Fatras - Nonsensdichtung mit Eigensinn

Text zum Thema Gedichte/Lyrik

von  FrankReich

Vorwort

Beim Fatras handelt es sich um eine in Frankreich ursprünglich als reine Unsinnspoesie aus der Fatrasie weiterentwickelte mittelalterliche Gedichtform mit dem Reimschema [AB/AabaabbabaB].
Eröffnet werden seine dreizehn Verse durch ein Zeilenpaar, das inhaltlich mittlerweile sowohl aus einem vernünftig wirkenden Sinnspruch, einer Binsenweisheit oder Phrase als auch einer Liebeserklärung sowie religiösen und ideologischen Leitsätzen, etc., bestehen kann, also eine These darstellt, die sich an den Versenden entweder ungereimt oder mit (pseudo)-grammatischer Endreimung, dem Polyptoton, präsentiert, bzw. im abschließend aufgeführten Beispiel mit der (Pseudo)-Dissonanz und von der darauf folgenden Fatrasie (Reimschema: [aabaabbabab]) durch einen Absatz getrennt wird.
Die Fatrasie wiederum beginnt als Halbsonett, geformt aus einem Schweifreim, bzw. einem Couplet mit anschließenden umarmenden Reim und einem siebten Vers, der sich auf den sechsten reimt, wobei der erste mit dem ersten des Eröffnungszeilenpaars übereinstimmen muss, als Teil einer Kompositionsfigur wäre der Abschnitt also mit der Antithese gleichzusetzen.
Den Schluss bildet ein nahtlos ans Halbsonett gefügter Kreuzreim, dessen erster Vers sich vom letzten des Halbsonetts unterscheidet, dessen letzter allerdings identisch mit dem des letzten im Eröffnungszeilenpaar sein muss. Dem Kreuzreim käme somit die formale Funktion der Synthese zu, ebenso jedoch dient die Fatrasie dem Fatras als eine Art parodierende Parallelaussage zum Eröffungszeilenpaar, wodurch ihre Kompositionsfigur selbstverständlich eine andere Konzeption erhält.
Die Sprache des Gedichtes kann sowohl rudimentär als auch eloquent gestaltet sein, inhaltlich bieten sich Formeln wie "schlaudumm" oder "schwer schräg" an, vom äußeren Aufbau her ist eine Verslänge zwischen fünf und sieben Silben wünschenswert, die Kadenzen sind ebenso wie die Versfüße variabel, im allgemeinen werden aber durchgehend männliche Reime mit zumeist sieben Silben im Trochäus bevorzugt.

Quellmaterial: Wikipedia

Dazu ein bis auf den Inhalt klassisches Beispiel:

Kontrast und Betrübung

Wer ein Fatras gerne schreibt,
macht sich ganz schnell unbeliebt.

Wer ein Fatras gerne schreibt
und das auf die Spitze treibt,
weil 's bei ihm nicht richtig piept,
wird auch selten nur gehypt,
denn solch Fatras, wie er leibt
oder lebt, wenn es das gibt,
wird schon leicht mal ausgesiebt.
Wer sich aber nicht dran reibt,
weil die Schuld er von sich schiebt
und Trotz dem am Schreiben bleibt,
macht sich ganz schnell unbeliebt.

Klassische trochäische Fatren bilden vom Reimschema her also homogene Kadenzen, i. e., entweder männlich stumpfe oder weiblich klingende Endungen bei fünf oder sieben Silben pro Vers.
In der folgenden Sammlung allerdings ist diese strenge Regelung deshalb einer Auflockerung unterzogen worden, da in den Endungen sowie der Metrik alternierende Verse vom Gesamtbild her etwas rhythmischer erscheinen und die Variation der Verslängen als auch der Metrik mehr Abwechslung in die schon durch das Reimschema bedingte Eintönigkeit bringen. Im Gegenzug wurden die Reimendungen (pseudo)grammatikalisch angepasst, das bedeutet, dass die Endungen entweder vom gleichen Wortstamm herrühren oder es zumindest suggerieren, sozusagen als gemeinsames Erkennungszeichen der Auswahl.


Inhaltsverzeichnis

Nachbemerkung


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Kommentare zu diesem Text


 diestelzie (20.05.22, 13:14)
Da ich ja hier bin um zu lernen, finde ich deinen Wikipediaauszug echt interessant und habe mich ja auch schon vom Fatrasfieber anstecken lassen. Das macht Spaß und ist auch nicht allzu schwer. Allerdings habe ich so meine Probleme mit Nonsens oder Unsinn. Sosehr ich mich auch bemühe, irgendwie ergibt meine Schreiberei immer wieder Sinn 🙃.

Liebe Grüße 
Kerstin

 FrankReich meinte dazu am 20.05.22 um 13:46:
Na ja, selbst in Unsinn steckt noch 2/3 Sinn, in Blödsinn immerhin die Hälfte und erst bei Schwachsinn kippt das Verhältnis zum Nachteil des Sinns auf 4/11, insofern würde ich mir da überhaupt keine Sorgen machen. 
👋😂

Ciao, Frank

 Regina (20.05.22, 17:31)
Das ist ja wieder mal ein Pensum superlativum: 46 Fatras in kürzester Zeit! Wenn er was macht, dann mit viel Fleiß, der King of Renk.

 FrankReich antwortete darauf am 20.05.22 um 20:54:
Danke, allerdings bevorzugt er anstelle des Begriffs Fleißarbeit die Bezeichnung Leidenschaft. 👋😉

Ciao, Frank

Antwort geändert am 21.05.2022 um 03:23 Uhr

 Teichhüpfer (20.05.22, 19:47)
Frank, grammatikalische Endreimung, das ist bei mir auch so. Die Bezeichnung war mir unbewußt, später ist fast jeder immer schlauer.

 FrankReich schrieb daraufhin am 20.05.22 um 20:50:
Die rhetorische Figur dazu ist das Polyptoton, das kann sich doch nun wirklich kein Schwein merken. 🤔

Ciao, Frank

 Teichhüpfer äußerte darauf am 21.05.22 um 07:54:
Das nicht einfach, aber wer hat schon von Einfach gesprochen?

 FrankReich ergänzte dazu am 22.05.22 um 10:01:
Graeculus, der hat so etwas drauf.

Ciao, Frank

 harzgebirgler (22.05.22, 09:11)
das passen dieser dichterischen form
zu dir ist wie man sieht schon echt enorm
und schlägt wirklich eindrucksvoll zu buche -
weshalb ich sie auch gar nicht erst versuche. :) 

sonntägliche grüße
henning

 FrankReich meinte dazu am 22.05.22 um 10:28:
Auch die Alten wussten schon:
Jedem seine Passion.

Dank und ciao, Frank

 Teichhüpfer meinte dazu am 22.05.22 um 15:15:
VW 1982, Forschungsgelder, mein Werkzeug 1982. Bielefeld 1987, der Keller war nicht abgeschlossen, wo ist es geblieben?

 Teichhüpfer meinte dazu am 22.05.22 um 15:15:
Susie weiß davon nix, ja ...

Antwort geändert am 22.05.2022 um 15:16 Uhr
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