Urheberrecht. Ich kann es sehen, spüren, wenn wir intim sind (Romanauszug 'Grace' Kap. 5)

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von  alter79


In Grace begründet Schmerz sein Urheberrecht. Ich kann es sehen, spüren, wenn wir intim sind:


Raus aus dem Phlegma. Ran ans Eingemachte. Hieß es in der Therapie. Da war sie noch (so) naiv. Dabei ist Schmerz eine Erkrankung. Ein selbstständiges Ding. Und nicht nur ein Symptom. Trotzdem hatte sie gehofft danach aus dem Gröbsten raus zu sein. Irrtum. Leider. Zudem sie die Drogen weiter brauchte. Lebenswichtig wurden die ihr. Um nicht in irrer Wut zu verglühen. Sich im Gedächtnis zu verlieren. In Hyperaktivität. Im Schweigen. In gelähmtem Entsetzen. Hirn ohne Seele. Seele ohne Hirn. Im Chaos der Luft, die sie tag- täglich umgab. Von der sie nie genug bekommen konnte. In die sie Blut erbrach. Schmerzen. Schreie. Von außen und innen. Nach Innen und Außen. Die mal dort saßen - und dann wieder da. Die nicht entflohen, wenn sie die mit einem Messer umbrachte. Sondern sich teilten. Zeugten. Auf Wanderschaft gingen. Kopf. Hals. Brust und. Lunge. Das Nervengeflecht um den Magen. Als Echo durch den Bauchraum in alles Gewebe unterhalb und oberhalb der Gürtellinie. So dass ihr Arme und Beine versagten. Deswegen schoss sie am Tag einige Male nach. Brauchte viel Geld dafür. Immer mehr. Machte aus ihrem Hobby einen Beruf: Hure! In besseren Kreisen. Heirat nicht gänzlich ausgeschlossen. Und so weiter. Hauptsache, es würde helfen, Kohle anzuschaffen. Besser als Schmerzen. Schwitzen. Haare ausreißen. Blutig schneiden. Mit den Zähnen zu knirschen. Oder. Krieg im eigenen Körper. Der nicht zu gewinnen war. Niemals. Sie hatte also keine andere Wahl. Es sei, sie würde es weiterhin zulassen zu sehen, wie sie sich auflöste. Erst die Klamotten. Dann sie sich selber. Nackt. Zerstört. Ein verbrauchtes, faulendes Gewebe. Pest und Cholera. Macht und Machmissbrauch am eigenen Körper. Herrenabend - for ever and ever. Das hieße, sich lebenslang die Ängste und Albträume durch die erigierten Schwänze irgendwelcher geiler Geldsäcke auszutreiben. Und das mit angehaltenem Atem. Ohne Luft zu holen. Unter Sauerstoffentzug an deren Dingern zu nuckeln. (Einfach so) zu ersticken über die Zeit. Eine grauenhafte Vorstellung. Crazy. Irre. Dann lieber tot. Tod. Bringen. Stolz entwickeln. Sich erlösen. Der Rache wegen. Go on, Baby!



Wenn Schluss, dann richtig:


Zu lieben. Um Grenzen zu überschreiten. Neues zu erkunden. Tiefe zu erfahren. Deswegen.

Völlig lächerlich, sagen andere: von wegen Liebe ist Hass! Dabei ist Hass bei mir auch positiv besetzt, folgt strengen Regeln. Ordnet sich dem Sein unter; oder ist gar die Liebe selbst. Maler zeigen ja auch ungewöhnliche Blickwinkel davon. Machen sich den Hass gefügig. Lebende Nackte und Tote. Und die Dinge ansonsten. Die Pflanzen und Tiere. Himmel und Sterne. All die Zwischenfarben Existenz.


Wenn du daran festhältst, wird es eine Zeit voller Glück!“ Sagt Grace. Die, als sie das sagt, jünger wirkt. Blonder, im guten Sinn. Und so wahnsinnig sexy in flüssiger Süße.

Jahre später wird es ihre Sterbensszene sein. Und genauso unerträglich. Für mich. Weil ich nicht kann, was ich will. Frieden und Leidenschaft. Nicht Herz und Schmerz gepaart mit Krieg, Mord und Totschlag. Doch jetzt bestimmt sie, sagt sie. Grace! Meine Liebe. Und ich kippe den Alltag. Bin nichts weiter als ihre Kulisse. Der Rahmen vom Bild. Ihre ausführende Hand. Die Ratte in der Masse. Um unter Tränen zu lachen, wenn ich im Affenkostüm Liebe atme, - wenn ich schieße und töte. Und sie in die Hände klatscht wie ein kleines Kind an Weihnachten. Ach, es sind diese kurzen Momente. Ich sterbe dafür! Und bete, das die bleiben. Immer sind. Wie Grace. Wir. Eine einzige Party. Doch was wusste ich da schon? Nichts! Doch das nur mal so, - mit einem Gruß aus Deauville. Dem Königreich der Eleganz. Wir werden übrigens morgen früh dort die Bank machen. Die BNP Paribas, - 108, Rue Victor Hugo, Deauville. Und ich bin (darüber) schon mittelmäßig erregt. Also, Freunde Frankreichs - darauf schon mal einen 30jährigen Calvados Roger Groult Age d’Or, - der haut dir ordentlich Funk in den Hintern.



Bei Einbruch der Dunkelheit gibt die schwarze Spalte die Spielregeln vor:


Ich gehe alleine rein. Nehme das Sterben mit. Denn am Eingang zur Halle steht ein Wachmann. Bewaffnet, wie ich sehe. So ist alles in Time. Der Blues. Und der Rock’n Roll. Das Unvermeidliche. Wie das Leben nun mal ist; alternativlos der Tod. Doch die Handlung gibt mir das Zeitgefühl zurück, als ich zuschlage, ihm ohne Konsequenz die Waffe wegnehme.


Auf den Bauch, Boy! – Hände hinter den Kopf!“ Und er auf dem Bauch liegt. Die Hände hinter dem Kopf. Wie auch die fünf anderen Piloten Sekunden später. Die damit mein Schwitzen unter dem Affenkostüm stoppen. Weil es so glatt geht. Zu glatt. Baby blue. - ’Wichtig nehmen all das Sterben...’ frei nach Nietzsche. Und ich nehme. Den Rucksack mit dem Geld aus der Hand des Bankdirektors. Und das ohne Geschrei. Weinen und Flehen. Ohne einen Schuss. Den obligatorischen Kracher in die Decke, dass der Putz rauscht, wie in Mimis Krimis. Die nachts ohne Mann nicht schlafen kann. Wie gut ich sie verstehen kann, als Frau. Ich hätte die Chance auch genutzt. Alles wird gut! Der Kampf um Anerkennung und Glück. Es braucht nur Zeit, - wie man an mir sieht. Dabei lasse ich den Film nicht oft zurück spulen. Von wegen Vater, Mutter, Kinder, Geschwister. Das Haus, den Pool, das Auto, mein erstes Fahrrad. Frau und Nachwuchs. Alles versäumt. Anders gesagt: Das Sterben beginnt mit dem Anfang und dauert, sollte man es nicht selber in die Hand nehmen. Organspender werden. Somit: Verschiebung der Deadline. Well done. Somit kommt man – also ich – zur fatalistischen Grundhaltung. Augen auf und weg- geschaut. Und so kommt es dann auch, dass ich einen Querschnittgelähmte zurücklasse, wie ich nächsten Tag in der Presse lese. Weil der Typ ’ehrlicher Wachmann’ für seine paar Kröten dann doch unbedingt den Job machen will. Für dem ihn der Bankdirektor mit Dank Narzissen und eine Bonboniere ans Krankenbett schickt. Um anschließend im Hotel an der Ecke die Sekretärin zu vögeln. Ich dem Wachkomapatienten 50.000 Euro in einem Pizzakarton bringen lasse. Immerhin: Wir beide hätten für die mageren Kohle den Rest des Lebens tot seine können! So blöd der Typ. Abgefuckt sein Chef. Doch auch das ist nur Hintergrundrauschen und verläuft sich mit den Tagen, weil man das Sterben so oder so nicht aufhalten kann. Das Glück schon. Sollte man ihm deswegen einen Vorwurf machen? Oder mir? Ich nicht! Und Grace auch nicht! Zumal der Tod am Ende kommt, wie Musil sagt. Und da sind wir heute noch nicht.

Mein Million Dollar Baby Boy“, singt Grace happy. Und das ist schon was. Denn ich weiß, wie es ist alleine zu sein. Weit weg von Wärme und Hoffnung. Nur mit dem Krebs zu sprechen, der irgendwann kommt. Oder glaubst du nicht daran. Glaubst alt werden zu können, ohne jemals dem Tod zu begegnen? Echt, Alter, dann bist du ein begnadeter Idiot. Und mit solchen Typen besohle ich mir die Schuhe, - sonst nichts weiter. Yes, this is the real Blues. Have good day, everybody.



Sixty Seconds To What?:


Vor dem Wohnwagen liegt das Meer als Wiese vor uns. Fläzen wir in Liegestühlen, rauchen Gras und grinsen den Mond an, obwohl die Sonne scheint. Was wir tun, ist höhere Gewalt. So flach die auch scheint. Grace meint, es habe was mit Arroganz zu tun. „Die von wem?“ Frage ich.

Immer die der anderen!“ Sagt sie.

Ich glaube, es ist Schmerz.“

Wenn ja, dann ist das aber nur deiner“, sagt sie, „ich spüre keine Schmerzen.“

Ab da sage ich zum Thema nichts mehr, denn ich lebe nur für sie. Habe mein eigenes Wollen längst gelöscht. Die kleinen Zettel aus meinem Gedächtnis geräumt, - und verbrannt. Die Briefe, Datumstafeln. Geburtstage, Telefonnummern, Anschriften und so. All das unnötige Zeug. So bin ich nackt, wie am Beginn der Zeit. Gut, am Anfang hat es mich schon verstört, wie ich mich Grace ausgeliefert habe. Dabei bin ich mir überhaupt nicht sicher, ob sie das eigentlich weiß? Ob es wahr ist. Öffentlich? Oder ob es nur in mir drin passiert als eine Art innere Ohnmacht, die eventuell wieder vergeht. Ein Koma im Wachzustand als geistiger Ruhepol, der die Gewalt, die ich ausübe, für die Psyche erträglich macht. Vielleicht späterhin auch ungeschehen... Quatsch! Das gibt es nicht mal im Film. Im Schlaf, der die Träume löscht. Doch Grace ist Realität. Wie ich. Wie der Wohnwagen, die Waffen und der Haufen Geld.

Mehr Geld brauchen wir im Moment nicht“, sagt Grace, als hätte sie meine Gedanken gelesen. Die darin so sanft und verletzlich scheint. Von der ich aber nicht mal ihr wahres Alter kenne. Und sowieso; küsst sie mich auf den Mund, bis ich den Atem verliere. „Denk nicht so viel nach!“ Flüstert. „Lebe!“ Und sie so romantisch ist, dass mich ein Schauer Wohlbehagen ergreift, der mir in Wellen über den Körper jagt. Diese drei, vier Sekunden – da ich mir in ihre Küsse hinein eigene Gedanken zumute. Und in das Denken und Erzählen schlafen wir miteinander. Sie oben. Ich unten. All die Zeit. Damit ich sehe, wie das Glück an den Bildrändern hinter ihrem langen Haar wallt. Frau. Mann. Liebe. „Du und Ich!“ Sagt sie. „Moon River!“




Anmerkung von alter79:

Story:

Grace, die Liebe seines Lebens, die sich von ihrem muslimischen Clan losgesagt hat, stirbt Tag für Tag an den Folgen grausamster körperlich- seelischer Misshandlungen durch ihre Familie.

Jimmi (Asperger), ein vielfach straffällig gewordener Mann, den Grace in der Psychiatrie kennen und lieben lernte, verhilft ihr zur gewünschten Rache, damit sie in Frieden schlafen kann, - wenn es soweit ist.

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