Tschechisch zu predigen.  Ein Affront, den der Papst  mit Eröffnung eines Prozesses gegen Jan Hus wegen Ketzerei beantwortete.
    Dieser Prozess fand 1410 in Abwesenheit  in Rom von Hus statt. Denn der war vorsichtshalber  in Prag geblieben, wo er sich im Schutzes des böhmischen Königs Wenzel und manch anderer mächtiger Verbündeter wusste. Und er goß noch kräftig Öl ins Feuer:

Hus bezeichnete die Kurie als „Synagoge des Satans“, schmähte den Papst als Räuber, Dieb und Antichristen. Zudem appellierte er an Jesus Christus: Nur diese Instanz wolle er anerkennen.
Am Ende wurde Hus exkommuniziert und der große Kirchenbann über ihn verhängt.

Aber genau diese Exkommunikation und den Großen Kirchenbann hob Papst Johannes XXIII. nun auf, nachdem Hus in Konstanz eingetroffen war. Drei Wochen disputierte und predigte Hus  in Konstanz, bis er plötzlich unerwartet am 28 November, das Konzil hatte noch nicht begonnen, verhaftet wurde.
    Als König Sigismund am Heiligabend in Konstanz eintraf, wollte er ihn freilassen, aber die anwesenden Kardinäle drohten ihm das Konzil platzen zu lassen. Da lenkte er ein und Hus blieb in Gewahrsam.
    Am 6. Juli 1415 fand im Beisein von König Sigismund in Konstanzer Dom ein Schauprozess statt. Man forderte Hus auf seine häretischen Thesen zu widerrufen, dann könne er als freier Mann den Dom verlassen. Aber er blieb standhaft: „Wo ich geirrt habe, bin ich bereit mich zu korrigieren. Aber ich verlange den Nachweis meiner Irrtümer von der Bibel her!“
    Damit stand sein Todesurteil fest. Noch am gleichen Tage wurde er öffentlich vor dem Dom auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Er soll noch. als die Flammen schon hochschlugen, christliche Lieder gesungen und für seine Feinde gebetet haben.
    So waren die Worte des Prager Schneiders in Erfüllung gegangen, trotz der königlichen Sicherheitsgarantie. "Heute verbrennt ihr eine Gans. Aber aus ihrer Asche wird ein Schwan hervorgehen!" soll er seinen Gegner noch prophezeit haben. 100 Jahre später war es dann so weit, darüber aber an anderer Stelle mehr!

Gedankenimpuls:
Man kann zwar ein Verkünder zum Schweigen bringen, die Wahrheit aber nicht! Sie wird sich immer wieder neu einen Weg bahnen!

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text

Aha (53)
(02.09.20)
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 Bluebird meinte dazu am 02.09.20:
Haha ... oder nimm sie ihm!
Aha (53) antwortete darauf am 02.09.20:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Bluebird schrieb daraufhin am 02.09.20:
! :)

Antwort geändert am 02.09.2020 um 10:32 Uhr

 loslosch (02.09.20)
"Aber genau diese Exkommunikation und den Großen Kirchenbann hob Papst Johannes XXIII. nun auf, nachdem Hus in Konstanz eingetroffen war."

hier begegnen sich die jahrhunderte. o sancta simplicitas!

 Bluebird äußerte darauf am 02.09.20:

 loslosch ergänzte dazu am 02.09.20:
gegenpapst johannes XXIII.

Antwort geändert am 02.09.2020 um 12:13 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 02.09.20:
Das ist korrekt - er nannte sich Johannes XXIII. Weil er aber letztendlich offiziell als Gegenpapst eingestuft worden ist, durfte sich im 20. Jhdt. nochmals ein Papst so nennen.
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