Alle Tage II. Eine Antwort auf das gleichnamige Gedicht von Ingeborg Bachmann.

Alltagsgedicht zum Thema Krieg/Krieger

von  EkkehartMittelberg



Zynismus schwärzt den Horizont.

Krieg ist das profitabelste Geschäft.

Der Begriff des Unerhörten ist verloren gegangen.

Der Krieg erscheint als Science fiction und hat wieder Helden.

Menschenmaterial für die Feuerzonen wird gekauft.

Die Hoffnung der Schwachen wird als Phrase geduldet.

Naive führen noch Diskussionen über Tugenden.

Der unendliche Deal des Kriegs wird zur Profitsteigerung unterbrochen.





Anmerkung von EkkehartMittelberg:

Mein Gedicht Alle Tage II ist eine Umarbeitung des gleichnamigen 1953 von Ingeborg Bachmann veröffentlichten Gedichts: Ingeborg Bachmann: Werke Bd. I: Gedichte. Piper Verlag. München 1978
Der Text des Gedichts von Bachmann findet sich hier: https://www.lyrikline.org/de/gedichte/alle-tage-265 
Man wird sich fragen, warum ich mein Gedicht "Alle Tage II" nenne. Ich habe bereits eine Umarbeitung des Gedichts von Bachmann hier veröffentlicht. Sie läuft unter dem Titel "Alle Tage". Die römische II kennzeichnet also die zweite Umarbeitung.

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Kommentare zu diesem Text


 harzgebirgler (23.01.25, 13:15)
hallo ekki,

„ein krisen-herd ist goldes wert
das sich durch krieg sogar vermehrt
weshalb es uns erst recht nicht schert
wenn irgendwer den wem erklärt!“
sagen kriegsgewinnler sich
wohlweislich kaum öffentlich...


lg
henning

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.25 um 16:25:
Vielen Dank, Henning. Wir sind von Kriegserklärungen weit entfernt. Man hat den Eindruck, dass Krieg der Normalzustand ist, der nur unterbrochen wird, um einen Vorwand für neue Rüstungskäufe zu schaffen.
Beste Grüße
Ekki

 lugarex (23.01.25, 15:40)
Naive führen noch Diskussionen über Tugenden.
es bleibt nichts übrig!

 Klemm antwortete darauf am 23.01.25 um 15:42:
Die Unanständigsten Hundepfeifentröter behaupten von sich, dass sie sich Anstand wünschen.

 Graeculus schrieb daraufhin am 23.01.25 um 15:44:
Die Tugend gehört zu den eigentümlichen Entitäten, die sich immer auf der eigenen Seite aufhalten - so wie Irrtum und Bosheit grundsätzlich auf der anderen.

 Klemm äußerte darauf am 23.01.25 um 15:50:
Die Tugend ist sich selbst ihr Lohn.

Deshalb ergibt es keinen Sinn sie von anderen zu forden. Relativierungen klingen nur in den Ohren der Naiven klug.

 Graeculus ergänzte dazu am 23.01.25 um 15:55:
Die Tugend ist sich selbst ihr Lohn.

Das klingt nach einem Philosophieseminar oder, schlimmer noch, nach einer Predigt.
Man will sich doch zumindest gut fühlen bei ihr, oder?

Ich vermute, daß es allen Menschen, auch den tugendhaften, darum geht: sich möglichst gut zu fühlen.

Und dazu trägt nun halt die Ansicht bei, daß andere schlechter sind. Ich glaube, ich habe ein Gespür dafür, daß jemand so denkt: Ich bin besser als die anderen.

Antwort geändert am 23.01.2025 um 16:00 Uhr

 Klemm meinte dazu am 23.01.25 um 16:07:
Ich glaube, jemand, der denkt, er hätte ein Gespür dafür, dass jemand denkt, er sei besser als die anderen, bildet sich ein, besser als die anderen zu sein.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.25 um 17:13:
Klemm: "Ich glaube, jemand, der denkt, er hätte ein Gespür dafür, dass jemand denkt, er sei besser als die anderen, bildet sich ein, besser als die anderen zu sein."
Das sehe ich auch so. Was ist die Waffe gegen diese Einbildung? Mit Graeculus würde ich sagen: Zynismus oder noch genauer: zynische Selbstkritik.

 Graeculus (23.01.25, 15:43)
Ein Zyniker sieht, so Ambrose Bierce, aufgrund einer Augenerkrankung die Dinge so, wie sie sind, und nicht so, wie sie sein sollten.
Vielleicht hat er damit recht, d.h. der Horizont ist schwarz. Oder, noch schlimmer, braun?

Das Gedicht von Ingeborg Bachmann kenne ich nicht. Du könntest es hier als Vergleich anfügen, zumal ich sicher nicht der einzige bin.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.25 um 16:17:
Hallo Wolfgang, ich hatte das Gedicht von Bachmann hier als Vergleich angefügt, aber daraufhin wurde mein Text gesperrt, weil ich es in vollem Umfang zitiert habe. Ich habe jetzt in der Anmerkung eine Adresse angegeben, mit der es leicht zu googeln ist.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.25 um 16:34:
@Lugarex:  Du hast recht. Ich denke, dass wir in einer totalen Immoralität leben oder kann jemand aus dem Wahlkampf Belege dafür geben, dass eine Partei damit wirbt,
tugendhaftes oder moderner ausgedrückt rechtschaffenes Verhalten schützen zu wollen.
LG
Ekki

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.25 um 16:46:
@Klemm: "Die Unanständigsten Hundepfeifentröter behaupten von sich, dass sie sich Anstand wünschen." In der Philosophiegeschichte haben spätestens seit Sokrates Philosophen tugendhaftes Verhalten als unabdingbare Voraussetzung für das gesellschaftliche Zusammenleben gefordert. Hast du eine Vermutung, warum es so in Misskredit geraten ist?

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.25 um 17:05:
@Graeculus:"Die Tugend gehört zu den eigentümlichen Entitäten, die sich immer auf der eigenen Seite aufhalten - so wie Irrtum und Bosheit grundsätzlich auf der anderen."
Haben nicht schon die französischen Moralisten diese Auffassung relativiert und in Frage gestellt? In der Propaganda des Krieges wird diese Auffassung so überspitzt dargestellt, dass ihr kein vernünftiger Mensch glauben kann.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.25 um 17:27:
@Graeculus: "Ein Zyniker sieht, so Ambrose Bierce, aufgrund einer Augenerkrankung die Dinge so, wie sie sind, und nicht so, wie sie sein sollten.

Vielleicht hat er damit recht, d.h. der Horizont ist schwarz. Oder, noch schlimmer, braun?"
Wenn der Zyniker gesellschaftliche Veränderung will, würde ich ihn davor warnen, den Horizont braun zu nennen. Das gäbe nämlich die Möglichkeit, Schuld von sich abzuwälzen und die Nazikeule zu schwingen. Aus meiner Sicht, beteiligen sich heute Menschen jeglicher politischer Couleur daran, Kriegen ihre Unerhörtheit zu nehmen, das unsagbare Leid der Opfer zu verschleiern. Das kann einen hoffnungslos machen. Mir reicht es, wenn der Horizont schwarz ist.

 Klemm meinte dazu am 24.01.25 um 15:52:
Ich würde sagen, als jmd. dachte, die Forderung könne abschließend erfüllt werden und dann wäre man fertig.

 Saira (23.01.25, 18:33)
Hallo Ekki,
 
die Verbindung zu Ingeborg Bachmanns Originalwerk zeigt, wie zeitlos und relevant das Thema bleibt. Deine Entscheidung, das Gedicht erneut zu bearbeiten, verdeutlicht die Dringlichkeit, mit der wir uns immer wieder zu den Absurditäten und Grausamkeiten des Krieges stellen müssen. Wir dürfen niemals die Augen davor verschließen und verrohen.
 
Liebe Grüße
Sigi

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.01.25 um 20:06:
Grazie, Sigi, das Thema ist dringlicher denn je; denn der Zynismus der Kriegstreiber ist nicht zu überbieten.

Liebe Grüße
Ekki

 AchterZwerg (24.01.25, 06:41)
Ja, lieber Ekki,

Krieg ist das profitabelste Geschäft.

Finanziert durch Mittel, die dem Volk gestohlen werden. Seinen Kindern und Kindeskindern.
Daran hat sich nichts geändert!

Und dann gibt es ja noch das Reiesengeschäft der Wiederaufbaus. Auch hier sind mit Sicherheit schon alle Trümphe verteilt.

Piccola

 lugarex meinte dazu am 24.01.25 um 07:46:
alle Trümphe verteilt.
meinst Du etwa Trumpe? (Das wäre schade...)

 plotzn (24.01.25, 17:16)
Servus Ekki,

starke Zeile und starke Aussagen! Mit der letzten hadere ich allerdings. Vom Krieg profitieren einige wie die Rüstungsindustrie. Die sind aber nicht die Treiber des Kriegs. Krieg hat viele Verlierer, oft die Angegriffenen. Manchmal gibt es auch nur Verlierer. Eine bewusste Unterbrechung zur Profitsteigerung leuchtet mir da nicht ein. Wie hast Du das gemeint?

Liebe Grüße
Stefan

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 24.01.25 um 18:24:
Merci für deine Nachfrage, Stefan.
An jedem Krieg wird zweifach verdient, zum einen durch den erforderlichen Neukauf von Waffen (Rüstungsindustrie), solange er dauert, und in der anschließenden Friedensphase, zum anderen durch den Wiederaufbau in der sog. Friedensphase (Bauindustrie u.a.). Typisch für meine These 'Unterbrechung zur Profitsteigerung' ist zum Beispiel der Krieg im Gazastreifen. Dort steht kein Stein mehr auf dem anderen. Gegen was sollen also moderne Waffen noch eingesetzt werden? Falls es jetzt zu einem längeren Waffenstillstand kommt, wird neu aufgebaut werden. Das steigert den Profit. Aber die geistigen Fronten der Kriegsteilnehmer sind so verhärtet, dass beim geringsten Funken ins Pulverfass eine neue profitable Aufrüstung stattfinden wird.
Liebe Grüße
Ekki

 plotzn meinte dazu am 25.01.25 um 08:58:
Danke für Deine Erklärung, Ekki! Es stimmt, dass beim Wiederaufbau ein zweites Mal verdient wird, dann von anderen als der Rüstungsindustrie. Ich hatte mich an dem "zur" gestört, das so klingt, als ob dieser Wechsel aus Krieg und Wiederaufbau aus der Profitgier von Rüstungs- und Baufirmen resultiert. Aber ich denke, ich weiß jetzt, wie Du es gemeint hast...

Liebe Grüße
Stefan

 Teo (24.01.25, 18:55)
Hi Ekki,
Du schreibst weiter oben, Kriegserklärungen sind in weiter Ferne.
Seit Trump Präsident ist, stelle ich deine Aussage in Frage. Unberechenbar, größenwahnsinnig, nahezu geistig verwirrt.
Der wird uns noch beschäftigen.
Es grüßt 
Teo

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 24.01.25 um 20:16:
Es ist gut, dass du nachfragst, Teo. Schon bei Bachmann bedeutet der Titel "Alle Tage" auch, dass der Krieg als Kalter Krieg oder Propagandakrieg in den Waffenpausen Dauerzustand geworden ist. Sie (nicht ich) will also mit den ausbleibenden Kriegserklärungen sagen, dass Krieg in jedweder Form Dauerzustand geworden ist. In Zeiten, in denen noch Kriege erklärt wurden, galten noch gewisse Regeln, zu denen eben auch die Kriegserklärung gehörte. Heute ist der Kriegsbeginn meistens ein unangekündigter Überfall, wie zum Beispiel jener der Russen in der Ukraine. Selbstverständlich hast du recht, dass Trump typisch für gefährliche Unberechenbarkeit ist.
Beste Grüße
Ekki

Antwort geändert am 24.01.2025 um 20:26 Uhr
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