Ein weites Feld

Sonett zum Thema Lebensbetrachtung

von  EkkehartMittelberg

Dieser Text ist Teil der Serie  Sonette auf berühmte Dichter und Philosophen
Das Leben ist ein weites Feld,
auf dem sich manche echauffieren
und ehrenhalber duellieren,
den meisten geht es nur ums Geld.

Du wolltest Freiheit für die Welt
und nicht als Zeitungsschreiber kriechen,
gar Pillen drehen für die Siechen,
du warst für Poesie bestellt.

Du hast am Schluss gesprengt die Ketten,
im kleinen bürgerlichen Preußen
gestaltet Effi und Innstetten,

Stechlin zuletzt, du bist ja weise:
Wir mögen, auch die Suffragetten,
die Ironie, ganz fein und leise.

© Ekkehart Mittelberg, April 2012

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Kommentare zu diesem Text


 ViktorVanHynthersin (20.04.12)
Ein Hoch auf Fontane... und Dich, lieber Ekkehart. Eine feine und sinnige Homage ist Dir hier gelungen.
Herzlichste Grüße
Viktor

 Peer meinte dazu am 20.04.12:
Als ich die Überschrift und S1 las, dachte ich zunächst an einen aktuelleren Schreiber, der zumindest im ehem. Preussischen Reich geboren wurde. In gewisser Weise bestehen vielleicht sogar Parallelen. Dennoch eine Hommage an Theo. Nicht übel geworden.
LG Peer

 AZU20 antwortete darauf am 20.04.12:
Parallelen kann man wirklich entdecken. Vielleicht gewollt? LG

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 20.04.12:
Vielen Dank, Viktor. Fontane gehört zu den Dichtern, die man zu Recht im weiteren Wortsinn als "klassisch" bezeichnet.
Herzlichst
Ekki
@ Azu und Peer. Ja, es gibt eine ganz "massive Parallele. Der Roman " Ein weites Feld" von Grass ist unstrittig eine Hommage auf Fontane. Vielen Dank und LG auch euch beiden.

 loslosch (20.04.12)
dieses war der zweite streich.

tatsächlich hatte theodor die pillen-approbation. erstaunlich. wieder was neues.

kein übler nachruf, sondern "fein und leise". sehr, sehr schön, ekki. lo

 loslosch äußerte darauf am 20.04.12:
auf "Preiße" wird im reim (v. 10) angespielt. bei der formalen "prüfung" entdeckt.

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 20.04.12:
Lieber Lothar,
es ist aufschlussreich, was der kosmopolitisch denkende Fontane Innstetten zu dem Preußenlied bemerken lässt.
(Der volle Wortlaut des Liedes findet sich bei Wikipedia)
"Alles stimmte ein und umdrängte Ring, der, solange das dauerte, das Amt des »Einschenkens en cascade« an den ihm gegenübersitzenden Crampas abtreten mußte; der Hauslehrer aber stürzte von seinem Platz am unteren Ende der Tafel an das Klavier und schlug die ersten Takte des Preußenliedes an, worauf alles stehend und feierlich einfiel: »Ich bin ein Preuße ... will ein Preuße sein.«

»Es ist doch etwas Schönes«, sagte gleich nach der ersten Strophe der alte Borcke zu Innstetten, »so was hat man in anderen Ländern nicht.«

»Nein«, antwortete Innstetten, der von solchem Patriotismus nicht viel hielt, »in anderen Ländern hat man was anderes.«"
(Effi Briest, 19. Kapitel)
Merci für deine freundliche Bewertung.

 tigujo (20.04.12)
.

Das Leben ist ein weites Feld.
Sofern man es damit bestellt
wächst dorten manchmal Poesie -
zum Blühen bringt erst Ekki sie

Schmeichelei? Na klar, doch nicht ohne Grund und Boden
lg tigujo

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 20.04.12:
Vielen Dank, Gerhard. Man tut, was man kann. Aber du weißt ja, nicht alle Blüten gefallen allen. -))
LG
Ekki

 irakulani (20.04.12)
Was wäre uns entgangen, wäre Fontane wie sein Vater Apotheker geworden! Wie gut dass sich in vielen Biographien von Künstlern doch immer wieder zeigt, dass der von den Eltern geplante Lebensweg nicht immer der richtige ist. Manchmal muss man sich daran erinnern, wenn die eigenen Kinder vielleicht andere Wege einschlagen, als es uns vorschwebt.

Lieber Ekki, meine erste (bewusste) Begegnung mit Fontane wurde sozusagen von Effi „vermittelt. Seine Gedichte habe ich erst viel später entdeckt, wie so manches andere.

Ich freue mich sehr, lieber Ekki, dass du ihn hier durch dein Sonett würdigst! Er hat es verdient.

Herzliche Grüße
Ira

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 20.04.12:
Liebe Ira,
du verweist auf die weniger bekannte Lyrik Fontanes. Viele kennen die eine oder andere Ballade und fast alle den liebenswürdigen "Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland".
Ich finde auch dieses sehr schön:
Theodor Fontane

Es kribbelt und wibbelt weiter

Die Flut steigt bis an den Ararat,
Und es hilft keine Rettungsleiter,
Da bringt die Taube Zweig und Blatt –
Und es kribbelt und wibbelt weiter.

5 Es sicheln und mähen von Ost nach West
Die apokalyptischen Reiter,
Aber ob Hunger, ob Krieg, ob Pest,
Es kribbelt und wibbelt weiter.

Ein Gott wird gekreuzigt auf Golgatha,
10 Es brennen Millionen Scheiter,
Märtyrer hier und Hexen da,
Doch es kribbelt und wibbelt weiter.

So banne dein Ich in dich zurück
Und ergib dich und sei heiter,
15 Was liegt an dir und deinem Glück?
Es kribbelt und wibbelt weiter.
(Entstanden 1888, aus Balladen, Lieder, Sprüche/ Bekenntnisse

Vielen Dank und liebe Grüße
Ekki
Nimbus (37)
(20.04.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 20.04.12:
Kein Problem, Heike
LG
Ekki
Caty (71)
(20.04.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 20.04.12:
»Sagen Sie, Pastor, ist diese vierzehnjährige Kokette schon im Unterricht bei Ihnen?«

»Ja, mein gnädiges Fräulein.«

»Dann müssen Sie mir die Bemerkung verzeihen, daß Sie sie nicht in die richtige Schule genommen haben. Ich weiß wohl, es hält das heutzutage sehr schwer, aber ich weiß auch, daß die, denen die Fürsorge für junge Seelen obliegt, es vielfach an dem rechten Ernst fehlen lassen. Es bleibt dabei, die Hauptschuld tragen die Eltern und Erzieher.«

Lindequist, denselben Ton anschlagend wie Innstetten, antwortete, daß das alles sehr richtig, der Geist der Zeit aber zu mächtig sei.

»Geist der Zeit!« sagte Sidonie. »Kommen Sie mir nicht damit. Das kann ich nicht hören, das ist der Ausdruck höchster Schwäche, Bankrotterklärung. Ich kenne das; nie scharf zufassen wollen, immer dem Unbequemen aus dem Wege gehen. Denn Pflicht ist unbequem. Und so wird nur allzuleicht vergessen, daß das uns anvertraute Gut auch mal von uns zurückgefordert wird. Eingreifen, lieber Pastor, Zucht. Das Fleisch ist schwach, gewiß, aber ...« (Effi Briest, 19. Kapitel)
Sidonie, wie gleichst du ihr doch darin, Caty, die Dinge stets aus einer unbeirrt heiteren Perspektive zu sehen.

 Lluviagata (20.04.12)
Eine feine Hommage, denn auch ich liebe ihn. Alle haben in der Schule gejammert, als Effi Briest gelesen werden musste. Ich fands tausendmal spannender und tragischer als alle zerlesenen Groschenromane, die damals kursierten. edit: Ich war noch jung und unbedarft ... ;)
Feines Sonett, das auch mit 4 Hebungen gut auskommt. Rilke selbst hat Sonette mit weniger Hebungen geschrieben ...

(Kommentar korrigiert am 20.04.2012)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 20.04.12:
Rainer Maria Rilke (1875 – 1926)

NUR wer die Leier schon hob
auch unter Schatten,
darf das unendliche Lob
ahnend erstatten.

Nur wer mit Toten vom Mohn
aß, von dem ihren,
wird nicht den leisesten Ton
wieder verlieren.

Mag auch die Spieglung im Teich
oft uns verschwimmen:
Wisse das Bild.

Erst in dem Doppel bereich
werden die Stimmen
ewig und mild.

aus: Die Sonette an Orpheus Erster Teil, IX
Petrarca I 2. Variation: abab cdcd efg efg

Liebe Andrea,
ich habe es ohne dein Einverständnis gewagt, das Rilke-Sonett mit weniger als 4 Hebungen, das du mir zugeschickt hast, hier zu kopieren.
Was Effi angeht, vermute ich, dass es nur wenige Deutsch-Lehrer geschafft haben, ihren Schülern Effi ganz zu verleiden.
Besten Dank und liebe Grüße
Ekki

 Georg Maria Wilke (20.04.12)
Ein zartes Sonett - mit einem kleinen Biss.
Liebe Grüße, Georg

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 20.04.12:
Vielen Dank, Georg. Ein bischen Biss verheilt schnell.
Liebe Grüße
Ekki
magenta (65)
(20.04.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 20.04.12:
Heidrun, ich plane noch einige weitere Autoren-Psychogramme und bin auf deine Kommentare sehr gespannt. Deiner kurzen Sikizzierung Fontanes stimme ich ich zu, auch dem, dass du ihn einen "unsentimentalen Realisten" nennst. Die Effi bildet für mich insofern eine Ausnahme, als ich am Schluss des Romans den Eindruck hatte, Fontane habe sich in seine eigene Figur verliebt. Politisch gesehen, hat er wohl am Ende seines l
Lebens mit der Restauration seinen Frieden geschlossen. Verständlich, wenn man bedenkt, wieviel Kräfte es ihn allein gekostet hat, sich als progressiver Journalist bei der Creuz-Zeitung nicht verbiegen zu lassen.
Besten Dank
Ekki
SigrunAl-Badri (52)
(20.04.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 20.04.12:
Ich freue mich sehr, dass du auch eine Fontane-Liehaberin bist, Sigrun, und natürlich auch darüber, dass dir mein Sonett gefällt.
Gewiss hast du auch eine der Verfilmungen von Effi Briest gesehen. mir hat die von Fassbinder am besten gefallen.
Vielen Dank und liebe Grüße
Ekki
Steyk (61)
(21.04.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.04.12:
Lieber Stefan,
was dir wichtig ist, das war auch mir wichtig.
Vielen Dank und liebe Grüße
Ekki

 Pingui (14.05.12)
Gut gelungenes Sonett mit tollen Reimen. Kann ich wirklich nur sagen , guter Aufbau, gute Wortwahl. Gefällt mir.
Liebe Grüße
Pingui

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 14.05.12:
Schön, nach längerer Zeit wieder von dir zu hören, Pingui. Ich habe mich sehr gefreut.
Liebe Grüße
Ekki
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