Grenzen setzen

Aphorismus zum Thema Grenzen/ Grenzen überschreiten

von  EkkehartMittelberg

1. Es gilt als Ausweis von Reife, sich selbst und anderen Grenzen zu setzen.

Doch manchmal ficht einen der ketzerische Gedanke an, ob man mit dem Verweis auf Grenzen nicht Resignation schönredet.


2. Wer Grenzen überschritten hat, stürzt ab wie Ikarus. Die Frage ist, was

einem die Nähe zur Sonne wert ist.


3. Ich staune über solche, die ihre Grenze immer weiter vorschieben und sich wundern, dass jenseits der Grenze aufgerüstet wird.


4. Das Universum kennt keine Grenzen, aber sogenannten Universalgelehrten kann man sie schnell aufzeigen.


5. Gewalt hat mehr Grenzen geschaffen als Vereinbarung.


6. Die Vernunft setzt Grenzen. Übermut oder Besitzdenken reißt sie ein..


7. Was die Vernunft nicht schafft, erreicht das Alter. Es setzt Grenzen.



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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (03.02.22, 01:29)
Nr. 7 ist richtig schön böse. Gefällt mir.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.22 um 10:42:
Hallo Trekan, dass man 7 als böse empfinden kann, zeigt, wie sehr Illusionen die Klarsicht verstellen.

 AlmaMarieSchneider (03.02.22, 02:52)
Die 2 und die 7 sind meine Favoriten.

Nächtlichen Gruß
Alma Marie

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 03.02.22 um 10:50:
Vielen Dank, Alma Marie. Du scheinst das Scheitern nicht in jedem Falle negativ zu bewerten. Sonst hättest du nicht die 2 favorisiert.
Liebe Grüße
Ekki

 monalisa (03.02.22, 09:23)
Hallo Ekki,
ein spannendes Thema hast du dir diesmal wieder auserkoren :) , sehr kontrovers, je nach Standpunkt, von dem aus man es betrachtet. Es ist wie mit den Mauern, die einerseits Schutz bieten, Sicherheit, Geborgenheit ..., andererseits einengen bis hin zur völligen Unfreiheit.
Der Begriff "Grenze" selbst wird vielseitig eingesetzt:
Die Grenze, die wir überschreiten, wenn wir ins "Ausland" reisen,
die Grenzen, die man Kindern setzt - ein "Regelwerk", das Zusammenleben erleichtert, beschützt und ein wenig Sicherheit und Geborgenheit gibt,
Grenzen des Anstands, der Vernunft, ... der Naturgesetze

In deine Aphos werden viele dieser Aspekte interessant und pointiert betrachtet.

Ich möchte einmal Nr. 2 herausgreifen:

2. Wer Grenzen überschritten hat, stürzt ab wie Ikarus. Die Frage ist, was einem die Nähe zur Sonne wert ist.
 Hier möchte ich einwerfen: Nicht jeder stürzt ab! Irgendwann (nach nicht wenigen Abstürzen) hat der Mensch fliegen gelernt und ist sogar bis zum Mond gelangt und das ist erst der Anfang. Bis zur Sonne wirds aber wohl noch dauern ;) !

Ich hab jetzt gerade ein Zitat gesucht, das ich nur ungefähr im Kopf habe, von dem ich auch nicht weiß, wer sich das ausgedacht hat:

Den Unvernüftigen verdanken wir Fortschritt und Weiterentwicklung,
jenen, die Grenzen hinterfragen oder überhaupt nicht anerkennen nach dem Motto: Geht nicht, gibts nicht!


7. Was die Vernunft nicht schafft, erreicht das Alter. Es setzt Grenzen.

Eine sehr traurige Wahrheit, schmerzlich vor allem deshalb, weil die Grenzen mit zunehmendem Alter immer enger gesteckt werden, man immer wieder ein Stückchen liebgewordene Freiheit verloren geht und man sich wohl oder übel damit arrangieren muss.

Liebe Grüße
mona

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 03.02.22 um 11:09:
Wie schön für mich, Mona. Wieder einmal hast du die Intention erkannt, diesmal, dass es mir um unterschiedliche Aspekte des Begriffs "Grenze" geht.
Bei 2 gibst du mir Recht zu bedenken, dass Grenzüberschreitungen nicht zwangsläufig zum Scheitern führen müssen. Ich habe hier freilich wie in dem Mythos von Ikarus den Absturz bewusst vorausgesetzt, weil die Erfahrung einer Grenzüberschreitung so wertvoll sein kann, dass man den Absturz willentlich in Kauf nimmt.
Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man die bittere Erkenntnis von 7 leichter erträgt, wenn man sich suggeriert, das, was in den engeren Grenzen bleibt, höher zu schätzen, Ein Beispiel: Früher waren es für mich komplexe Erkenntnisse, die ich besonders schätzte, heute ist es die Musik, die meine kognotiven Fähigkeiten nicht so stark herausfordert.

Liebe Grüße
Ekki
Jo-W. (83)
(03.02.22, 09:53)
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 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 03.02.22 um 11:18:
Merci, ch muss schmunzeln, Jo. Auch ich habe gestern einen jungen Friseur mit Ratschlägen "beglückt". Daraus geht dieser Aphorismus hervor:
"Frisiersalons sind die Geburtsstätte populärer Philosophie."

 tueichler (03.02.22, 10:05)
#7 ist mein Favorit! Ich bin früher aktiv geklettert. Da sagte man immer, es gibt mutige und alte Kletterer. Jetzt setzt mir die Schwerkraft so zu, dass ich mich auf bodennahe Sportarten beschränke 😂

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 03.02.22 um 11:26:
Hahaha,Tueichler, die Schwerkraft hat mich bei meinen Kletterversuchen schon sehr früh zittern lassen. Jetzt fesseln mich bodennahe Stolpersteine.  :)

 AZU20 (03.02.22, 10:10)
Jetzt bin ich doch einfach an Nr.7 hängen geblieben. Wie wahr. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.22 um 11:30:
So ist es, Armin.
Im Alter bleiben wir alle hängen
und winden uns in seinen Zwängen.

LG
Ekki

 Humpenflug (03.02.22, 10:36)
Wer Golf spielt, weiß was Konfuzius lehrt.  :(

Mein Hauptphilosoph in dieser Richtung, der bedeutendste Schüler von Konfuzius, ist Mediocrates,welcher sagt:

Eeeeh, it's good enough, ey.
Ich habe insofern Provisorien aller Art, die schon Jahre halten ....

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.22 um 11:34:
Gracias, Humpenflug, wenn wir den Mediocrates nicht hätten, fielen wir aus schwindelnden Höhen in tiefste Abgründe.  :)

 indikatrix (03.02.22, 11:23)
Lieber Ekki,
Nr. 7 ist mein Favorit, wobei ich die Weisheit des Alter meine..Nr.3  hat aktuellen Bezug zum Konflikt Ukraine-Russland ?
lg
indi

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.22 um 12:05:
Grazie, Indi, der aktuelle Bezug von Nr. 3 lässt sich nicht leugnen.
Liebe Grüße
Ekki

 harzgebirgler (03.02.22, 12:44)
wer sich im griff hat hat auch für grenzen sinn
und selten reißt es zum übertritt ihn hin.

lg
henning

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.22 um 13:22:
Goethe formulierte die Regel:
"In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister."
Doch er wusste, dass es ohne Ausnahmen nicht geht:
"Nur die Lumpen sind bescheiden."
Merci, Henning.

 GastIltis (03.02.22, 13:43)
Lieber Ekki,
das Wort Grenzen hat mir heute morgen so ab gegen vier, also kurz nachdem ich meine heutigen Zeilen einstellte, den Schlaf geraubt. Wenn man den wichtigsten Teil seines Lebens eingegrenzt leben „durfte“, dann sind alle Sätze, die sich mit Grenzen befassen, Illusion. Z.B. dein Absatz fünf: Gewalt und Grenzen: Weißt du, wie viele Mauertote es an der deutsch-deutschen Grenze gegeben haben soll? Angeblich 327. Und wie viele Drogentote von 1992 – 2020: über 43.000. Immer wurden Grenzen missachtet. Ob mit oder ohne Gewalt, sei dahin gestellt. Stets ging es um Auswege. Aus der Vernunft, aus dem eigenen Denken, aus dem Denken anderer? Statistiken sind grausam und ohne Mitleid, das weiß ich. Und sie sind nicht vermittelbar. Nicht für die Betroffenen und auch nicht für die Unbeteiligten. Und schon gar nicht für die Besitzlosen.
Und die Beseitigung der Grenzen, das hat Europa gezeigt, kann nur dann der Weg sein, wenn das Besitzdenken sich wandelt und der Übermut geneigt ist, sich in Richtung Vernunft zu entwickeln.
Der Platz an der Sonne, um auch auf Ikarus einzugehen, ist längst verkauft. Man muss nicht wissen, an wen, es zu ahnen ist freigestellt.
Ach so, noch einige Satz: Vor ein paar Jahren war ich zu einer Lesung, ich glaube sie hieß „Mauerstücke“ in Kleinmachnow in einem Grenzturm, bei der ich die Freude hatte, das bisher einzige Mitglied eines Forums, nämlich Inge Wrobel, persönlich kennen zu lernen. Und weißt du, dass da nur Leute gelesen haben, die von der anderen Seite der (ehemaligen) Mauer kamen? Ja, das war ernüchternd.
Und noch eine Bemerkung: Das letzte Mal war ich im Westen vor mehr als zwanzig Jahren. Warum wohl? Weil ich nicht mehr reisen mag/kann/will? Nein, weil es Grenzen gibt, die bestehen bleiben.
Sei herzlich gegrüßt von Gil.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.22 um 13:54:
Gracias, Gil, du bist an den Grenzen entlang gelaufen und kennst sie sehr gut. So kann ich dir bestenfalls eine Nachbesinnung bieten.
Herzliche Grüße
Ekki

 GastIltis meinte dazu am 03.02.22 um 15:01:
Lass es gut sein,
lieber Ekki, auf mich warten in diesem Jahr noch einige Überraschungen im sehenswerten Thüringen, in der Sächsischen Schweiz, an der man sich sowieso nie satt sehen kann und in Moritzburg und dann sicher auch Dresden, wo die Vorbereitungen schon laufen. Und die Uckermark, wo wir ja im Sommer Dauergast sind, hat ja Schönheiten zu bieten, die nahezu grenzenlos sind.
LG von Gil.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.22 um 19:31:
Ja, diese Schönheiten entgrenzen den Blick wunderbar.
wa Bash (47)
(03.02.22, 18:08)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.22 um 19:35:
du empfiehlst dich als gewissenhafter Lektor, wa Bash.  :)
Agnete (66) meinte dazu am 03.02.22 um 22:37:
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 Saira (03.02.22, 19:20)
Lieber Ekki,
 
wer Grenzen übertritt, sollte sich der Konsequenzen bewusst sein. Doch gibt es jene, die sie dennoch – gewollt - überschreiten. Die Gründe bzw. Hintergründe, aber auch die Folgen daraus, führst du in deinen Aphorismen nachvollziehbar vor Augen.
 
Wir haben es in der Hand, inwiefern wir Grenzen respektieren. Deine Nr. 7 zeigt, dass es leider auch die Ausnahme gibt.
 
Liebe Grüße
Sigi
wa Bash (47)
(03.02.22, 20:04)
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 Graeculus (03.02.22, 22:26)
Man merkt Deinen Aphorismen sehr schön die Ambivalenz der Grenze an. Sie hat ja (manchmal) etwas Gutes und (manchmal) etwas Schlechtes.
Ganz ohne Grenzen geht es wohl nicht, aber möglicherweise mit weniger von ihnen.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.02.22 um 22:09:
Gracias, Graeculus, es freut mich, dass die Ambivalenz der Grenze spürbar wird.

 idioma (03.02.22, 23:17)
Ich teile zornigst das Staunen des 3. Aphorismus !
i di oma

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.02.22 um 23:45:
Merci. Idioma, Staunen ist der Anfang der Weisheit.

 TassoTuwas (04.02.22, 00:25)
Hallo Ekki,
ein Volltreffer ist die für mich die 7!
Diese Grenze lässt sich nicht manipulieren, vielleicht weil sie nicht von Menschen gesetzt ist.
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.02.22 um 16:54:
Vielen Dank, Tasso, das ist ein neuer Gedanke mit der nicht manipulierbaren Grenze.
Herzliche Grüße
Ekki
Ferdi (70)
(04.02.22, 18:14)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.02.22 um 21:32:
Merci, mir sagt deine Auslegung auch mehr zu.
Clara (37)
(04.02.22, 22:21)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 05.02.22 um 00:01:
Merci, Clara, das stimmt, weil die Bevölkerung der Grenzgebiete gelernt hat, aus unterschiedlichen Perspektiven zu denken.
Clara (37) meinte dazu am 05.02.22 um 20:49:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.02.22 um 20:36:
Danke für die Anregung, Clara. Ich werde es demnächst versuchen,
Liebe Grüße
Ekki

 plotzn (06.02.22, 14:59)
Servus Ekki,
schön, wie Du Dich der Grenze näherst und sie von verschiedenen Seite ausleuchtest. Die Wahrheit kann schmerzhaft sein, besonders bei 5 und 7.

Liebe Grüße
Stefan

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.02.22 um 20:39:
Merci, Stefan, wie schön, dass du auch die 5 ins Spiel gebracht hast.
Liebe Grüße
Ekki
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