Alle 168 Texte von Janna

Nur virtuell und dennoch grün / liegt vor mir dichter Wald, / aus dessen Innerem ganz kühn / so manches Lied erschallt. / Da schwirren Vögel schräg umher. / Nebst Täubchen tschilpt ein Spatz. / Ihm dünkt im Traume oft, er wär / an...

Kaum merklich, wie das Blatt sich wendet. / Noch hängt es am vertrauten Ast, / der seine ganze Welt umfasst. / Bevor das kurze Dasein endet, / verfärbt es sich im Blättermeer, / bis es in goldnen Tönen flammt; / ergibt sich still dem...

Sie stand, wie meist, bewegungslos im Schrank. / Aus ihrem Seidenkleid, das leicht changierte / und sich am Saum entlang mit Rüschen zierte, / entwuchsen blasse Arme und die Hände - / zwei Blütenkelche - wirkten filigran / und...

1.  Die Nachricht Sonett | 64 , 3 2  
2.  Kurz vor dem Ziel Sonett | 43 , 1

Wie sehr mich deine Kammer faszinierte; / der Lieblingsplatz befand sich unterm Dach. / Ich lernte dort Canasta, später Schach / auf einem Holzbrett, das den Schreibtisch zierte. / Dahinter stand die Adler-Schreibmaschine, / direkt daneben hing...

In der Vitrine steht ein Krug. / Wer immer ihn zum Brunnen trug, / hat seinen Durst an ihm gestillt, / und ihn zuweilen aufgefüllt. / Verschwommen zeigt sich auf dem Grund / ein Lächeln um den welken Mund, / durch das sich feine Risse...

Sie hielt es für ein neues Kinderspiel / und legte ihre Hand in seine Hand. / Er streifte mit den Fingern ihre Löckchen / und wie durch Zufall ihr kariertes Röckchen. / Sie wurde rot und kicherte zu viel. / Dann hat es ihn ganz einfach...

Die Zeit stand still, als ich die Wahrheit fand, / die sich im Unbewussten wütend wand / und mich noch immer stark gefesselt band. / Auf deinen Wunsch hin wurde dir gezeigt, / dass dieser Kelch sich nicht als Blüte neigt. / Die brüderliche...

Amandus war ein hübscher Junge, / mit frechem Blick und spitzer Zunge. / Sein Lieblingsspielzeug war ein Ball, / den er aus reiner Lust am Knall / den Kröten an die Köpfchen warf. / Auf dieses Spiel war er ganz scharf. / An einem warmen...

Madame Tristesse kommt zu Besuch. / Sie hat sich schwer herausgeputzt / und trägt ein Kleid aus grauem Tuch. / Wie immer ist es angeschmutzt, / verströmt leicht modrigen Geruch / und schlabbert lässig um die Wampe. / Monsieur l’Automne...

Der Sommer muss sich widerwillig packen, / denn ihm sitzt schon der Herbst im Nacken. / Noch einmal zieht er die Armee zusammen, / lässt letzte Dahlien und Astern flammen, / schmückt Blattwerk mit den Farben gelb, grün, rot / und schenkt dem...

Der elegante Rittersporn / reckt hoch ins Blau die Glieder; / im gleichen Beet - diesmal ganz vorn - / errötet der Papaver wieder. / Nebst Sonnenhut und Frauenschuh / bezaubert eine gelbe Garbe. / Das Mädchenauge lacht dazu / und...

Frau Hase lief zur Freundin Henne: / „Seit Tagen warten ich und Männe / auf eine Ladung Ostereier!“ / Die Henne saß vor dem Computer, / erboste sich und schrie: „Scheißrouter! / Ich chattete mit meinem Freier! / Wir produzieren virtuell,...

Ich kam nur selten in dein stilles Zimmer. / Dort war es meistens dunkel, weil du schliefst, / doch manchmal kam es vor, dass du mich riefst. / Dein braunes Strickkleid hing am Schrank wie immer. / Es roch nach Medizin und nach Lavendel, /...

Die Nacht senkt sich auf Raum und Sinne; / von draußen klingt das süße Lied der Nachtigall. / Ich halte inne und lausche: Alle Schwere flieht. / Ich liebe diese langen Nächte. / Wenn ich sie nie allein verbrächte, / wär mir die...

Ein später Strahl huscht durch mein Zimmer, / bemalt die Wand und zaubert Tupfer; / taucht mir die Welt in Gold und Kupfer, / versprüht im Windspiel seinen Schimmer, / bis die Pailletten vielfach funkeln. / Ganz sachte fängt es an zu dunkeln. /

Dicke Haut und tiefe Narben,viele, die schon vor uns starben.Graue Haare, Rückenschmerzen,Liebe noch ganz tief im Herzen.Immer noch das gleiche Lachen,manchmal sogar Blödsinn machen. Angst verdrängen vor dem Ende,Dinos werden schnell Legende. /

Sankt Martin kommt herbei geritten, / er trabt erwartungsfroh durch Fitten. / Er will sein Pferd mit Wasser tränken / und deshalb hin zum Stadtpark lenken. / Beim Kaufland blendet rotes Licht, / das Pferdchen mag die Farbe nicht, / fällt voller...

Der Frühling wiegt die Obstbaumblüten sanft im Wind / und früh am Morgen singt die Amsel ihre Lieder. / Vor Sandsteinhäusern blüht der Flieder wieder / und auf dem Karussell im Stadtpark jauchzt ein Kind. / Vom Kreuzberg lässt man gern den...

Zeit verrinnt und Stunden rennen, / Gläser klirren, Lichter brennen. / Unser altes Jahr muss gehen, / weil die Zeiger sich stets drehen. / Für das neue sind wir offen, / wir begrüßen es besoffen. /

Wir sind den letzten Weg mit dir gegangen, / der Himmel trug ein graues Wolkenkleid, / als wüsste er von unsrer Traurigkeit, / von Schuld und unerfüllbarem Verlangen. / Der Herbstwind nahm die Rosenblätter mit, / als habe es die Rose nie...

Ich frage mich, wie du es geschafft hast, 40 Jahre lang dieses Geheimnis zu bewahren. / 40 Jahre, in denen du mir etwas verschwiegen hast, das mein Leben immer und immer wieder aus der Spur laufen ließ. / Aber gehen wir zu den Anfängen...

Sie kam mir plötzlich in den Sinn, / als ich in den Gedanken räumte: / Die süßes Stelle, dort am Kinn, / die nie zu küssen ich versäumte, / als ich dein Schatz gewesen bin / und mit dir manche Nacht verträumte. / Im Abstellraum vom...

An manchen Tagen drängt es mich zu dir. / Die alten Gräber sind längst abgeräumt, / kein Stein, kein Namensschild ist mehr zu sehen. / Nur eine frische Buxushecke säumt / die Wiese. Ahnungslose Menschen gehen / vorbei an jener Stelle,...

Wenn mir der Kummer Herz und Hirn zerfraß, / weil schlecht vernarbte Wunden spürbar schwärten, / verfolgte ich stets gern der Kindheit Fährten / zum Fluss, wo ich verträumt am Ufer saß. / An hellen Tagen schmückte ihn das Funkeln /...

Windfried ist ein Windgeselle. / Rastlos zieht er durch die Lande, / jagt die Schäfchenwolkenbande, / rückt den Bäumen auf die Pelle / und beraubt sie ihrer Blätter. / Gerne bläst er durch die Ritzen / und pfeift um die...

Wenn du wissen willst, was auf der Hand liegt, öffne deine Faust. /

Sie war erst sechs, als es geschah. / Ein Kind, das ohne Argwohn war. / Er kam ihr nahe, viel zu nah / und sie war ihrer Kindheit bar. / Sie war schon alt, als sie erkannte, / dass tief in ihr ein Monster schlief, / das niemand je beim Namen...

Ein Füller war vor Liebesweh malade. / Er lag auf einem leeren Blatt Papier / in einer zugesperrten Schreibtischlade: / Ich nähme gern mein Käppchen ab, um dir / mit spitzer Feder Worte einzuritzen / und dich mit meiner Tinte...

Da stehst du nun und hauchst mir ins Gesicht. / Ich atme schwer, denn dein vertrauter Duft / raubt mir das Denken und die Atemluft. / Ich will dich haben! Nein! Ich will dich nicht! / Ganz locker habe ich dich weggeschnippt. / Mir fiel der...

Mein Schiffchen trudelt langsam in den Hafen; / die Ratten sprangen längst schon über Bord. / Mein treuer Hund wird bald schon sanft entschlafen / und die Gesundheit stahl sich schleichend fort. / Vielleicht ein Jahr noch oder zwei drei vier, /...

Mein Sandsteinhaus hat Nutzungsschäden. / Am Mauerwerk zerspringt der Putz; / die oft genutzten Fensterläden / verweigern gerne mal den Schutz. / Verklemmt sind manche Zimmertüren; / durch schmale Ritzen bläst der Wind / und...

Diese Frau ging mit der Mode, / denn ein schön geflochtner Zopf / hängt an ihrem alten Kopf. / Alles andre ist marode, / aber bestens konserviert. / Frau von Ellings hübscher Hals / wurde etwas schlanker als / eine Schlinge ihn...

Die Einsamkeit pocht an die Tür / und gleich darauf, im Nachtgewand, / reicht ihr die Traurigkeit die Hand. / Die zwei beherrschen ihre Kür. / Sie machen sich im Stübchen breit / und drehen kunstvoll Pirouetten. / Bald liegt die Lebenslust in...

Ein Spitzer sprach zu einem Block: / Wie sehr mich diese Leere trifft! / Seit Wochen habe ich schon Bock / auf einen langen, bunten Stift. / Gleich neben ihm der rote Gummi / ergriff das Wort. Ich will radieren! / Er hüpfte quirlig wie ein...

Bisweilen blitzt, wie ein Karfunkel, / Erinnern auf. Ein Vogelsang / ein Blumenduft, ein Glockenklang. / Ich spür die Wärme deiner Hand / und all das, was uns zwei verband. / Der Film reißt ab, der Saal wird dunkel. / Ich halte eine...

Der Ganter mag die Feldgans Klärchen. / Wir sind das ideale Pärchen! / Wir sind die schönsten, klügsten, besten, / mit langem Hals und weißen Westen! / Was sind schon Hühner oder Enten! / Es mangelt ihnen an Talenten. / So schnattern sie...

Die Liebe ist ein krummer Hund. / Leinst du sie an, reißt sie sich los / und sucht sich einen neuen Schoß. / Lässt du sie los, leckt sie dich wund. / Sie nimmt an deiner Seite Platz / und sabbert dir was in den Latz. / Dann hebt sie, völlig...

Einst ruhte meine Hand in deiner, / verschwand in ihr, denn sie war kleiner. / Das Leben löste uns die Hände. / Nach Vaters Tod kam eine Wende. / Nun ruhte deine Hand in meiner. / Ich spürte: Deine Hand war kleiner. /

In einem kleinen Gartenteich / bewohnte Josch der Frosch sein Reich. / Er klagte laut tagaus, tagein, / er litt und fühlte sich allein. / An einem warmen Julitag, / als er auf seinem Blattbett lag, / bekam der dicke Lurch Besuch. / Er...

Dieses boshaft wirkende Gesicht / kannte ich in all den Jahren nicht. / Kratze noch ein wenig weg vom Putz, / sichtbar wird der gut versteckte Schmutz. / Und du hast sogar die Nerven, / andre damit zu bewerfen. /

Das war ein schmerzliches und langes Kreißen. / Ich hielt voll Scham und Angst zu lange fest. / Am Ende habe ich dann doch gepresst. / Geräuschvoll hörte ich die Schnur zerreißen. / Nun lag es blutig, sterbend mir zu Füßen. / Es schien so...

Sie ist grad elf. Noch unbefangen / sitzt sie im Garten auf der Mauer. / Er liegt im Schuppen auf der Lauer / mit seinem quälenden Verlangen. / Sie senkt den Kopf, ihr langes Haar / fällt wie ein Vorhang vors Gesicht. / Den Rest des Aktes...

Es kreischt und eine Stimme überschlägtsich echogleich in meinem Innenohr,bis sie den letzten Nervenstrang zersägt.In meinem Kopf brüllt nun ein ganzer Chor.Das ist ein Summen, Schrillen, Keifen, Grölen,ein Heulen wie von hundert...

Sie hatten Händchen gehalten / und sich dem süßen Gefühl / hingegeben, das sich in Kopf und Bauch / breit machte und die Zeit vergessen ließ. / Als sie mit glänzenden Augen / nachhause kam, schrie ihre Mutter: / Wo kommst du jetzt...

Am Beet, gleich unter den vermoosten Steinen / verschläft ein schwarzer, vollgefressner Schneck / den Tag. Er aß die jungen Pflänzchen weg. / An jedem Abend sucht er nach der kleinen / zartrosa Schneckenfrau mit süßem Flunsch, / die auf der...

Schwer lastet Ungesagtes im Raum / bricht sich in Tränen Bahn / fast schon kalt dein Leib / die Abstände werden größer / zwischen den Welten / atmest du deine Erinnerungen / aus /

Ich packe meine kleine Reisetasche. / Was nehm ich mit aus dieser Episode? / Kein Mitgefühl, denn das kam aus der Mode. / Auch Freundlichkeit ist oft nur eine Masche; / die Fairness zeigt sich selten und marode, / doch Dummheit ist präsent und...

Ich war knapp fünf und fuhr den Bollerwagen / von meinem Elternhaus zu Omas Garten. / Die weiß geschrubbten Wäschestücke lagen / sortiert. Ich lief, ich wusste, dass sie warten. / Bald sah ich Großpapa am Törchen stehen, / nach der...

Du meine Goethe, schau den Schlegel, / sprach lüstern Adam (der von Fulda) / im Winter zu der schönen Hulda. / Die schrie: Du unverschämter Flegel! / Will Heym, denn ich muss einen Bachmann! / Pack deinen Hartmann in den Kaftan! / Der...