Sein Vermächtnis

Sonett zum Thema Betrachtung

von  EkkehartMittelberg

Verehrter Friedrich, Philosoph und Dichter
von Dramen, die immer bühnenwirksam bleiben
und bildgewaltig Weltgeschichte schreiben
mit Kunstverstand, ein sehr genauer Richter,

erregtest Furcht und Mitleid mit Balladen,
die Bürgschaft und die Kraniche des Ibykus,
bekannt noch heute durch der Metren Fluss,
durch Parodien, Scherze und Tiraden.

Erzähltest über Geister und Verbrechen,
erhaben über Maskeraden, bloßes Stechen,
versiert in jedem Genre, keine Frage.

Was steht in idealvergessner Zeit?
Du bist uns nah, die Räuber sind nicht weit,
Anmut und Würde bleiben ohne Klage.




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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (19.08.24, 00:25)
Aus dem Schulkanon ist er anscheinend gänzlich verschwunden, und ein deutsche Literaturkritiker hat in einem Buch über die 100 wichtigsten Bücher der Literaturgeschichte kein einziges von ihm erwähnt.

Das hat er nicht verdient, meine ich, der Dichter der Hymne "An die Freude".

 Graeculus meinte dazu am 19.08.24 um 00:30:
Er ist ein Mann. Ich haß ihn, muß ihn hassen.
Ich weiß, daß alle Männer treulos sind,
Nichts lieben können als sich selbst; hinweg-
Geworfen ist an dies verrätrische Geschlecht
Die schöne Neigung und die schöne Treue;
Geschmeid’ge Sklaven, wenn sie um uns werben,
Sind sie Tyrannen gleich, wo sie besitzen.
Das blinde Wollen, den gereizten Stolz,
Das eigensinnig heftige Begehren,
Das nennen sie ihr Lieben und Verehren,
Das reißt sie blind zu unerhörter Tat,
Das treibt sie selber auf den Todespfad;
Das Weib allein kennt wahre Liebestreue.

Ist das nicht modern - sieht man vom Gebrauch des Wortes "Weib" ab?

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 19.08.24 um 01:11:
Gracias Graeculus,
es wird dich nicht wundern, dass ich deiner Meinung bin. Liebhaber moderner Lyrik können seiner sentimentalischen Ideendichtung , den Balladen, nicht mehr viel abgewinnen. Sie erscheinen ihnen zu konstruiert und didaktisch. Doch was keiner vermuten würde. Ich habe auf der Mittelstufe so manche Vertretungsstunde mit diesen Balladen Erfolg gehabt. Auch Haupt- und Realschüler fanden sie vom Handlungsablauf her spannend. Ob sie heutigen literaturwissenschaftlichen Kritierien standhalten, steht auf einem anderen Blatt.                                                     
Seine Dramen erscheinen mir immer noch modern. Der Mann konnte sich nicht an Sigmund Freud schulen. Aber wie frappant lebensnah sind seine Charaktere, zum Beispiel der machthungrige, skrupellose  Franz Moor in den "Räubern", der vor keinem Tabu zurückschreckt, oder der Idealist Karl Moor, der sich seine heile Welt nicht kaputt machen lassen will.
Seine philosophischen Essays sind fast alle gelungen. Durch seine Erörterung "Über naive und sentimentalische
Dichtung" habe ich begriffen, , warum die aus unmittelbarer Anschauung verfasste Lyrik Goethes so erfolgreich sein konnte oder aus seinem Essay "Über Anmut und Würde " habe ich begriffen, wie durch glaubwürdige Schilderung von Anmut fesselnde Schönheit entsteht. Auch seine Prosaerzählungen, zum Beispiel "Der Verbrecher aus verlorener Ehre" oder "Der Geisterseher" stehen mit psychologischer Motivation und Handlungsspannung hinter keinem modernen Krimi zurück.

Antwort geändert am 19.08.2024 um 01:12 Uhr

 TassoTuwas (19.08.24, 09:32)
Hallo Ekki,
ja, die Klassiker haben es schwer, zumindest in den Schulen NRWs.

In dem Bestreben die Lerninhalte den Herausforderungen der neuen Zeit anzupassen und die junge Generationen fit für Zukunft zu machen, wurde von fortschrittlichen Köpfen in den neunziger Jahren das Ende des Vermitteln unnützen Stoffes beschlossen :( !
Da waren sie weg, die Klassiker. 

Für Einen der sein Abschlusszeugnis in den sechziger Jahren bekam ist das eine leichte Frage und für spätere Generationen gibt es Google und KI.

Lieber Ekki, ich werde deine Frage nicht beantworten, aber ich sehe auf die Zahl der Kommentare und sage, ....ich bin in diesem Kreis der Dritte  :)  ! 

Herzliche Grüße
TT

Kommentar geändert am 19.08.2024 um 09:34 Uhr

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 19.08.24 um 11:18:
Merci Tasso,
wir wurden während unserer Schulzeit in den Fünfziger Jahren mit einigen Klasssikern konfrontiert, die auch guter Wille der Lehrkörper nicht von Staub befreien konnte.
Ob heutige SchülerInnen sich noch für sie erwärmen können, ist eine Frage der Auswahl und des Einsatzes hervorragender Bildmedien, die dem vermeintlich spröden Stoff Farbe geben. Ich habe in meiner Lektüre-Reihe "Klassische Schullektüre", die im Cornelsen-Verlag (Berlin) erschienen ist, mit meinen Mitarbeitern alle wichtigen Klassiker didaktisch und methodisch aktualisiert. Erfolg und Misserfolg konnten leicht an den Verkauszahlen abgelesen werden. Spitzenreiter des Vertriebs über Jahrzehnte wurden Goethes "Faust", Schillers "Räuber", Storms "Schimmelreiter" und Kellers "Kleider machen Leute". Man könnte einwenden, dass sie auf allen Lehrplänen standen. Als Hauptgrund für die gute Nachfrage    erwies sich jedoch die attraktive Aufbereitung der scheinbar langweiligen Lektüre.

Antwort geändert am 19.08.2024 um 14:22 Uhr

 Saira (19.08.24, 10:15)
Moin Ekki,
 
Friedrich war ein kluger Mann, der schon im jungen Alter studierte und seinen Weg, trotz vieler Hindernisse und Schicksalsschläge, ging.
 
Durch die Zusammenarbeit mit Goethe und im freundschaftlichen Wettbewerb zwischen ihnen entstanden großartige Balladen.
 
Seine Werke dürfen nie vergessen werden und gehören für mich zu einem lehrreichen Unterrichtsstoff dazu (sowie die von anderen berühmten Dichtern).
 
Liebe Grüße
Sigi

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 19.08.24 um 18:24:
Grazie, Sigi, ich muss, ohne in Larmoyanz zu verfallen, einsehen, dass mein Sonett auf Schiller nicht mehr als einige wohlmeinende höfliche Kommentare auslöst.Vielleicht ist die Zeit der Klassiker unwiederbringlich vorbei. Ich habe gerade selbst wieder nach langer Zeit Schillers Biografie gelesen. Sie ist spannend wie ein großer Teil seiner Werke selbst. Mit unbändigem Willen hat er es geschafft, seinem von materieller Not und Krankheiten geprägten Leben ein großartiges Opus abzuringen, das in der Lyrik auch Schwächen enthält, und vielleicht bald zu den vergessenen Lektionen deutscher Geschichte zählen wird.
Liebe Grüße
Ekki

 harzgebirgler (19.08.24, 13:25)
:) :) 
Hallo Ekki,

Schiller soll übrigens in einer Schreibtischschublade stets ein paar faule Äpfel aufbewahrt haben - der Geruch inspirierte ihn.

LG
Henning

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 19.08.24 um 19:41:
hallo Henning,

der Geruch der faulenden Äpfel  als Inspiration musste sich bald erschöpfen. Man nimmt an, dass das Odeur auch lindernd auf Schillers erkrankte Atemwege einwirkte.

LG
Ekki

 Teo (19.08.24, 17:15)
Hi Ekki,
interessant, deine Rückblicke und Erinnerungen. Zudem in gekonnter Form und absolut lesenswert.
Ich hoffe, da kommt noch einiges.
Es grüßt 
Teo

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 19.08.24 um 19:45:
Gracias, Teo, ja, es kommt noch einiges nach. Ich hoffe, dass die Sonette auf moderne Dichter lebhafter diskutiert werden.

LG
Ekki

 Teo meinte dazu am 19.08.24 um 20:08:
Ekki, mit Wolfgang und Tasso hast du hier zwei Mitstreiter, die stets zur Bereicherung, Wissenerweiterung und zum Meinungsaustausch beitragen.
Schon allein euer beruflicher Werdegang gibt mir dazu hinreichend Hoffnung.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 19.08.24 um 20:28:
Danke, Teo, für das Mutmachen. Ich bin bis jetzt gut als Optimist durch mein Leben gekommen und glaube die Reali-  täten nicht geschönt zu haben. Was den interessierten Umgang mit unserem kulturellen Erbe angeht, sehe ich zum ersten Male in meinem Leben schwarz.
Ich mag keine Larmoyanz. Deswegen versuche ich geduldig zu sein und lasse mich überraschen.
Agnetia (66) meinte dazu am 20.08.24 um 09:32:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 20.08.24 um 10:56:
Man muss dir nicht zustimmen, Agnete, aber man sollte diesem tapferen Poeten gegen Tyrannei und für Gedankenfreiheit die Anerkennung nicht verweigern.

LG
Ekki

 chioni (28.08.24, 11:37)
Er wird zurück kommen. Seine Werke sind zeitlos, nie war dem Zeitgeist verfallen. In der Sprache selbst ist er verwurzelt, keiner prägte mehr geflügelte Worte als er. Je länger er verdrängt wird, je mehr wird er zum Geheimtipp für eingeweihte.
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