Eine denkwürdige Wende

Kurzprosa zum Thema Entwicklung(en)

von  uwesch

Dieser Text ist Teil der Serie  PHASEN DES LEBENS (Prosa)

Nachdem seine Mutter den Jungen unter Schmerzen zur Welt gebracht hatte  sah sie sofort, dass dieser die Wahrheit in sich trug. Ihr wurde klar, dass wohl alle Kinder das tun und für eine kurze Zeitspanne die eigentlich Weisen sind. Vielleicht ist es eine göttliche Fügung, dachte sie. Jedes Neugeborene scheint ein Versuch der Schöpfung zu sein und dem Ausdruck zu verleihen, was nicht wirklich verstanden wird.

Nach seinem Abitur beschloss der Junge Arzt zu werden. Das Studium war sehr lernintensiv. Abends fiel er früh ins Bett. Als Rückenschläfer war er den leidigen Tagesresten hilflos ausgesetzt. Wenn er wach wurde, was mehrmals in den Nächten geschah, drehte er diesen seine Kehrseite zu, sodass er doch noch etwas Schlaf ohne Träume fand – solange bis er sich wieder drehte. 

Im Verlauf des praktischen Teils seines Studiums in der Klinik stellte er fest, dass der analytische Konsens der begutachtenden Ärzte oft nicht beachtet wurde. Der Patient sollte sich angenommen fühlen, wenn der Chefarzt entschied um welche Krankheit es sich handelte. Dieser Mechanismus gefiel ihm nicht und er beschloss, dass der Arztberuf kein erstrebenswertes Terrain für ihn war, wenn man einmal angefangen hatte Grenzen zu ziehen.

Er begann sich für Psychologie zu interessieren, denn ihm erschien in diesem Fach eine größere Offenheit in Bezug auf den Menschen zu herrschen.

Nach seiner Ausbildung wurde er im Verlauf der Jahre ein bekannter Psychotherapeut mit langer Warteliste für Klient*innen. Doch eines Tages wurde ihm klar, dass auch er bei der Therapiearbeit den Klienten als geheilt entließ, wenn dieser seine Version, die des bekannten Therapeuten angenommen hatte. Die gleiche Falle wie bei den Chefärzten tat sich auf. 

Er beschloss Bauchschläfer zu werden. Mit vielen mentalen Übungen schaffte er es, auf diese Art in gewisser Weise der Welt den Rücken zu kehren.



Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

kipper (34)
(30.03.23, 09:45)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 uwesch meinte dazu am 30.03.23 um 10:13:
Klar, die moderne Medizin kann Wunder bewirken, wie z.B. neue Hüften einsetzen. Nichts desto trotz gibt es wie in allen Berufen gute und weniger gute Ärzte. Mein Vater war ein angesehener Chirurg im Diakonissen-Krankenhaus in Flensburg und später im neu gegründeten Bundeswehr-Lazarett in Hamburg. Er wollte, dass ich auch diesen Beruf erlerne. Das habe ich total abgelehnt - Ein Beruf, wo der Arbeitstag quasi nie endet und das auch noch letztendlich beim Militär war kein Vorbild für mich. Nichts desto Trotz herrschen auch heute noch an Kliniken die Chefärzte
Ich lag ständig über Kreuz mit meinem Vater und habe die Schule nach der Mittleren Reife geschmissen, aber dann über den zweiten Bildungsweg nach einer Lehre als Elektromechaniker ein Studium in Elektrotechnk und später Berufspädagogik gemacht. Ich bereue da absolut nichts.
Dank Dir für Deinen Kommi und LG Uwe

 harzgebirgler (30.03.23, 10:46)
das gesundheitssystem und die -ökonomie
sind profitorientiert und der mensch merkt längst wie! :( lg vom harzer

 uwesch antwortete darauf am 30.03.23 um 11:41:
So stark generalisieren würde ich es nicht. Es gibt wohl auch noch Ärztinnen und Ärzte, die aus Leidenschaft und Überzeugung ihren Beruf ausüben und sich genug Zeit für jeden Patienten nehmen. Klar ist dann allerdings, dass sie ihr Einkommen dabei nicht maximieren. Richtig verdient wird vor allen Dingen bei Privatpatienten, z.B. bei Beamten, die beihilfeberechtigt sind.
Dank Dir für Kommi und Empfehlung.
LG Uwe

 lugarex schrieb daraufhin am 23.04.23 um 08:20:

Man muss aber Glück haben, dass man so einen findet!

Meine Familie, inkl. Schwester und Tochter blüht förmlich mit Ärzten und Psychiaterinnen und das war einer der Gründe, warum ich etwas total anderes studierte, obwohl ich es eigentlich gern gemacht hätte, wollte nicht nachäffen.  
Seitdem ich selber Mediziner brauche, traue ich keinen. Mein Slogan: "Wenn es meine Leute ausüben dürfen, die so blöd sind, dann traue ich keinem aus dieser Branche!" 

Sonntags Grüsse Luga 

 uwesch äußerte darauf am 23.04.23 um 10:20:
Es ist wie in allen Berufen - einige Ärzte arbeiten exzellent, andere weniger gut. Es bleibt für den Patienten die Qual der Wahl einen wirklich kompetenten Arzt oder Psychotherapeuten aufzutun, wenn er/sie therapiebedürftig ist - keine einfache Aufgabe.
Zu meinem Vater, der ein sehr bekannter Chirurg war, hatte ich volles Vertrauen, wollte aber selbst diesen Beruf nicht ausüben - was allerdings sowieso ohne Abitur nicht ging. Er hat das sehr bedauert.
Dank Dir für Deine Empfehlung und LG Uwe
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram