Antike Gebetsanleitung

Glosse zum Thema Glaube

von  loslosch

In precibus nihil esse ambiguum debet (Servius, um 400 n. Chr.; Commentarius in Vergili Aeneidem). Bei Gebeten darf nichts doppeldeutig sein.

Dieser spätantike Grammatiker und Interpret von Vergils Aeneis, von Haus aus nichtchristlich geprägt, meinte es offensichtlich ernst mit den formalen Anforderungen an Gebete zu den Göttern und Gottheiten. Warum hat das Christentum sich diese Gebetsstringenz nicht zu eigen gemacht? Wenn man über diese Feinheiten der höchstinstanzlichen Anrufungen sinniert, gewinnt mit einer Art inneren Logik die Überzeugung die Oberhand, dass Gebete an höhere Wesen eo ipso etwas bewirken können. Ihre suggestive Kraft tritt dabei formalsprachlich in den Hintergrund, ist aber (vermutlich) die alleinig wirksame.

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Kommentare zu diesem Text


 Bergmann (13.05.13)
Ein Gebet ist m. E. per se immer absolut eindeutig und ehrlich - sonst ist es kein Gebet. Das gilt für jede Religion.
Woran denkst du?
ttU

 loslosch meinte dazu am 13.05.13:
einerseits hast du recht, andererseits servius. wenn einer anno 1987 gebetet hätte "gibt den entscheidungsträgern die rechte einsicht und lass die berliner mauer niederreißen", könnte das nicht eindeutig genug sein. andererseits blickt der allmächtige in die tiefsten seelenschichten des betenden. - ein anderes bitten/beten wäre: gott, gib dem heißsporn reagan die rechten worte, nicht solche wie "Mister Gorbachev, tear down this wall!" oder: "My fellow Americans, I’m pleased to tell you today that I’ve signed legislation that will outlaw Russia forever. We begin bombing in five minutes." (1984 beim tontest am mikrofon.) wenn das nicht eindeutig ist!

diese ganze gebetssophistik rechtfertigt auch das genre satire. t.t. lo

 Bergmann antwortete darauf am 13.05.13:
Ein Gebet ist die angemessene Kommunikation mit Gott, zu dem der Betende ein richtiges Verhältnis herstellt (nicht religiös gesehen: Gott mein alter ego, quasi ich selbst; ich will als Betender ein richtiges Verhältnis herstellen).
Richtig meint: Gedanken, Gefühle, die meine Existenz betreffen, und zwar ausgewogen, angemessen, elementar.
Ein Gebet für ideologische nationale Interessen ist also per se kein Gebet.
Es gibt Grauzonen, Schnittmengen bei öffentlichen oder gar politischen Gebeten.
Gebete führen also ins Innerste ethischer Fragen.

Bittgebete sind eigentlich Unsinn. Gott greift nicht ein. Alles Wünschen, alles Bitten ist eigentlich nur Selbstaufforderung, sich nach Kants kategorischem Imperativ zu verhalten (s. auch Bergpredigt), oder Ausdruck einer Hoffnung.

Eigentlich weiß jeder, was er von sich selbst erbitten kann und darf, ohne polemisch oder utopisch zu werden.

Im Prinzip bleibe ich bei meiner Aussage.
ttU

 TrekanBelluvitsh (13.05.13)
Na, diese Klage - eine solche ist es ja eigentlich - trifft aber auf alle Religionen zu. Man denke nur an das Orakel von Delphi und seinen berühmtesten Spruch "Wenn du die Grenze überschreitest, wirst du ein großes Reich zerstören". Und wenn die Götter bzw. ihre Mittler sich derart doppeldeutig geben, dann kann man es den Gläubigen nicht verdenken, wenn sie es ihnen gleich tun.
Sie (die Klage) orientiert sich also an hohen ethischen Maßstäben, die im Verhältnis Mensch - Gott/Götter keiner so recht einhalten möchte. Dann ist/sind Gott/die Götter aber ihrem Handeln nach nur entrückte Menschen, ganz gleich ob sie Gott, Allah, Jehova, Zeus, Jupiter, Odin oder Pacha Mama heißen.

 loslosch schrieb daraufhin am 13.05.13:
kommi von hohem standard.

pacha mama kannte ich nicht. also die griechische gäa auf südamerikanisch. lo
AronManfeld (43)
(13.05.13)
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 loslosch äußerte darauf am 13.05.13:
ist es maja gold?
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